Stellen Sie sich vor, Sie fühlen sich krank. Sie gehen zum Arzt, die
Symptome sind eindeutig, eine sichere Diagnose ist schnell gefunden. Sie erwarten
selbstverständlich sofortige Behandlung, damit Sie bald wieder gesund sind. Aber es
passiert das Gegenteil. Der Arzt will die pathologischen Befunde erst einmal mit Kollegen
besprechen, er muss Niederschriften anfertigen, Therapievorschläge bei seinen
Vorgesetzten einreichen, weitere Untersuchungen veranlassen, Gutachten in Auftrag geben
usw. Die Zeit vergeht - und Sie fühlen sich immer kränker.
Die Patientin, der auf diese Weise übel mitgespielt wird, ist unsere
Stadtluft - und Mitleidende sind wir alle, die wir sie täglich einatmen müssen.
Die Stadtluft ist krank - krank von einem Übermaß an Ruß und Benzol,
das wir ihr täglich durch Autoabgase zumuten. Krank werden aber auch die Menschen, die an
Straßen mit besonders hoher Schadstoffkonzentration wohnen. Benzol in der Atemluft und in
der Nahrung kann auch in kleinsten Mengen Leukämie und andere bösartige Neubildungen der
lymphatischen und blutbildenden Organe auslösen. Um das Risiko zu begrenzen, darf
momentan in Deutschland ein Wert von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht
überschritten werden (ab 2010 gilt europaweit ein Grenzwert von 5 m g/m³). Nach derzeitigem Wissensstand rechnet man bei
diesem Grenzwert mit zehn zusätzlichen Krebskranken auf 100.000 Menschen, die
lebenslänglich so viel Benzol einatmen. Bei Dieselruß muss beim jetzigen Grenzwert von 8
m g/m³ mit zusätzlich 56 Lungenkrebskranken auf
100.000 exponierte Personen gerechnet werden. Wohlgemerkt: Man nimmt schon bei Einhaltung
dieser Werte schwer kranke und sterbende Menschen in Kauf.
Diese Grenzwerte sind an elf Stellen in der Bamberger Innenstadt
überschritten. Dort wohnen Menschen. Diese Menschen sind in Gefahr. Um sie zu schützen,
muss die Stadtluft in Bamberg wieder gesund werden. Eine Therapie ist mehr als
überfällig.
Was wir jetzt dringend brauchen:
mutige
StadträtInnen in allen Parteien, die aus Verantwortungsgefühl für die AnwohnerInnen
auch einschneidenden und zunächst vielleicht unpopulären Maßnahmen zustimmen, und die
jegliches zusätzliches Verkehrsaufkommen ablehnen.
tüchtige
VerkehrsplanerInnen, die Therapievorschläge vorlegen und zügig ausführen.
InnenstadtbewohnerInnen,
die eine starke Lobby für die Gesundheit der Menschen aufbauen.
zahlreiche
ÄrztInnen, die ihre Aufgabe Krankheiten zu verhüten engagiert wahrnehmen.
Wir brauchen aber auch den Mut, offen auszusprechen: Die Autoabgase
gefährden uns - wir müssen gemeinsam der Gefahr begegnen.
Dr. Cornelia Waldmann-Selsam ist praktische Ärztin. Zusammen mit
anderen Betroffenen, BürgerInnen und ÄrztInnen hat sie die "Interessengemeinschaft
Gesundes Bamberg" gegründet.
Kontakt über Telefon 0951 - 12300.
|