Ein Streifzug durch die
verkehrspolitische Landschaft – in Bamberg und anderswo …
Die Verkehrspolitik war lange Zeit
das Thema Nr. 1 im Bamberger Rathaus. Aber die Zeiten der
hochemotionalen Debatten über die Vor- und Nachteile der diversen
Gutachen ist vorbei. Merkwürdig ruhig ist es geworden. Doch die
Ruhe verheißt nichts Gutes. Genutzt wird sie jedenfalls nicht,
nicht einmal zu einer Politik der "kleinen Schritte",
die möglich und vielleicht sogar vorwärtsweisend wäre. Statt
dessen: Stillstand und, im wahrsten Sinne des Wortes, Rückschritt
– hin zu einer Politik, die nach wie vor und immer wieder nur
auf eines starrt: den Bau neuer Straßen. Das gegen jegliche
logische Argumentation resistente Politikum "Kronacher
Straße" ist dafür nur ein Beispiel. Wer wissen will, was in
der kommunalen Verkehrspolitik tatsächlich möglich wäre, muss
schon einen Blick über die Stadtgrenzen hinaus wagen.
ÖPNV
20 Jahre ist es jetzt her, dass
die die Freiburger Verkehrsbetriebe eine preiswerte
"Umweltschutz-Monatskarte" einführten. Und genauso alt
ist auch die Bamberger Diskussion über die Preise für
Bus-Tickets und die Förderung des ÖPNV insgesamt. In Bamberg
gibt es seit etlichen Jahren eine Umweltkarte "light",
die Einkaufskarte fürs Stadtgebiet. Ansonsten: Fehlanzeige.
(Quelle: www.regiomobilcard.de)
Freiburg ist wieder einmal viel,
viel weiter: Inzwischen hat man die RegioCard entwickelt. Sie gilt
für den Verkehrsverbund der Stadt Freiburg und zweier
angrenzender Landkreise und wurde zum 1. Oktober 2004 um eine
weitere Funktion erweitert. Als RegioMobilCard ermöglicht sie
nicht nur die Nutzung eines Streckennetzes von 2850 km im
öffentlichen Nahverkehr, sondern umfasst auch die Mitgliedschaft
im Car-Sharing sowie Rabatte von bis zu 20 Prozent bei 33
Taxiunternehmen, Fahrrad-, Auto- und Caravanvermietungen. Für
schlappe 44 Euro im Monat gibt es also ein Rundum-Angebot für die
Mobilität ohne eigenes Auto, kostengünstig, bequem, flexibel …
City-Logistik
Geschäfte müssen mit Waren
beliefert werden, Unternehmen brauchen die für ihre Produktion
notwendigen Teile. Dieser sogenannte Wirtschaftsverkehr wird
großteils mit dem LKW abgewickelt und kann nur sehr bedingt auf
andere, umweltverträglichere Verkehrsmittel verlagert werden. Um
die Belastungen (Lärm und Abgase vor allem), die gerade von
dieser Verkehrsart ausgehen, so weit wie möglich zu verringern,
sollten die Fahrten zu den einzelnen Adressaten möglichst
gebündelt werden. In der Fachdiskussion heißt dies
"City-Logistik" – und ein entsprechendes Konzept für
Bamberg forderte die GAL schon im Herbst 1996. Aber mehr als
schüchterne Überlegungen gab und gibt es dazu in der
Stadtverwaltung und beim Stadtmarketing e.V. nicht.
In Münster werden sowohl die
Lieferungen an Einzelhändler gebündelt als auch deren Sendungen
an die Endverbraucher. Das sieht das City-Logistik-Konzept vor,
das die Stadt in Zusammenarbeit mit der dortigen IHK und zwei in
Münster ansässigen Unternehmen aufgebaut hat. Außerdem gibt es
einen Service, der die Entsorgung von Verpackungsmaterial (u.ä.)
bündelt und ähnliche Logistikbausteine für die Zielgruppe der
Dienstleistungsunternehmen und Behörden bereitstellt.
Autofreies Wohnen
Vor rund 10 Jahren nahm der
Bamberger Stadtrat einen GAL-Antrag an, in dem die Realisierung
einer autofreien Siedlung gefordert wurde. Autofrei heißt dabei:
Die BewohnerInnen verzichten auf ein eigenes Auto, es gibt
lediglich Besucher-Parkplätze und Stellplätze für
Car-Sharing-Autos. Geplant war ein solches innovatives Wohnprojekt
ursprünglich für den Gaustadter Ochsenanger – bis die Stadtbau
GmbH die Federführung über das Projekt bekam. Realisiert wurde
dort dann ein verkehrsberuhigtes Wohngebiet mit den üblichen
Stellplätzen am Rand – nichts Neues also. Obwohl es in Bamberg
mehrere Initiativen gegeben hat, die ein solches Vorhaben in
eigener Regie umsetzen wollten, ist es bei diesem Stand bis heute
geblieben. Das Baureferat erwies sich dabei als – sagen wir –
wenig hilfreich. In anderen Städten ist man da – auch was die
sicher schwierige Rechtslage angeht – einfallsreicher: Im neuen
Freiburger Stadtteil Vauban wurde autofreies Wohnen ebenso
umgesetzt wie auch in der Münchener Messestadt-Riem. Es geht also
auch in Bayern – vorausgesetzt man (= die Stadtverwaltung und
der Stadtrat) will …
Autofreies Wohnen in der Messestadt-Riem - das Projekt der
Wohnungsbaugenossenschaft WoGeno (Quelle: Tagunsdokumentation
"Das nachhaltige Stadtviertel", Petra-Kelly-Stiftung,
München 20004, www.petra-kelly-stiftung.de)
Car-Sharing
In Bamberg gibt es zwar seit
Jahren mit Ökobil e.V. einen rührigen und zunehmend
professionell arbeitenden Car-Sharing-Verein mit mittlerweile
sechs Autos in Bamberg und Bischberg. Doch dieser hat sich bislang
vergeblich um eine Zusammenarbeit mit der Stadt bemüht. Auch ein
Stellplatz auf öffentlichem Grund wurde ihm bislang – mit
fadenscheinigen Argumenten – verwehrt.
Standortkarte für Car-Sharing in Göttingen (Quelle:
www.stadt-teil-auto-goettingen.de)
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Anderswo ist das kein Problem. In Göttingen
etwa haben die dort ansässigen Car-Sharing-Organisationen
ganz selbstverständlich prominente Stellplätze im
öffentlichen Raum wie z.B. direkt am Hauptbahnhof. Auch die
Zusammenarbeit zwischen Car-Sharing-Organisationen und
Stadtverwaltungen (ent-weder nutzt die Verwaltung
Car-Sharing-Autos oder umgekehrt der Verein nutzt – meist
am Abend oder am Wochenende – dann nicht gebrauchte PKWs
der Stadtverwaltung für seine Mitglieder) ist vielerorts
seit langem guter Brauch. In Bayern z.B. in Garching bei
München. Auch in Leipzig, Ludwigshafen, Lüneburg oder
Bremen geht das, was in Bamberg unmöglich erscheint, ohne
Schwierigkeiten. |
Radverkehr
Einige Zeit lang sah es – nicht
zuletzt dank engagierter MitarbeiterInnen in der Abteilung
Verkehrsplanung des Stadtplanungsamtes – so aus, als ob der
Radverkehr in Bamberg aus dem Dornröschenschlaf früherer Jahre
wachgeküsst worden sei: Eine Radverkehrsplanung, die sich sehen
lassen konnte, die Einrichtung von Fahrradstraßen, die Öffnung
von Einbahnstraßen für RadlerInnen in Gegenrichtung – all das
stand auf der Positivliste. Inzwischen ist es auch in diesem
Bereich ziemlich ruhig geworden – mehr als ein neuer Rotanstrich
für Radwege im Kreuzungsbereich ist schon aufgrund der miesen
Haushaltslage kaum mehr drin. Auch die wichtigen Fahrradstraßen
stehen wieder zur Disposition – so z.B. in Bamberg Mitte.
Das Fahrradparkhaus in Münster - direkt am Hauptbahnhof.
Wer wollte vor diesem Hintergrund
z.B. von einem Fahrradparkaus am Bahnhof träumen, um die
chaotischen Verhältnisse für RadlerInnen dort endlich in den
Griff zu bekommen? In Göttingen oder Münster (siehe Fotos) sind
solche Träume längst Realität geworden. Die fahrbaren
Untersätze sind vor Diebstahl sicher und vor Wind und Wetter
geschützt. Und sogar eine Fahrradwaschanlage gibt es dort. Wie
gesagt: in Bamberg sind das noch Träume …
Fahrradparkhaus in Münster - mit 3500 Stellplätzen das größte
in Deutschland (Fotos: Presseamt Stadt Münster)
Wenn wir schon bei Träumen sind: Mit dem Rad
fahren und bei Bedarf auch den Bus nutzen können, das wäre doch
was – gerade in einer Stadt mit sieben Hügeln, die für manche
hochzuradeln doch allzu beschwerlich ist. In Schweinfurt (ist doch
nicht einmal allzu weit entfernt, oder?) ist das jetzt schon
möglich. Für 1,20 Euro (= Preis eines normalen
Einzelfahrscheins). Oder für die Inhaber von bestimmten
Zeitfahrausweisen sogar völlig unentgeltlich.
Interessante Links:
www.nachhaltiger-verkehr.de/
www.transportbenchmarks.org/de/
www.rural-transport.net/
www.mobilitaetsmanagement.nrw.de/
www.ils.nrw.de/netz/leda/new_mobility.htm
http://mo.st/index_msie.html
www.difu.de/stadtoekologie/praxis/mobilitaet/
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