Konsum der Stadt verantwortlich gestalten
GAL will im Beschaffungswesen der Stadt öko-soziale Verantwortung
verankern
Wenn der Oberbürgermeister einen Blumenstrauß
überreicht – stammt der dann sicher nicht von Arbeiterinnen, die in
Afrika diese Blumen für Hungerlöhne anbauen? Sind die Computer in
der Stadtverwaltung eventuell aus Osteuropa, wo die Beschäftigten in
der Fabrik einem erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt sind? Wurde das
Holz für die Büromöbel in den Rathäusern aus nachhaltiger
Waldwirtschaft gewonnen? Und kommen die Pflastersteine auf Bambergs
Straßen möglicherweise aus Steinbrüchen, wo sie ohne Schutzkleidung
und sogar von Kindern geschlagen werden?
All das fragt die Grünen-Stadtratsfraktion in ihrem
jüngsten Antrag, in dem sie auch ein umfassendes Konzept vorschlägt,
wie die Stadt Bamberg auf ein öko-soziales Beschaffungswesen
umstellen soll. Bereits mit der Einführung der Lokalen Agenda 21
ging die Stadt im kleinen Rahmen eine Selbstverpflichtung ein, z. B.
nur noch faire Blumen oder fairen Kaffee zu kaufen. Ebenso
distanzierten sich die städtischen Betriebe auf Antrag der GAL
bereits von Kinderarbeit. Doch wird das auch so umgesetzt? Und wenn
ja, dann genügt das heute nicht mehr, meinen die Grünen.
Denn seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2009 ist es
möglich, Sozial- und Umweltbedingungen in die Vergabe öffentlicher
Aufträge aufzunehmen. Mit anderen Worten: Die Stadt kann Bedingungen
stellen, wenn sie Aufträge ausschreibt, z. B. umweltfreundliche
Herstellung, keine Kinderarbeit, faire Löhne usw. Wer den Auftrag
bekommen will, muss nachweisen, dass er die Bedingung erfüllt, sonst
geht er leer aus – und mag er auch noch so billig sein.
„Die Verantwortung darf nicht nur bei Kaffee und
Blumen stehen bleiben – auch Großaufträge müssen die öko-soziale
Verantwortung der Stadt widerspiegeln“, so
GAL-Fraktionsgeschäftsführerin Sylvia Schaible. „Wir können bei der
Ausschreibung verlangen, dass beispielsweise die Arbeitsnormen der
internationalen Arbeitsorganisation ILO eingehalten werden. Und
damit würden wir von hier aus dafür sorgen, dass sich
IndustriearbeiterInnen in Afrika oder Asien, die unser Produkt
herstellen, gewerkschaftlich organisieren dürfen.“
Dass das nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein
ist, beweist allein schon eine Zahl: Waren und Dienstleistungen, die
von Kommunen, Ländern und dem Bund eingekauft werden, machen rund
16% des Bruttosozialprodukts aus. Die öffentliche Hand ist also eine
Einkaufsmacht – von jedem/r einzelnen SteuerzahlerIn getragen.
Dass die Umsetzung gleichwohl nicht einfach sein
wird, wissen auch die Grünen. Für Produkte gibt es zahlreiche
Siegel, Label und Zertifikate, die nicht alle seriös seien. Deshalb
sollten alle VerwaltungsmitarbeiterInnen, die direkt einkaufen, eine
entsprechende Übersicht als Hilfestellung an die Hand bekommen. Und
die GAL möchte eine Steuerungsgruppe einrichten, in der auch
Eine-Welt-Organisationen, Verbände, Einzelhandel und Kirchen
vertreten sind, um den Prozess zu einer öko-sozialen Beschaffung zu
begleiten und zu kontrollieren.
Nicht nur in der Kernverwaltung sollen laut
GAL-Antrag künftig öko-soziale Mindeststandards gelten, auch in den
Einrichtungen der Stadt wie Theater und Schulen sowie in ihren
Tochterunternehmen, etwa Stadtwerke oder Altenheime und Kliniken.
„Bamberg kann damit auch sein positives Image als
Weltkulturerbe-Stadt pflegen, die über ihren eigenen Tellerrand
hinaus denkt“, meinen die GAL-StadträtInnen. Sie wollen, dass die
Stadt sich an der Kampagne „Fairtrade-Town“ beteiligt, wie das in
Bayern beispielsweise schon Nürnberg und Augsburg tun.
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