Bamberg ist keine kleinstädtische Oase
Kriminalität, Drogen und Obdachlosigkeit gibt es auch in der
Bamberger Jugendszene – Grüne fordern mehr Personal für Streetwork
Was hat eine Gesellschaft für Jugendliche übrig, die
vielleicht obdachlos sind und auf der Straße abhängen, die Schule
verweigern oder keine Ausbildungsstelle finden, zur Flasche greifen
oder zu schlimmeren Drogen, straffällig werden und auch um Gewalt
keinen Bogen machen? Was die Stadt Bamberg für solche Jugendliche
übrig hat, lässt sich beziffern und aus dem städtischen Haushalt
leicht ablesen: gerade mal 1,5 Arbeitsstellen und 3.500 Euro
Jahresbudget unter dem Label „Streetwork“.
Viel zu wenig, meint in ihrer jüngsten
Pressemitteilung die Grün-Alternative Liste, denn: „Wo immer sich
die Gesellschaft bemüht, Jugendlichen eine Perspektive zu bieten,
etwa ihnen von Drogen weg zu helfen oder für eine Ausbildung fit zu
machen, spart sie woanders wieder Kosten ein, von Gesundheitskosten
über die soziale Fürsorge bis hin zu Kosten im Polizei- und
Gerichtswesen. Generell verdient diese Form der Jugendarbeit nach
Ansicht der GAL mehr Anerkennung.
Das bestätigen auch die beiden in Bamberg
beschäftigten Streetworker, die Diplom-Sozialpädagogen Katharina
Kröcker und Thomas Neubert. Sie leisten seit 2009 als Streetworker
die so genannte „aufsuchende Jugendarbeit“, und zwar für das ganze
Stadtgebiet. Das heißt, sie gehen auf die Jugendlichen zu, und zwar
an deren Treffpunkten auf Plätzen, an Straßen, am Fluss oder wo auch
immer. „Dabei ist es aber nicht unsere Aufgabe, die Jugendlichen von
der Straße zu holen und irgendwo hin zu verfrachten, wo sie das
Stadtbild nicht mehr stören“, betont Thomas Neubert. Vielmehr ist
das Konzept der Bamberger Streetworker, den Jugendlichen zuzuhören
und herauszufinden, wo ihre Probleme und wo ihre Interessen liegen.
Dort können die beiden Streetworker dann im besten Falle Hilfe und
Unterstützung leisten.
Diese Hilfestellungen sind vielfältig: bei
Behördenbesuchen begleiten, bei Problemen mit Schulen und Eltern
vermitteln, eine Suchttherapie einleiten, beim Suchen einer
Ausbildungsstelle helfen, eine Unterkunft finden. Wie viele
Jugendliche können so erreicht werden? „Schwer zu sagen“, meint
Thomas Neubert. Er schätzt, dass zu ca. 60 Jugendlichen ein solches
Vertrauensverhältnis besteht, dass sie mit ihren Problemen zu den
Streetworkern kommen, um sich helfen zu lassen.
Aber nicht nur Einzelfallhilfe leistet das
Streetwork-Duo. Sie bieten auch Projekte an, wie etwa
Sportveranstaltungen, eine Fahrradwerkstatt oder Konzerte. „Je
nachdem, wofür wir die Jugendlichen auf der Straße begeistern und
aktivieren können“, berichtet Katharina Kröcker. Und je nachdem,
wofür sich ehrenamtliche Helfer finden, wie beispielsweise Stefan
Hecksell vom Bamberger Radladen, der regelmäßig Workshops zum
Fahrrad-Reparieren im JuZ am Margaretendamm anbietet. „Davon sind
die Jugendlichen echt begeistert, und wir sind sehr dankbar für
dieses Angebot – einfach unbezahlbar“, sagt die Sozialpädagogin
dazu.
Ein größeres Finanzbudget würde gut tun, viel
wichtig wäre aber eine personelle Aufstockung, da sind sich die
beiden Streetwork-Kollegen einig. Sie sind vor allem in der
Innenstadt, am ZOB oder im Bahnhofsbereich unterwegs, aber für
Gartenstadt und Gereuth wären dringend noch ein bis zwei
Vollzeitkräfte nötig. „Wir erreichen lange nicht alle die, denen man
mit dem Streetwork-Konzept weiterhelfen könnte“, sind Kröcker und
Neubert überzeugt. Sie haben sich deshalb aktuell vorgenommen, mehr
Aufmerksamkeit und Anerkennung für Steetwork zu gewinnen. „Bamberg
ist keine kleinstädtische Oase - fern von Drogen, Obdachlosigkeit
und Kriminalität in der Jugendszene. All das gibt es hier genau so
wie anderswo. Aber wir können dem nur dann nachhaltig begegnen, wenn
Streetwork aufgestockt wird.“
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