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Bamberg - die Stadt der "Gutverdienenden"

Gestank droht mit Abwanderung

Anpassungsfähiger Landschaftsschutz

 

Bamberg - die Stadt der "Gutverdienenden"

Gutverdienende sind zwar nicht unterstützungsbedürftig, dafür aber unterstützungswürdig. Das belegt ein Beschluss des Bausenats vom 15. September 1999. In nichtöffentlicher Sitzung stimmte die Mehrheit der Senatsmitglieder (gegen die Stimmen der GAL) einem Verwaltungsvorschlag zu, sechs städtische Bauplätze ohne öffentliche Ausschreibung zu verkaufen. In der Sitzung begründete der Wirtschafts- und Rechtsreferent Robert Gegenfurtner sein Ansinnen damit, "Gutverdienende in Bamberg zu halten, bzw. als Neubürger zu gewinnen". Das Amt für Wirtschaft holte sich also die Genehmigung dafür, die Bauplätze "bei entsprechender Gelegenheit ohne sonst übliche Ausschreibung und ohne Anwendung des Sozialen Punktekataloges (...) anbieten und nach entsprechender Genehmigung durch den Bausenat kurzfristig veräußern zu können".

Mit anderen Worten: Rare Grundstücke in bester Lage werden neuerdings nicht mehr öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben, sondern nur noch einem ausgewählten Personenkreis mit prallem Portemonnaie zugeschanzt.

Gestank droht mit Abwanderung

An der Pödeldorfer Straße, Ecke Brennerstraße, stinkt’s - süßlich-giftig nach lösemittelhaltigen Lacken - und das schon jahrzehntelang. Seit nunmehr zehn Jahren appelliert die Stadt Bamberg in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen an die Firmenleitung des Tubenherstellers Kaufmann & Sohn, die bedenklichen Schadstoffemissionen abzustellen. Aber bis heute hat die Firma immer noch nicht alle erteilten Auflagen umgesetzt, sondern formuliert in ebenso regelmäßigen Abständen vertröstende und hinhaltende Stellungnahmen - und verstößt weiter gegen die Auflagen aus dem geltenden Baubescheid von 1990.

Neuerdings droht Kaufmann & Sohn mit Abwanderung ins Bamberger Umland. Und die Stadtspitze bekommt erwartungsgemäß bei dieser Drohung sofort weiche Knie, denn den weiteren Verlust eines Arbeitgebers und Gewerbesteuerzahlers will OB Lauer nicht auch noch auf seine Kappe nehmen. Also lässt sich das Rathaus, und insbesondere der auf Antrag der GAL immer wieder damit befasste Umweltsenat weiter hinhalten und wartet ab - in der Hoffnung, das Unternehmen möge tatsächlich umziehen, aber nicht ins Umland, sondern innerhalb der Bamberger Stadtgrenzen. Es würde verhandelt und verschiedene Standort-Angebote lägen auf dem Tisch, heisst es am Maxplatz. KritikerInnen möchten sich doch bitte ruhig verhalten, die "gewisse Geruchsbelästigung" für die Anwohnenden sei bis zu einer endgültigen Klärung schon noch hinnehmbar.

Doch ob das mit den Auswanderungsplänen tatsächlich so ernst zu nehmen ist, bleibt fraglich. Der Architekt Bernhard Wittmann, Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, hat seit Jahren wegen der anhaltenden Schadstoffausstöße Nachteile für die Nutzung seiner Gebäude und schaltete deshalb eine Rechtsanwältin ein. Er erwägt rechtliche Schritte gegen die Stadt, die auf eine Einhaltung der Bauauflagen zu achten hat. Vor kurzem erhielt Wittmann ein Schreiben von Kaufmann & Sohn, in dem allerdings mit keiner Silbe von einem baldigen Umzug die Rede ist. Dabei wäre doch mit dem Hinweis, dass man in allernächster Zeit sowieso die Produktion einstellen werde, der Nachbar sicher leicht zu beruhigen gewesen. Es deutet also einiges darauf hin, dass der Tubenhersteller weiterhin nur daran interessiert ist, Zeit zu schinden und Ausgaben für zusätzliche Reinigungsfilter und Produktionsumstellungen zu sparen.

Der Umweltsenat beschäftigt sich im Mai wieder mit dem Thema. Hoffentlich erinnert sich CSU-Stadtrat Werner Hipelius dann noch an seinen Redebeitrag aus der nichtöffentlichen Sitzung im November, als er ankündigte, die Geduld seiner Fraktion sei nach dieser neuerlichen Vertröstung endgültig am Ende, dann müsse endlich gehandelt werden. Über diese Unterstützung würden sich nicht nur die GAL, sondern bestimmt auch die Anwohner und Anwohnerinnen freuen.

Für das Lexikon der Geschmacklosigkeiten geeignet ist der Ausspruch von Stadtrat und Arzt Dr. Helmut Täuber (ÜBG) bei der Debatte um den Schadstoffausstoß von Kaufmann & Sohn: Das sei ja nur eine Geruchsbelästigung, so der ÜBG-Mann, für manche, wie eben die Schnüffler, sei das ja sogar angenehm.

Anpassungsfähiger Landschaftsschutz

Aufgrund des Bayerischen Naturschutzgesetzes werden Landschaftsschutzgebiete (LSG) ausgewiesen, bestimmte Naturflächen vor unerwünschter zerstörender Nutzung, z.B. Bebauung, zu schützen. Das gilt allerdings nur so lange, bis jemand eine solche Nutzung des jeweiligen Gebiets wünscht. Tritt dieser Wunsch nämlich auf, so zeigt sich der eigentliche Wert von Landschaftsschutzgebieten: Sie stehen bei Bedarf zur Änderung, sprich Verkleinerung, schnell zur Verfügung.

So geschehen auf den Flächen der US-Armee am Ende der Zollnerstraße, wo vor kurzem durch die Stadt das Neubaugebiet Kastanienstraße (Einfamilienhäuser für Armeeangehörige) ausgewiesen wurde. Eben dieses Gebiet gehörte bis dato eigentlich noch zum Landschaftsschutzgebiet Hauptsmoorwald. Aber das störte weder Stadtplaner noch Stadtratsmehrheit. Denn die Grenzen des Landschaftsschutzgebietes Hauptsmoorwald werden derzeit sowieso neu gezogen, und da ist es kein Problem, sie den Bauwünschen der Amerikaner anzupassen. Im Sitzungsvortrag des Umweltsenats hieß es denn auch lapidar: Es werde "die Neuabgrenzung bis zum Frankenschnellweg zurückgenommen, weil z.T. im rechtskräftigen LSG intensive Nutzungen durch die US-Armee bestehen bzw. geplant sind und ein LSG-Status rechtlich (nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz) und fachlich dort kaum haltbar ist."

Fazit: Es werden also zuerst Fakten geschaffen und dann die rechtliche Lage diesen Tatsachen angepasst. Funktioniert Landschaftsschutz nur dort, wo sowieso keine Gefahr droht?