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Strahlendes Bamberg?


Privathaus in der Heiliggrabstraße
(alle Fotos: Erich Weiß)

Mobilfunkantennen allerorten, einzeln oder in imposanten Gruppierungen, auf Masten und Gebäudedächern aller Art – Bamberg ist flächendeckend versorgt. Mobil telefonieren kann der Handy-Freak mittlerweile in jeder Gasse, jedem abgelegenen Winkel und vermutlich auch von fast jedem Tiefgaragenstellplatz aus. Doch diese vermeintliche Errungenschaft ruft ebenso massive Kritik und lautstarken Protest hervor: Bürgerinitiativen, Protestplakate und warnende Transparente tauchen vermehrt im Stadtbild auf. Bürger und Bürgerinnen haben Angst vor gesundheitlichen Schäden und wehren sich – mit Erfolg.

Noch vor drei Jahren verzogen die meisten Mitglieder im Stadtrat das Gesicht, als die GAL-Fraktion forderte, den Ausbau des Mobilfunknetzes in Bamberg einzudämmen und, soweit rechtlich möglich, neue Sendeanlagen im Stadtgebiet zu verhindern. Abgesehen von ein paar KollegInnen aus der SPD tat die Stadtratsmehrheit mit dem Oberbürgermeister an der Spitze alle Kritiker als überängstlich, hysterisch und hypochondrisch ab.

 

Das Bild hat sich mittlerweile gewandelt. Einige Vorschläge der GAL sind heute Handlungsmaxime der Stadt Bamberg. Die Arbeitsgruppe Mobilfunk, die vorher ohne jedes Gegengewicht von den Vertretern der Mobilfunkfirmen dominiert war, wurde erweitert, so dass nun auch Bürgerinitiativen, ein Ärztevertreter und Stadtratsmitglieder mit am Tisch sitzen. Das Rathaus versteht sich nicht mehr nur als behördlicher Erfüllungsgehilfe von Vodafone und Co., sondern beginnt, seine Aufgabe der Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung wahrzunehmen.

Die Stadtverwaltung prüft im Moment baurechtliche Möglichkeiten, ob man in reinen und allgemeinen Wohngebieten Mobilfunkantennen grundsätzlich die Genehmigung versagen kann (in Bayreuth ist das bereits der Fall). Auf städtischen Liegenschaften darf bis auf weiteres keine neue Antenne aufgebaut werden. Und Bauanträge für genehmigungspflichtige Anlagen, d.h. Masten mit über 10 Metern Höhe, erhalten derzeit von der Stadt keine Genehmigung. Das bedeutet auch ein vorläufiges Aus für die Mobilfunkpläne am Rand von Kramersfeld und am Paradiesweg.


Kloster-Langheim-Straße

Meilenstein Konzerthalle

In vorderster Linie ist dieser Wandel den zahlreichen Bürgerinitiativen zu verdanken, die überall dort aus dem Boden schießen, wo Pläne für neue Anlagen ruchbar werden. Einen Meilenstein setzte hier wohl die "Bürgerinitiative Konzerthalle", die sich vehement gegen eine Sendeanlage auf dem Dach der "Sinfonie an der Regnitz" ausspricht.

Wie sich nach langer Heimlichtuerei im Sommer herausstellte, hatte die Stadthallen GmbH mit Genehmigung des Oberbürgermeisters bereits einen Vertrag mit Vodafone unterzeichnet. Diese Vertragspflicht stand nun dem Stadtratsbeschluss (keine neuen Antennen auf Gebäuden der Stadt) entgegen. OB Lauer saß in der Klemme. Doch einen Tag vor der Montage machten die Leute von der BI Konzerthalle noch einmal massiven Druck (auch mit Unterstützung der GAL), so dass der OB in buchstäblich letzter Minute Mut bewies und tatsächlich den Monteuren den Zugang zur Konzerthalle verweigerte. Bis heute ist die Anlage nicht installiert. Damit geht die Stadt auch ein Risiko ein, denn Vodafone könnte Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrags stellen.

Ob es soweit kommt, wird nicht zuletzt Ergebnis der neu bestetzten "Arbeitsgruppe Mobilfunk" sein. Das erste Zusammentreffen fand im Oktober 2004 statt. Die Firmenleute bekundeten ihr Befremden darüber, dass es in Bamberg ganz besonders schwer sei, neue Standorte durchzusetzen. Dass sie die organisierte Bürgerkritik als "Zirkus" bezeichneten, werden die anwesenden BI-Vertreter wohl eher als Lob für sich verbucht haben.

Teufelskreis Standortdebatte

Nun waren aber auch von seiten der Stadtverwaltung andere Töne zu hören. Umweltreferent Grimm legte eine Stadtkarte vor, die alle Wohngebiete, alle sensiblen Bereichen (d.h. um Schulen, Altenheime etc.) und zusätzlich jeweils einen Sicherheitsabstand von 150 Metern markierte. Überall dort sollten nach Maßgabe des Umweltreferats keine neuen Standorte ausgewiesen werden. Und siehe da: Bamberg ist damit abgedeckt – unter diesen Kriterien gibt es keine möglichen neuen Standorte! Das müssen die Mobilfunker nun erst mal verkraften. Vorerst hat sich die Arbeitsgruppe ohne Ergebnis vertagt.

Doch Vorsicht ist geboten, denn als Alternativen blieben dann nur noch große Masten am Stadtrand oder im Außenbereich mit entsprechend höherer Sendeleistung. Aus Sicht der Gesundheitsvorsorge ist dies aber ebenso wenig wünschenswert. Denn davon wären genauso Menschen betroffen, wenn auch eine geringere Zahl. Die Standort-Debatte ist so gesehen ein Teufelskreis.

In Bamberg - Empfang flächendeckend

Höchst interessant ist jedoch die von allen Firmen bestätigte Tatsache, dass der Mobiltelefon-Empfang an allen Stellen in Bamberg "gut funktioniert". Bamberg ist also mit GSM-Antennen umfassend versorgt, so dass ein "flächendeckender Outdoor-Empfang" (Telefonieren im Freien) hundertprozentig und zu jeder Zeit gewährleistet ist. Bei der Diskussion um neue Anlagen geht es also im wesentlichen um die zusätzliche UMTS-Technik, die neben dem Telefonieren auch das Herunterladen von Dateien und Video aufs Handy oder aufs Labtop und den Zugang zum Internet ermöglicht. Mithin steht fest: Würde man auf diese Zusatzfunktion verzichten, bräuchte Bamberg keine einzige zusätzliche Sendestation mehr! Auch die Leistung einzelner GSM-Anlagen könnte man für einen Outdoor-Empfang problemlos herunterfahren, wenn man nicht gerade in jedem Gewölbekeller erreichbar sein will.

Das dürfte Wasser auf die Mühlen der vielen mehr oder weniger organisierten Bürgerinitiativen sein, die mitt-lerweile in Bamberg ebenso sprießen wie die Installationspläne von T-Mobile und Co.: Michaelsberg, Paradiesweg, Konzerthalle, Hain, Gartenstadt, Gaustadt, Schranne, Kramersfeld.

Gaustadt: Bier plus Mobilfunk

Die Mobilfunk-Profiteure indessen lassen sich von Gesundheitsbedenken leider kaum beeindrucken. Das zeigte sich erneut in Gaustadt, wo sich auf der Kaiserdom-Brauerei bereits GSM-Anlagen von Vodafone und T-Mobile befinden. Aktuell will nun O2 nachziehen und auch gleich mit UMTS-Technik aufstocken. Entsprechende Ansinnen haben die beiden Konkurrenzfirmen angekündigt. Mittelfristig müssten sich die GaustadterInnen also auf drei Sendestationen (von Vodafone, O2 und T-Mobile) mit jeweils sechs Sendeanlagen (3 GSM + 3 UMTS) gefasst machen, wenn sich Brauereibesitzer Wörner nicht noch eines Besseren besinnt. Doch dieser zeigte sich bisher ziemlich unbeeindruckt von den Einwänden der BürgerInnen. Inzwischen hat sich auch der Bürgerverein eingeschaltet und appelliert nun an Wörner, den Gaustadter BürgerInnen keine zusätzlichen Antennen zuzumuten. Den gleichen Appell richtet der Bürgerverein übrigens auch an alle anderen Haus- und Grundbesitzer.

Vielerorts sind Betroffene sogar bereit, vor Gericht zu ziehen. Auch in Bamberg sind einige Klagen gegen bestehende Anlagen anhängig, über die aber an dieser Stelle nicht detailliert berichtet werden kann. Die Aussichten solcher Gerichtsprozesse sind durchaus fragwürdig. Erst im Februar 2004 hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine Klage zurückgewiesen, mit der Begründung, die bestehenden Grenzwerte seien nicht in Frage zu stellen, und im Bereich dieser Grenzwerte arbeitende Anlagen deshalb nicht zu beanstanden. Das ist der aktuelle Rechtsstand, der aber wiederum keinen Anspruch auf ewige Gültigkeit hat, denn die Rechtssprechung entwickelt sich bekanntlich weiter.


Hohenlohestraße (Bamberg Süd-West)

Bezeichnend ist in einem anderen Fall die Reaktion einer Betreiberfirma auf die Klage von Anwohnern. Das Unternehmen bot schriftlich an, die fragliche Antenne abzubauen und sämtliche Rechtsanwaltskosten zu übernehmen, wenn die Klage zurückgezogen würde. Die Sorge der Mobilfunkgesellschaften um ihr öffentliches Image scheint also recht groß zu sein.

Bamberger Ärzte-Appell

Inzwischen greifen nicht nur Bürger und Bürgerinnen das Thema auf. 130 Bamberger Ärzte und Ärztinnen haben den überregional Aufsehen erregenden "Bamberger Mobilfunk-Appell" unterzeichnet, mit dem sie aus medizinischer Sicht einen Ausbaustopp für das Mobilfunknetz fordern und zu einem vorsichtigen Umgang mit Handys auffordern. Die katholische Kirche hat beschlossen, dass auf Liegenschaften des Erzbistums Bamberg keine Antennenanlagen errichtet werden dürfen. Eine ähnliche Direktive gibt es zwar bei der evangelischen Kirche nicht, im Dekanat Bamberg hat man den Betreiberfirmen aber bisher keine Dächer zur Verfügung gestellt.

Dass solch bespielhaftes Verhalten auch Nachahmung findet, zeigt ein Schreiben des neuen Welcome-Hotels an der Konzerthalle. Die dortige Bürgerinitiative hatte angefragt, ob denn das Welcome-Hotel einer Antenne auf seinem Gebäude zustimmen würde. Die Antwort der Geschäftsleitung war eindeutig: Der Stadtratsbeschluss und die Entscheidung des Oberbürgermeisters, keine Sendeanlagen auf städtischen Liegenschaften zuzulassen, sei "wegweisend". Eine "eventuelle Anfrage" würden die Hotelchefs deshalb "abschlägig bescheiden".

Folgen am Immobilienmarkt

Auch im Bamberger Immobilienmarkt spielt Mobilfunk eine Rolle. Eine kleine (nicht repräsentative) Umfrage der gaz-Redaktion ergab, dass alle befragten Makler sich teilweise intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Die Haltung der Immobilienkäufer stellt sich nach ihrer Aussage unterschiedlich dar: Einige haben die Erfahrung gemacht, dass bei einer Sendeanlage in unmittelbarer Nähe oder gar in Sichtweite des Kaufobjekts ein beträchtlicher Teil der Kunden (geschätzt 40%) von vorneherein abwinkt und kein weiteres Interesse mehr hat. Allein durch diese Verringerung des Interessentenkreises sei ein merklicher Wertverlust der Immobilie festzustellen. Doch auch Resignation scheinen die Maklerkunden an den Tag zu legen: Egal wo man kaufe, man könne einer Strahlenbelastung ohnehin nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausweichen, so eine häufige Reaktion. Von konkreten Einzelfällen, in denen Mobilfunk eine kaufentscheidende Rolle gespielt hat, wussten alle Makler zu berichten. Dass man beim Verkauf von standortnahen Häusern von vorneherein einen Abschlag auf den Verkaufspreis machen müsse, bestätigte die Hälfte der Befragten; die übrigen sahen keine direkten Auswirkungen.


Siemensstraße

Der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen warnte jedenfalls vor drohenden Mietverlusten und riet allen Vermietern, die ihr Dach für Antennen hergeben wollen, sich in ihren Verträgen mit den Mobilfunkfirmen ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumen zu lassen. Außerdem sollten sie sich derart absichern, dass eventuelle Mietminderungsansprüche der betroffenen Hausbewohner von den Mobilfunkfirmen beglichen werden.

 

 

 

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