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 Vollsitzung - 28. November 2007

Zwei Themen bestimmten die Sitzung:

  • Verkehrspolitik am Domberg (Poller an Karolinenstraße und Diagonalsperre am Torschuster)

  • Beitritt zum VGN

 

1. Verkehrspolitik rund um den Dom

Die Position der GAL ist, möglichst viel Verkehr aus dem Gebiet zu halten. Für uns ist daher sowohl die Polleranlage in der Karolinenstraße am Wochenende und an den Feiertagen zu aktivieren als auch die Diagonalsperre am Torschuster durchzuführen.

Das Argument, dass dann gerade Gottesdienstbesucher aus dem oberen Berggebiet mit dem Auto nicht zum Dom gelangen könnten, ist für uns zwar nachvollziehbare, aber wir denken in Alternativen, sei es Bus oder Sammeltaxis, zumal dies ja nur bestimmte Zeiten betrifft und die Reduzierung des Individualverkehrs auch ein Beitrag zum "Erhalt der Schöpfung ist" (Petra Friedrich).

Beschluss – Umsetzung ab 03.12.07

  • Polleranlage in der Sandstraße: der Poller in der Sandstraße (Höhe Schlenkerla) fand einstimmig Zustimmung im Stadtrat, d.h. jedes Haus in der Sandstraße ist mit dem Auto von der jeweiligen Seite erreichbar, aber eine Durchfahrt ist nicht möglich, außer für Berechtigte und Rettungsdiensten. Für den Lieferverkehr ist eine Durchfahrt von 8.00 bis 10.30 Uhr möglich.

  • Polleranlage in der Karolinenstraße: werktags von 7.00 bis 18.00 Uhr und Samstags, Sonntags und an Feiertagen von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr bis 13.00 Uhr eine Durchfahrt möglich.

  • Diagonalsperre am Torschuster: wurde an die Verwaltung überwiesen, bei der auch die Möglichkeit eine Umkehrung der Fahrtrichtung Maienbrunnen bedacht werden soll.

StRin Kiki Laaser

 

2. Beitritt zum Verkehrsverbund Nürnberg (VGN)

Es wurden Pro und Contra diskutiert, hier der Redebeitrag von Peter Gack zur Position der GAL:

Argumente Pro:

Einheitlicher Tarif von Bamberg oder aus einer Lkr.-Gemeinde, z.B. Pödeldorf von der ersten Haltestelle bis zu allen Zielen innerhalb eines großen Verbundraumes.

Um mal ein Beispiel zu nennen: Herr D. fährt mit dem ÖPNV von Pödeldorf zur Fahrradtour ins Altmühltal bis nach Weißenburg/Gunzenhausen

Einschränkung: Es funktioniert nur von dort aus, wo

  1. eine ÖPNV-Anbindung existiert,

  2. auch zum gewünschten Termin ein Bus fährt,

  3. die Anschlüsse an das jeweils andere Verkehrsmittel (in diesem Fall vom Bus auf die Bahn und auf dem Heimweg von der Bahn auf den Bus) einigermaßen abgestimmt sind,

  4. auf der Rückfahrt überhaupt eine Möglichkeit existiert noch eine Heimfahrt mit dem Bus zu schaffen,

  5. in unserem Fall – denn Herr D. will ja eine Radltour im Altmühl machen - die Möglichkeit besteht, das Fahrrad mitzunehmen.

Was ich damit sagen will:

Der große Vorteil des VGN – nämlich eine einheitliche Tarifstruktur in einem großen Verbund – nützt den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt Bamberg und insbesondere den Bewohnerinnen und Bewohnern des Landkreis Bamberg nur dann etwas, wenn neben dem Tarif auch das Angebot der ÖPNV-Dienstleistungen stimmt.

Mag das in der Stadt Bamberg und in den Gemeinden mit Stadtbusanbindung noch in den meisten Fällen zutreffen – wir haben unbestritten vor allem werktags und tagsüber in der Stadt ein sehr gutes ÖPNV-Angebot – so mache ich doch, was den ÖPNV in den meisten Landkreisgemeinden angeht, drei große Fragezeichen. Eigentlich mehr als das. Das ÖPNV-Angebot im Landkreis entspricht nicht den Erfordernissen einer modernen und leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur im Bereich des Öffentlichen Verkehrs. Und das schon seit Jahren, ja seit Jahrzehnten nicht.

Dem Landkreis war der öffentliche Personennahverkehr bisher einfach nicht so viel wert, um wirklich für substantielle Verbesserungen zu sorgen. Dazu hätte nämlich wirklich auch mal Geld in die Hand genommen werden müssen.

(Beispiel Landkreis Oberallgäu)

Wir sind noch bei den Vorteilen eines möglichen VGN-Beitritts:

Also, gesetzt den Fall, das Angebotsspektrum würde passen, kommen Stadt und Landkreis endlich in den Genuss einet einheitlichen Tarifstruktur und das bis Mittelfranken und Teile der Oberpfalz.

Welche Vorteile bringt der VGN noch?

Gehen wir mal davon aus, Herr D. aus unserem Beispiel hat keine Bahncard und fährt nur gelegentlich die angesprochene Strecke. In diesem Fall zahlt er für die Strecke Bamberg/Weißenburg (ohne Fahrrad) 18,70 für die Bahn und gesetzt den Fall, er kann überhaupt mit dem Bus fahren, kommen noch mal 3,60 dazu, also zusammen 22,30. Also eigentlich würde er doch lieber gleich das Bayern-Single-Ticket nutzen für 19 Euro, denn dann könnte er sich auch überlegen – wenn es in Weißenburg regnet – ob er nicht noch ein Stück weiter fährt…

Mit dem VGN-Tagesticket der Preisstufe 10 würde es Herr D. tatsächlich für nur 14 Euro schaffen.

Anders sieht das mit den Preisen aber schon aus, wenn die Reisenden im Besitz einer Bahncard 25 oder gar einer Bahncard 50 sind. Ratzfatz wird aus dem anscheinenden Preisvorteil des VGN sogar ein erheblicher Preisnachteil.

Ich mach mal auch hier ein Preisbeispiel:

Eine Fahrt von Bamberg nach Nürnberg, hin und zurück kostet regulär mit der Bahn 21,20, also auch hier würde man das Bayern Single-Ticket nutzen.

Mit dem VGN würde es regulär 16,80 kosten oder, ebenfalls mit dem Tagesticket 14 Euro, d.h. auch hier wieder im Falle eines VGN-Beitritts satte 5 Euro oder zwei Cappuccino gespart.

Hat man jedoch die Bahncard 50 zahlt man von Bamberg nach Nürnberg hin und zurück nur noch 10,60, also immerhin 3,40 Euro weniger als mit dem VGN.

Jetzt werden Sie sagen, wer hat schon die Bahncard?

Gerade diejenige, die im Bereich Mobilität sensibilisiert sind, und bereit sind, den ÖPNV häufiger zu nutzen, sind längst im Besitz einer Bahncard.

So haben beispielsweise sehr viele Pendler eine Bahncard, da sie mit der Bahncard günstiger fahren, als mit einem Monatsticket und darüber hinaus die Bahncard auch noch für andere Reisen nutzen können.

Aber selbst wenn sie einen Pendler nach Nürnberg hernehmen, der keine Bahncard hat und bis jetzt die Monatskarte der Bahn im Abo nutzt. Der zahlt im Moment pro Monat 153 Euro, übrigens ganz nebenbei ein unschlagbarer Preis im Vergleich zur Autonutzung. Also noch mal 153 Euro pro Monat. Sind wir beim VGN, was meinen Sie, was dann die Monatskarte im Abo kostet, mehr oder weniger?

Sie kostet ein bisschen – wenn auch vernachlässigbar – mehr, nämlich anstatt 153 Euro dann 155,50 Euro.

Was ich damit ausdrücken will ist, dass das oftmals vorgebrachte Argument, mit dem VGN-Beitritt werden die Pendler günstiger fahren, einfach nicht stimmt. Auch hier wird es Gewinner und Verlierer geben. Mich haben bisher nur Menschen angesprochen, die bei einem VGN-Beitritt verlieren werden.

Ich fass noch mal die möglichen – wenn auch stark relativierten Vorteile – zusammen:

  1. einheitlicher Tarif

  2. für Gelegenheitsfahrer ohne Bahncard günstigere Tarife in den Verbundraum

Was steht dagegen an Nachteilen an?

 

Argumente Contra:

Der Sitzungsvortrag hat ausführliche beleuchtet, was der VGN-Beitritt für die weitaus überwiegende Mehrzahl der Bamberger Busbenutzer bedeuten würde:

Nochmal zur Erinnerung: wir haben 81,6% Binnenverkehr, d.h. fast 82% aller Fahrten beginnen und enden in Bamberg.

Und für diese große Gruppe der Fahrten, würden sich bei einem VGN-Beitritt – egal ob bei einem sofortigen Beitritt, oder bei einem zeitlich gestaffelten Übergang, nur Nachteile beim Fahrtarif ergeben.

  • wir bekämen beim Einzelfahrschein Zone 1, der einen Umsatzanteil von immerhin 15,5 % hat, eine 36 %ige Fahrpreiserhöhung, aber auch bei der Mehrfahrtenkarte und zwar sowohl in Zone 1, als auch in Zone 2 (letzteres in Richtung Landkreis) eine Fahrpreiserhöhung.

  • Die sehr beliebte, weil günstige Bamberger Einkaufskarte, wird es möglicherweise – wenn die Verhandlungen nichts anderes erbringen – in dieser Form nicht mehr geben und in der VGN-Form eine gigantische Verteuerung bedeuten.

  • Insgesamt kommt die Verwaltung zum Ergebnis, dass aufgrund dieser Nachteile 730.000 Tarifkunden nicht mehr ÖPNV-System teilnehmen werden. Die Fahrgastzahlen werden von derzeit ca. 10 Millionen Fahrgäste auf nur noch 9,3 Millionen Fahrgäste sinken.

  • Und dafür muss die Stadt Bamberg und müssen die Verkehrsbetriebe auch noch Geld bezahlen, in der Summe für die nächsten fünf Jahren 1,7 Mio. Euro und der Landkreis nochmals 1,9 Mio. Euro, sage und schreibe, zusammen 3,6 Mio. Euro

Spätestens jetzt werden sich manche von Ihnen fragen, was will der Gack eigentlich, soll er doch froh sein, wenn endlich was für den ÖPNV in Stadt und Landkreis getan wird und wenn auch der Landkreis endlich Geld dafür in die Hand nimmt.

Da kann ich nur antworten, ich wäre mehr als froh, wenn der Landkreis endlich mal richtig viel Geld für den ÖPNV in die Hand nehmen würde. Aber 3,6 Mio in der Summe Stadt und Land, nur dafür, dass wir

  1. einen einheitlichen Tarif mit dem Großraum Nürnberg haben

  2. für einige Nutzerinnen und Nutzer Preisvorteile erzielen

  3. für den weitaus größten Teil der ÖPNV-Nutzer aber eine erhebliche Verteuerung in Kauf nehmen müssen,

dafür find ich 3,6 Mio. Euro das Geld gerade an der falschen Stelle ausgegeben.

Natürlich ist die GAL

  1. für eine durchschaubare, für alle leicht verständliche gemeinsame Tarifstruktur vor allem in Stadt und Landkreis Bamberg,

  2. und zwar für eine Tarifstruktur, die gerecht und kostengünstig ist.

  3. für eine einheitliche Fahrplangestaltung,

  4. für aufeinander abgestimmte Fahrpläne,

  5. und das ganze noch am besten mit einem einheitlichen Erscheinungsbild.

Die GAL hat dazu in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl von Vorschlägen unterbreitet. Nicht erst Herrn Landrat Denzler und Herr Scheuenstuhl, schon vor Jahrzehnten Herrn Neukum und immer wieder Herrn Brehm. Gescheitert ist es bisher immer an den Bremsen aus dem Landkreis und letztendlich auch an der mangelnden Bereitschaft, Geld in die Hand zu nehmen.

Aber wenn wir uns jetzt anschauen, dass für die wenigen angeblichen Vorteile, die ein VGN-Beitritt mit sich bringen würde, 3,6 Mio. Euro in die Hand genommen werden, was könnten wir alles mit dem Geld erreichen, wenn wir endlich das nahe liegende zuerst täten, nämlich erst einmal vor unserer eigenen Haustür schauen: Was können wir verbessern, Wie können wir

  1. den Verkehr optimieren,

  2. die Tarife vereinheitlichen,

  3. das Erscheinungsbild und das Marketing peppig und einheitlich gestalten?

Und da komm ich auf ein Thema hin, dass ich unter die Überschrift "Ausgabeneffizienz" setzen möchte. Ausgabeneffizienz meint:

Wo setze ich einen Euro öffentlicher Gelder am sinnvollsten ein, wo erreiche ich den größten Nutzen?

Und zwar den größten wirtschaftlichen Nutzen, den größten sozialen Nutzen, den größten ökologischen Nutzen.

Also noch mal die Frage: Wo liegen denn – verkehrstechnisch gesehen – unsere Problemfelder?

Sie alle kennen die Grafik über das Verkehrsaufkommen in der Stadt Bamberg:

Wir haben täglich ca. 220.000 Pendlerfahrten in und aus der Stadt Bamberg.

Der größte Teil davon, nämlich 193.000 Fahrten werden l e i d e r vom motorisierten Individualverkehr verursacht. Und von diesen 193.000 Fahrten des MIV stammt der weitaus größte Teil aus dem Landkreis Bamberg. Ist ja auch kein Wunder. Die Stadt Bamberg ist immerhin Einkaufsstadt, Ausbildungsstadt, Arbeitsplatzstandort und Freizeitort für 145.000 Menschen aus dem Landkreis Bamberg.

Diese 193.000 Fahrten mit dem MIV sind die, die uns unsere Verkehrsprobleme verursachen. Es geht nicht um einige wenige, die von Bamberg ins Altmühltal oder an die Fränkische Seenplatte fahren möchten und es geht auch nicht um die Pendler von Bamberg nach Nürnberg/Erlangen und umgekehrt.

Ich will mal den 193.000 Fahrten entgegenhalten, wie groß die Pendlerströme sind, die aus Stadt und Landkreis in VGN-Zielgemeinden pendeln, damit meine ich nicht diejenigen, die das jetzt schon mit Bus und Bahn machen, sondern die überhaupt pendeln, also mit ÖPNV oder mit dem Auto.

Das waren nach der Erhebung die der VGN ja schon einmal für uns vor Jahren gemacht hat, aus der Stadt 1.397 Personen und aus dem Landkreis 4.930 Personen, also in der Summe 5.300 Personen, die ein VGN-Beitritt als Pendler und demzufolge tagtäglich betreffen würde.

Im Gegensatz dazu haben wir ein Potenzial von 193.000 MIV-Fahrten täglich, zum Großteil aus dem Landkreis, die wir – damit wir nicht länger im Verkehr, Lärm und Feinstaub ersticken - dringend auf den ÖPNV bringen müssen.

Das heißt, um noch mal auf die Frage der Ausgabeneffizienz zu kommen: Wo erzielen wir am meisten wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzen?

Wenn wir – ich bleib mal bei der Zahl – 3,6 Mio. Euro in den einen VGN-Beitritt investieren mit fragwürdigen Vorteilen, oder wenn wir das Geld in die Hand nehmen würden, um endlich den Öffentlichen Verkehr, das Erscheinungsbild, das Marketing und die Tarife im Gebiet Stadt und Landkreis Bamberg zu optimieren.

Das muss unser Aufgabengebiet sein.

Hier rauschen die Autos, die unsere Stadt kaputt und unsere Bevölkerung krank machen.

Hier können wir ansetzen durch viele Verbesserungsmaßnahmen.

Hier ist es dringend geboten einen Verkehrsverbund Stadt und Landkreis Bamberg aus der Taufe zu heben und hier sollten wir auch unser Geld investieren.

Das jedenfalls ist die Meinung der GAL-Fraktion

StR Peter Gack