Visionslose Stahlhelme
Öha: Da hat offensichtlich jemand an einem Tabu
gekratzt. Gemessen an den Aufgeregtheiten in den Leserbriefspalten
des FT darf man in Bamberg eines ganz gewiss nicht: über die
Zukunft der US-Garnison reden, geschweige denn über die
Perspektiven ohne Garnison auch nur nachdenken.
Um zwei Vorwürfe an die GAL geht es vor allem:
1. Der Abzug der Amis werde Bamberg
wirtschaftlich schaden.
Selbst wenn dies so wäre: Ist es ein Grund, nicht
darŸber nachzudenken? Eher ist es umgekehrt: Wer sich weigert,
diese Möglichkeit überhaupt in Erwägung zu ziehen, wird hilf-
und konzeptlos dastehen, wenn es denn wirklich so weit ist. Vor 13
Jahren war man da schon mal weiter...
2. Das Nachdenken über einen US-Abzug gefährde
die deutsch-amerikanische Freundschaft.
Ein peinliches Argument und mit liebedienerischem
Kotau vorgetragen. Dabei macht sich keiner die Mühe zu fragen,
wer denn eigentlich in letzter Zeit diese Freundschaft gefŠhrdet
hat: War es ein GAL-Stadtrat, der sich erdreistet, über die
Zukunft Bambergs nachzudenken? Oder war es eine US-amerikanische
Regierung, die die Weltöffentlichkeit und ihre “Freunde“ in
atemberaubend schamloser Weise über die vorgeblichen Gründe
eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs getäuscht hat?
Verloren zu gehen droht bei dieser
Auseinandersetzung ein ganz anderer Aspekt: Könnte ein Bamberg
ohne Militär nicht sogar an Lebensqualität gewinnen? Für die städtische
Pressestelle eine abwegige Frage: Sie jubelt die Militär-Garnison
gar zu einem “Teil der Bamberger Stadtidentität“ hoch. Die
– wie ich meine: meisten – Bamberger erleben sie jedoch als
einen Fremdkörper, als einen “Stachel im Fleisch“ Bambergs.
Im Gegensatz zu den Stahlhelmen im Rathaus können
wir uns deshalb ein Bamberg ohne Garnison, ohne Panzer im
Hauptsmoorwald, ohne Schießlärm in Bamberg-Ost, ohne einen mit
Mauern und Stacheldraht bewehrten “Staat in der Stadt“ sehr
wohl vorstellen.
G.R.
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