Seit Wochen geht Oberbürgermeister Herbert Lauer in der Öffentlichkeit
mit diversen Erfolgsbilanzen seiner Amtszeit hausieren. Das ist legitim. Die gaz
misst den Amtsinhaber an den Versprechungen*) des
Kandidaten Herbert Lauer, der seinen damaligen Wahlkampf unter das Leitmotiv
"Vertrauen" stellte.
(Alle Zitate sind nachfolgend kursiv hervorgehoben.)
1. Verkehrspolitik
"Für das Berggebiet könnte die Verwirklichung des
Stucke-Gutachtens eine Verbesserung der Situation bewirken. Wenn die Mehrheit der Bürger
im Berggebiet sich dafür gewinnen lässt, bin ich für den vorgeschlagenen Versuch. Ich
werde dafür werben."
Lauer hat weder für das Stucke-Konzept geworben, noch hat er sich
für dessen Realisierung eingesetzt. Im Gegenteil: In der Verkehrspolitik hat er sich
immer mehr der Position der CSU (keine Verkehrsberuhigung, sondern neue Straßen und
Parkhäuser) angenähert. "Höhepunkt" dieses Wandlungsprozesses war sein
Vorschlag, eine landschafts- und naturzerstörende Straße durch den Ottobrunnen zu bauen.
2. ICE-Strecke Nürnberg-Erfurt
"Ich stehe dem Projekt (...) sehr skeptisch gegenüber. Wenn der
Wirtschaftsraum Bamberg letztlich nur Transitstrecke ist, kann man nicht viel
erwarten."
Aus dem ICE-Skeptiker Lauer wurde binnen weniger Jahre der glühende
Befürworter dieser - durch die rot-grüne Bundesregierung glücklicherweise verhinderten
- unwirtschaftlichen und zudem naturzerstörerischen Strecke. Der wohl größte
"Umfaller" in Lauers Amtszeit.
3. Zusammenarbeit mit dem Bamberger Umland
"Meine guten Kontakte zum Umland möchte ich nutzen, um zunächst
den Umdenkungsprozess im Sinne von mehr Miteinander voranzubringen und dann z.B. über
eine kommunale Arbeitsgemeinschaft zu einem Gewerbeflächenzweckverband zu kommen. Es muss
sowohl bei der Standortwerbung als auch bei der Planung und Gewerbeansiedlung
zusammengearbeitet werden."
Bei der Zusammenarbeit mit dem Umland gibt es Erfolge, allerdings
nicht auf Betreiben Lauers. Das gemeinsam mit dem Landkreis realisierte Gründerzentrum
und die Gründung des Zweckverbands Gymnasien - letzteres eine alte GAL-Forderung - sind
gewiss positiv zu bewerten. Die erfreulichen ersten Ansätze für eine Zusammenarbeit mit
der Stadt Hallstadt bei der weiteren Entwicklung des Laubangers stagnieren bereits wieder.
Grund: Eitelkeiten auf beiden Seiten wie eh und je. Und von einem
Gewerbeflächenzweckverband und einem gemeinsamen Standortmarketing sind wir unter Lauers
Regie noch Lichtjahre entfernt.
4. Klimaschutz und Umweltpolitik
"Wenn der Beitritt zum Klimabündnis nicht nur eine Geste bleiben
soll, sind größere Anstrengungen nötig. (...) Die Stadtwerke müssen (...) den
sparsamen Energieeinsatz, die Umstellung auf umweltfreundliche erneuerbare Energieträger
sowie energiesparende Technologien durch Beratung, eigenes Engagement und entsprechende
Tarifgestaltung fördern. (...) Umweltschutz ist Zukunftspolitik."
Das glatte Gegenteil ist eingetreten: Der Umweltschutz fristet unter
Lauer ein Schattendasein. Das Umweltreferat würde er am liebsten ganz abschaffen.
Fortschritte beim Klimaschutz sind weder im Verkehrsbereich noch im "eigenen
Haus" (Stichwort: Energieeinsparung durch kommunales Gebäudemanagement) spürbar.
Beim Agenda 21-Prozess sitzt der größte Bremser im OB-Sessel. Und die Stadtwerke hat
Lauer teilweise an die Bayernwerk-Tochter EVO verkauft. Damit sind sie als wohl
wichtigstes Instrument einer umweltverträglichen kommunalen Energiepolitik verloren.
5. Die schlechten städtischen Finanzen
"Vieles davon ist hausgemacht. So müssen u.a. für viele
Investitionen der vergangenen Jahre Schuldendienst und Folgekosten bezahlt werden. (...)
Es besteht die Gefahr, dass die Einnahme-Ansätze für den Stadthaushalt 1994
unrealisitisch hoch angesetzt worden sind. (...) Gespart werden muss (...) durch viele
kleine Maßnahmen: z.B. weniger Repräsentation und Verzicht auf teure
Großveranstaltungen."
Bei der Sanierung der maroden städtischen Finanzen ist Lauer auf der
ganzen Linie gescheitert. Der Schuldenberg der Stadt Bamberg wächst schier unaufhaltsam
weiter. Bei den Repräsentationsausgaben hat Lauer nur spärliche Kürzungsversuche
gemacht. Großveranstaltungen wie die Andechs-Meranier-Ausstellung haben immense Defizite
eingefahren. Und die Groß-Sanierung des Theaters wird den Stadthaushalt auf Jahre hin mit
Zins- und Tilgungslasten sowie steigenden Betriebskosten belasten.
6. Wohnungspolitik
"Zur notwendigen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt kann die Stadt
selbst in Zusammenarbeit mit den Wohnungsbaugesellschaften beitragen: z.B. indem sie ihre
Förderleistungen verbessert, günstiges Bauland zur Verfügung stellt (...). In den
Bebauungsplänen sollte die Stadt einen bestimmten Anteil von Sozialwohnungen
festsetzen."
Mit der Realisierung des Wohnbauland-Modells auf dem
"Usselmann-Gelände" hat Lauer zwar dazu beigetragen, günstiges Bauland für
Bamberger Familien anzubieten - allerdings an einer städteplanerisch dafür ungeeigneten
Stelle. Die Forderung nach einem bestimmten Anteil von Sozialwohnungen in neuen
Bebauungsplänen wurde dagegen nur beim Neubauprojekt der St.-Joseph-Stiftung auf dem
Robert-Mayer-Gelände eingelöst. Umgesetzt ist sie auch dort noch nicht - weil Lauer die
städtischen Zuschüsse für den Bau der Sozialwohnungen sparen will.
7. Sozialpolitik
"Durch eine abgestimmte Sozialplanung können z.B. Einsparungen
durch Koordinierung/Vernetzung der professionellen Dienste erzielt werden. Für eine
menschliche Gesellschaft ist es wichtig, dass auch Selbsthilfeaktivitäten und
bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich gefördert werden."
Von einer "abgestimmten Sozialplanung" kann in Bamberg
leider nicht die Rede sein. Der Altenhilfeplan ist Stückwerk geblieben. Eine Untersuchung
der konkreten Lage älterer Bürger/innen in den einzelnen Stadtteilen wurde nicht
durchgeführt. "Versorgt" wurden lediglich die Träger der stationären
Altenhilfe, die für ihre Planungen jetzt Investitonssicherheit haben. Modellhafte
Selbsthilfeaktivitäten wie die "Koordinationsstelle für Selbsthilfegruppen"
(KOS) wurden unter Lauer nicht ausreichend gefördert und mussten ihre Arbeit einstellen.
Fazit: Unter dem Strich bleibt eine laue Bilanz: Unter Lauer hat sich zwar
das Klima im Stadtrat verbessert, er blieb aber ein blasser Verwaltungsbürokrat ohne
echtes politisches Profil, ein OB des Mittelmaßes. Mit der Aufgabe, Bamberg in
schwierigen Zeiten ins 21. Jahrhundert zu führen, ist er deutlich überfordert.
*)
Alle kursiven Zitate Lauers sind wortgetreu und stammen aus Wahlkampfveröffentlichungen
des Jahres 1994.
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