GAL BAMBERG

 zum gaz-Archiv

 

 

Bremser im OB-Sessel: 
Sechs Jahre Lauer - Eine laue Bilanz

 

Seit Wochen geht Oberbürgermeister Herbert Lauer in der Öffentlichkeit mit diversen Erfolgsbilanzen seiner Amtszeit hausieren. Das ist legitim. Die gaz misst den Amtsinhaber an den Versprechungen*) des Kandidaten Herbert Lauer, der seinen damaligen Wahlkampf unter das Leitmotiv "Vertrauen" stellte. 
(Alle Zitate sind nachfolgend kursiv hervorgehoben.)

1. Verkehrspolitik

"Für das Berggebiet könnte die Verwirklichung des Stucke-Gutachtens eine Verbesserung der Situation bewirken. Wenn die Mehrheit der Bürger im Berggebiet sich dafür gewinnen lässt, bin ich für den vorgeschlagenen Versuch. Ich werde dafür werben."

Lauer hat weder für das Stucke-Konzept geworben, noch hat er sich für dessen Realisierung eingesetzt. Im Gegenteil: In der Verkehrspolitik hat er sich immer mehr der Position der CSU (keine Verkehrsberuhigung, sondern neue Straßen und Parkhäuser) angenähert. "Höhepunkt" dieses Wandlungsprozesses war sein Vorschlag, eine landschafts- und naturzerstörende Straße durch den Ottobrunnen zu bauen.

2. ICE-Strecke Nürnberg-Erfurt

"Ich stehe dem Projekt (...) sehr skeptisch gegenüber. Wenn der Wirtschaftsraum Bamberg letztlich nur Transitstrecke ist, kann man nicht viel erwarten."

Aus dem ICE-Skeptiker Lauer wurde binnen weniger Jahre der glühende Befürworter dieser - durch die rot-grüne Bundesregierung glücklicherweise verhinderten - unwirtschaftlichen und zudem naturzerstörerischen Strecke. Der wohl größte "Umfaller" in Lauers Amtszeit.

3. Zusammenarbeit mit dem Bamberger Umland

"Meine guten Kontakte zum Umland möchte ich nutzen, um zunächst den Umdenkungsprozess im Sinne von mehr Miteinander voranzubringen und dann z.B. über eine kommunale Arbeitsgemeinschaft zu einem Gewerbeflächenzweckverband zu kommen. Es muss sowohl bei der Standortwerbung als auch bei der Planung und Gewerbeansiedlung zusammengearbeitet werden."

Bei der Zusammenarbeit mit dem Umland gibt es Erfolge, allerdings nicht auf Betreiben Lauers. Das gemeinsam mit dem Landkreis realisierte Gründerzentrum und die Gründung des Zweckverbands Gymnasien - letzteres eine alte GAL-Forderung - sind gewiss positiv zu bewerten. Die erfreulichen ersten Ansätze für eine Zusammenarbeit mit der Stadt Hallstadt bei der weiteren Entwicklung des Laubangers stagnieren bereits wieder. Grund: Eitelkeiten auf beiden Seiten wie eh und je. Und von einem Gewerbeflächenzweckverband und einem gemeinsamen Standortmarketing sind wir unter Lauers Regie noch Lichtjahre entfernt.

4. Klimaschutz und Umweltpolitik

"Wenn der Beitritt zum Klimabündnis nicht nur eine Geste bleiben soll, sind größere Anstrengungen nötig. (...) Die Stadtwerke müssen (...) den sparsamen Energieeinsatz, die Umstellung auf umweltfreundliche erneuerbare Energieträger sowie energiesparende Technologien durch Beratung, eigenes Engagement und entsprechende Tarifgestaltung fördern. (...) Umweltschutz ist Zukunftspolitik."

Das glatte Gegenteil ist eingetreten: Der Umweltschutz fristet unter Lauer ein Schattendasein. Das Umweltreferat würde er am liebsten ganz abschaffen. Fortschritte beim Klimaschutz sind weder im Verkehrsbereich noch im "eigenen Haus" (Stichwort: Energieeinsparung durch kommunales Gebäudemanagement) spürbar. Beim Agenda 21-Prozess sitzt der größte Bremser im OB-Sessel. Und die Stadtwerke hat Lauer teilweise an die Bayernwerk-Tochter EVO verkauft. Damit sind sie als wohl wichtigstes Instrument einer umweltverträglichen kommunalen Energiepolitik verloren.

5. Die schlechten städtischen Finanzen

"Vieles davon ist hausgemacht. So müssen u.a. für viele Investitionen der vergangenen Jahre Schuldendienst und Folgekosten bezahlt werden. (...) Es besteht die Gefahr, dass die Einnahme-Ansätze für den Stadthaushalt 1994 unrealisitisch hoch angesetzt worden sind. (...) Gespart werden muss (...) durch viele kleine Maßnahmen: z.B. weniger Repräsentation und Verzicht auf teure Großveranstaltungen."

Bei der Sanierung der maroden städtischen Finanzen ist Lauer auf der ganzen Linie gescheitert. Der Schuldenberg der Stadt Bamberg wächst schier unaufhaltsam weiter. Bei den Repräsentationsausgaben hat Lauer nur spärliche Kürzungsversuche gemacht. Großveranstaltungen wie die Andechs-Meranier-Ausstellung haben immense Defizite eingefahren. Und die Groß-Sanierung des Theaters wird den Stadthaushalt auf Jahre hin mit Zins- und Tilgungslasten sowie steigenden Betriebskosten belasten.

6. Wohnungspolitik

"Zur notwendigen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt kann die Stadt selbst in Zusammenarbeit mit den Wohnungsbaugesellschaften beitragen: z.B. indem sie ihre Förderleistungen verbessert, günstiges Bauland zur Verfügung stellt (...). In den Bebauungsplänen sollte die Stadt einen bestimmten Anteil von Sozialwohnungen festsetzen."

Mit der Realisierung des Wohnbauland-Modells auf dem "Usselmann-Gelände" hat Lauer zwar dazu beigetragen, günstiges Bauland für Bamberger Familien anzubieten - allerdings an einer städteplanerisch dafür ungeeigneten Stelle. Die Forderung nach einem bestimmten Anteil von Sozialwohnungen in neuen Bebauungsplänen wurde dagegen nur beim Neubauprojekt der St.-Joseph-Stiftung auf dem Robert-Mayer-Gelände eingelöst. Umgesetzt ist sie auch dort noch nicht - weil Lauer die städtischen Zuschüsse für den Bau der Sozialwohnungen sparen will.

7. Sozialpolitik

"Durch eine abgestimmte Sozialplanung können z.B. Einsparungen durch Koordinierung/Vernetzung der professionellen Dienste erzielt werden. Für eine menschliche Gesellschaft ist es wichtig, dass auch Selbsthilfeaktivitäten und bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich gefördert werden."

Von einer "abgestimmten Sozialplanung" kann in Bamberg leider nicht die Rede sein. Der Altenhilfeplan ist Stückwerk geblieben. Eine Untersuchung der konkreten Lage älterer Bürger/innen in den einzelnen Stadtteilen wurde nicht durchgeführt. "Versorgt" wurden lediglich die Träger der stationären Altenhilfe, die für ihre Planungen jetzt Investitonssicherheit haben. Modellhafte Selbsthilfeaktivitäten wie die "Koordinationsstelle für Selbsthilfegruppen" (KOS) wurden unter Lauer nicht ausreichend gefördert und mussten ihre Arbeit einstellen.

Fazit: Unter dem Strich bleibt eine laue Bilanz: Unter Lauer hat sich zwar das Klima im Stadtrat verbessert, er blieb aber ein blasser Verwaltungsbürokrat ohne echtes politisches Profil, ein OB des Mittelmaßes. Mit der Aufgabe, Bamberg in schwierigen Zeiten ins 21. Jahrhundert zu führen, ist er deutlich überfordert.

*)
Alle kursiven Zitate Lauers sind wortgetreu und stammen aus Wahlkampfveröffentlichungen des Jahres 1994.