"Vom Krieg verschont, vom Stadtrat
nicht"
So lautete der Wahlspruch auf einem Plakat aus
den Anfängen der Grün-Alternativen Liste in Bamberg. Dieses
von Gerhard C. Krischker ersonnene und teilweise auch heute
noch gültige Sprüchla umreißt ein wichtiges Politikfeld, in
dem die GAL ihre Wurzeln hat. Aber Denkmalschutz war nur ein
Thema, das Anfang der Siebziger Jahre einen Teil der
Bevölkerung bewegte und dazu führte, dass sich mehr und mehr
Engagierte in Bürgerinitiativen organisierten.
Seit Oktober 1978 existierte bereits als
unabhängiges Sprachrohr von kritischen Bamberger Bürgerinnen
und Bürgern die Stadtzeitung "Dä Goblmoo".
Mit der Diskussion um den Abbruch des Hauses
Karolinenstraße 17 gründete sich Ende 1980 der
"Arbeitskreis Kritische Kommunalpolitik". Dieser AKK
betrachtete sich als "ein überparteilicher Kreis"
kommunalpolitisch interessierter Bürger und trat für eine
echte Bürgermitbestimmung bei allen kommunalpolitischen
Entscheidungen ein. Man wollte keine Konkurrenz zu bestehenden
Initiativen sein, sondern versuchte deren Zusammenarbeit zu
organisieren. Der Erhalt der Karolinenstraße 17 kann
sicherlich auch mit als erster Verdienst des AKK bewertet
werden.
Instand(be)setzung des "Alten
E-Werks"
Im Jahr 1981 wurde das seit 1977 leer stehende
und für den Abriss bestimmte alte Elektrizitätswerk in der
Tränkgasse von etwa 40 Personen, hauptsächlich aus dem
studentischen Umfeld, besetzt. Ziel war nicht nur, das
"Alte E-Werk" und dessen gute Bausubstanz als
Industriedenkmal (Erlweinbau aus der Zeit um die
Jahrhundertwende) zu erhalten, in der Aktion kam auch der
Wunsch nach einem selbstverwalteten Kulturzentrum zum
Ausdruck, und man wollte auf die Wohnungsnot in Bamberg
hinzuweisen.
Der Einsatz wurde von 64 Engagierten mit
Urteilen wegen Hausfriedensbruch bezahlt – aber er hatte
sich gelohnt: Nach dem OB-Wechsel 1984 blieb das Gebäude
erhalten und wurde für die städtische Volkshochschule
umgebaut. Bis heute hat es die Stadt allerdings nicht für
nötig befunden, in irgendeiner Form die damals Beschuldigten
zu rehabilitieren.
Mit der BA kommt Farbe in die Bamberger
Kommunalpolitik
Durch die Aktivitäten rund ums Alte E-Werk
und im AKK hatte sich eine relativ lockere Gruppe
kommunalpolitisch interessierter Menschen zusammengefunden. Am
1. Oktober 1981 wurde in einer Vollversammlung mit 99
Stimmen beschlossen, als "Bamberger Alternative"
(BA) bei der Oberbürgermeisterwahl 1982 anzutreten und dies
als Testwahl für die Kommunalwahl 1984 zu verstehen. Rudi
Sopper wurde als OB-Kandidat nominiert und errang auf Anhieb
gegen die Kandidaten Paul Röhner (CSU) und Dr. Hans de
With (SPD) 4,34 % der Stimmen. Damit war klar, dass die
BA bei der 1984 stattfindenden Stadtratswahl teilnehmen
würde.
Unabhängig von den Aktivitäten der BA hatte
sich schon relativ bald ein Grüner Kreisverband Bamberg
gegründet. Ende 1981 gab es auch immer wieder Kontakte
einzelner Mitglieder der BA zu den GRÜNEN, und beide
Gruppierungen beschlossen im Herbst 1983, zur bevorstehenden
Kommunalwahl mit einer gemeinsamen Grün-Alternativen Liste
(GAL) anzutreten.
GAL-Plakat zur OB-Wahl 1982
Die GAL auf dem Weg zur dritten
politischen Kraft
Ein Blick auf die damals mit 28 Personen
besetzte Stadtratsliste macht deutlich, dass die meisten
GALierInnen aus dem Bereich Gewerkschaften, Bund Naturschutz,
Bürgerinitiative gegen Atomanlagen oder der
Studentenvertretung kamen. Unter den ersten acht Kandidaten
fand sich nur ein Parteimitglied der GRÜNEN.
Bis heute versteht sich die GAL deshalb auch
als parteiliche, aber unabhängige Gruppe kommunalpolitisch
interessierter Menschen. Und bis heute haben alle, die sich
mit dem Programm der GAL identifizieren können und
mitarbeiten wollen gleiches Stimmrecht, egal, ob sie Mitglied
bei Bündnis 90/DIE GRÜNEN sind oder nicht.
Mit einem Ergebnis von 6,59 % konnte die
neue Größe in der Bamberger Politiklandschaft einen
grandiosen Erfolg feiern und mit drei Stadtratsmandaten (d.h.
Fraktionsstärke) ins Rathaus ziehen.
Bei den Wahlen 1990, 1996, 2002 und 2008
errang die GAL jeweils ein Mandat mehr und stellt mit sieben
Stadträtinnen und Stadträten die drittstärkste Fraktion im
Stadtrat. Nach dem Ausscheiden eines Kollegen schrumpfte die
Fraktion allerdings im Mai 2010 vorerst wieder auf sechs
Mitglieder.
"Damit man draußen weiß, was
drinnen los ist ..."
Auch das war einer der Wahlsprüche der neuen
GAL von Anfang der 80er Jahre, aber auch dieser ist heute nicht
weniger aktuell. Die GAL will Transparenz im Rathaus und ist
die wichtigste demokratische Kontrolle in dieser Stadt –
auch wenn es den heute sieben grün-alternativen StadträtInnen
nicht immer gelingt, den Rathausfilz aufzuweichen.
Deshalb bringt die GAL seit 1984 in
unregelmäßigen Abständen, aber zwei- bis dreimal im Jahr
eine eigene Zeitung heraus, in der vorwiegend über
kommunalpolitische Themen berichtet wird. Die gaz
(Grün Alternative Zeitung) ist ein wichtiger Beitrag zur
politischen Kultur in einer Stadt, die mit nur einer
Lokalzeitung pressemäßig unterversorgt ist.
Wahlergebnisse der GAL in Bamberg
OB-Wahl 1982
|
4,34 %
|
BA-Kandidat:
Rudi Sopper
|
Kommunalwahl 1984
|
6,59 %
|
3 Stadtratsmandate
|
OB-Wahl 1988
|
5,38 %
|
GAL-Kandidatin:
Karin Wicht
|
Kommunalwahl 1990
|
9,55 %
|
4 Stadtratsmandate
|
OB-Wahl 1994
|
6,65 %
|
GAL-Kandidat:
Dr. Gerd Rudel
|
Kommunalwahl 1996
|
11,7 %
|
5 Stadtratsmandate
|
OB-Wahl 2000
|
13,92 %
|
GAL-Kandidatin:
Ursula Sowa
|
Kommunalwahl 2002
|
13,03 %
|
6 Stadtratsmandate
|
OB-Wahl 2006
|
14,62 %
|
GAL-Kandidatin:
Ursula Sowa
|
Kommunalwahl 2008
|
16,45 %
|
7 Stadtratsmandate
|
Wahlergebnisse von
Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Stimmkreis Bamberg-Stadt
(nicht vollständig)
1982
|
Landtagswahl
|
4,4 %
|
1984
|
Europawahl
|
6,11 %
|
1986
|
Landtagswahl
|
8,6 %
|
1987
|
Bundestagswahl
|
8,51 %
|
1989
|
Europawahl
|
9,28 %
|
1990
|
Bundestagswahl
|
5,84 %
|
|
Landtagswahl
|
7,13 %
|
1994
|
Bundestagswahl
|
8,6 %
|
|
Landtagswahl
|
9,17 %
|
|
Europawahl
|
11,99 %
|
1998
|
Landtagswahl
|
Zweitst.: 8,78 %, Erstst.:
9,99 %
|
|
Bundestagswahl
|
9,26 %
|
1999
|
Europawahl
|
9,72 %
|
2002
|
Bundestagswahl
|
Erstst.: 14,73%, Zweitst.: 11,29%
Bamberger Kandidatin Ursula Sowa kommt über Platz 7 der
Bayernliste in den Bundestag
|
2003
|
Landtagswahl
|
10,8 %
(Erstst.: 11,04%, Zweitst.: 10,52%)
(nur Bamberg-Stadt ohne Umlandgemeinden: 13,65% und
13,08%)
|
|
Bezirkstagswahl
|
Erstst.: 10,56%, Zweitst.: 10,97%
(nur Bamberg-Stadt ohne Umlandgemeinden: 13,05% und
13,33%)
|
2004
|
Europawahl
|
18,01 %
|
2005
|
Bundestagswahl
|
Erstst.: 16,75% (Ursula Sowa)
Zweitst.: 11,21%
|
2008
|
Landtagswahl
|
12,9 %
(Erstst.: 13,81%, Zweitst.: 11,93%)
(nur Bamberg-Stadt ohne Umlandgemeinden: 16,52 % und
13,89 %)
|
|
Bezirkstagswahl
|
Erstst.: 10,48%, Zweitst.: 12,59%
(nur Bamberg-Stadt ohne Umlandgemeinden: 12,81% und
14,91%)
|
|
Europawahl
|
17,45 %
|
2009
|
Bundestagswahl
|
Erstst.: 12,26 % (Lisa Badum)
Zweitst.: 14,52%
|
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