Interview mit Ursula Sowa,
Kandidatin der Grün-Alternativen Liste (GAL) für das Amt der Oberbürgermeisterin, über
die Vernunft als Mittel der Politik, neue Arbeitsplätze in Bamberg, grüne Politik und
effektive BürgerInnenbeteiligung sowie ihr Amtsverständnis.
gaz: Warum kandidiert Ursula Sowa für das Amt der
Oberbürgermeisterin?
Sowa: Der jetzige Amtsinhaber ist damals als
"unabhängiger" Kandidat ins Rennen gegangen und wollte sachorientierte Politik
machen. Das schien viel versprechend, aber jetzt geht es ihm nur noch um den Machterhalt,
und dafür hat er sich bei der CSU angebiedert...
gaz: ...und seine Unabhängigkeit verloren?
Sowa: Ja, aber das war absehbar. Mit einer klaren Gegenposition will ich
dem wankelmütigen und zaghaften Oberbürgermeister Entschiedenheit entgegensetzen. Bei
mir wissen die Menschen, woran sie sind: Ich vertrete grüne Politik und gehe keine
Koalitionen ein, aus falsch verstandener Eitelkeit.
gaz: Das
Parteibuch fehlt Ihnen aber auch.
Sowa: Das stimmt. Ich bin kein eingetragenes Mitglied bei Bündnis
90/Die Grünen. Das ist aber gar nichts Besonderes. Die GAL hat schon immer Wert darauf
gelegt, dass auch Menschen ohne Parteibuch in ihre Politik mit einbezogen werden. In der
GAL-Fraktion im Stadtrat fühle ich mich sehr wohl. Und übrigens sind bei uns sogar drei
von fünf StadträtInnen keine Grünen-Mitglieder.
gaz: Seit
1990 sind Sie Stadträtin in Bamberg, seit zwei Jahren führen Sie die Fraktion an. Auf
welche Erfolge können Sie verweisen?
Sowa: Die GAL in Bamberg hat in sehr vielen Bereichen eine
Vorreiterrolle eingenommen. Zum Beispiel bei der Mülltrennung, bei verkehrsberuhigenden
Maßnahmen, bei der Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Ökologisches
Bauen in Bamberg ist ebenfalls stark mit der GAL verbunden. Und ohne das beharrliche
Engagement der GAL-Frauen gäbe es heute noch keine Frauenkommission. Vieles haben wir
jahrelang eingefordert, nur hat es bei CSU und SPD gedauert, bis diese Forderungen auf
fruchtbaren Boden fielen.
gaz: Die
vergangene Wahlperiode war vom Wechsel geprägt. Auf Paul Röhner folgte Herbert Lauer,
der Stil der politischen Auseinandersetzung veränderte sich zunächst. Wie beurteilen Sie
die Amtszeit von Herbert Lauer?
Sowa: Zunächst hat sich schon etwas geändert. Die GAL wurde
gehört und als gleichwertige Partnerin einbezogen. Es gab nun einen sachlicheren Ton,
wobei manche Abstimmung tatsächlich an der CSU vorbeiging. Aber Lauer hat die sechs Jahre
als Oberbürgermeister leider nicht genutzt, um die Dinge voranzubringen, seine
Ziele einzufordern. Er ist kein Politiker geworden, sondern ein Verwaltungsbeamter
geblieben und dazu noch sehr leicht zu beeinflussen. Lauer lässt sich bei Verhandlungen,
wie es unlängst bei den Multiplex-Kinos deutlich wurde, zu oft über den Tisch ziehen,
und das tut der Stadt nicht gut. Auch wenn es um den Verlust von Arbeitsplätzen geht,
hinkt der Oberbürgermeister hinterher und schaltet sich zu spät ein. Das Klima im
Rathaus hat sich also nicht wirklich verändert.
gaz: Vor
sechs Jahren hat Ihr Gegenkandidat ökologische Gesichtspunkte bei der Stadtentwicklung
angekündigt und von einem Verkehr gesprochen, der im Jahr 2000 stadt- und
menschengerechter sein würde.
Sowa: Die Benzol- und Rußwerte in Bamberg sind so hoch wie noch
nie. Das Landesumweltamt hat die Stadt inzwischen angemahnt, etwas zu unternehmen, doch
der Oberbürgermeister lässt allenfalls Alibi-Maßnahmen beschließen. Die
Verkehrsprobleme sind während Lauers Amtszeit noch größer geworden und bis auf die
Verhinderung der leidigen Bergverbindungsstraße ist nichts passiert.
gaz: Wie
lautet das Programm der Oberbürgermeisterin Ursula Sowa? Wo setzen Sie Schwerpunkte?
Sowa: Ich sehe mein Programm eher als Prozess. Oft kommen die
besten Anregungen aus der Bürgerschaft selbst das würde ich viel ernster nehmen.
Das hilft nämlich auch, vernünftige und bezahlbare Lösungen zu finden., Die Stadt soll
informieren, mobilisieren und zu Ideen und Initiativen ermutigen - die Stadt also in der
Rolle der Moderatorin mit dem Know-how der Verwaltung, das wäre mein Ziel. Auch im
Rathaus müssen Teamgeist und Praxisbezug mehr betont werden.
Ich würde außerdem die Verkehrspolitik sofort in Angriff nehmen und ganz
klare Ziele setzen: Verkehrsberuhigung und Heraushalten des Durchgangsverkehrs aus der
Innenstadt. Vor allem müssen wir endlich die Verkehrsgutachten, die ja nicht gerade
billig waren und nun in den Schubladen im Rathaus liegen, auswerten und schleunigst
umsetzen.
Ganz oben steht
auch die Schaffung von Arbeitsplätzen. Viele Arbeitsplätze sind heute im High Tech- oder
im Umweltbereich zu finden, z.B. Brennstoffzellen- oder Solartechnik, also
Wirtschaftszweige, die Ökonomie und Ökologie vereinen. Um solche Firmen muss die Stadt
offensiv werben. Da reichen schön gemachte Werbebroschüren nicht aus. Die jetzige
Stadtspitze setzt leider nur auf das "Prinzip Hoffnung" und wartet, bis ein
Investor vorbeikommt. Stattdessen muss Bamberg überall dort vertreten sein und Kontakte
knüpfen, wo solche Firmen und Betriebe sich austauschen: auf Konferenzen, Messen,
Tagungen. Die Stadt könnte sogar selbst solche Veranstaltungen hier abhalten.
Ich will natürlich noch in viele andere Politikfelder neuen Schwung
bringen: in den Agenda-Prozess zum Beispiel, der momentan nicht mal Schneckentempo
aufbringt, in der Frauen- und Familienförderung, in der Kultur, oder auch beim
Wohnungsbau oder bei der ökologischen Stadtentwicklung, wo ich ja auch im Stadtrat meinen
Schwerpunkt habe.
gaz: Wie
groß wäre Gestaltungsspielraum einer grün-alternativen Oberbürgermeisterin in Bamberg?
Sowa: Da bin ich zuversichtlich. Denn was Lauer bisher nur
versprochen hat, nämlich sachorientierte Politik zu machen, würde ich beim Wort nehmen
und im Stadtrat vorstellen. Diese Politik muss dabei so fundiert sein, dass sie von allen
mitgetragen werden kann. Ich würde es den Hardlinern im Stadtrat dadurch schwer machen,
weiterhin wider alle Vernunft zu handeln. Das ist in Bamberg leider zu oft passiert. Aber
meiner Politik wird sich keiner entziehen können...
gaz: Wie
hat das politische Bamberg auf Ihre Kandidatur reagiert?
Sowa: Die Reaktionen waren für mich sehr überraschend. Ich habe
nicht nur aus dem eigenen politischen wie privaten Umfeld Unterstützung erhalten, auch im
bürgerlichen Spektrum wurde meine Kandidatur positiv aufgenommen. Der Kreisverband der
ödp unterstützt meine Kandidatur sogar ganz offiziell und engagiert sich auch im
Wahlkampf, worüber ich mich sehr freue. Das alles hat mich für den Wahlkampf zusätzlich
motiviert. Manche Leute, mit denen ich gesprochen habe, sehen mich sogar schon in einer
Stichwahl landen. Es wird also spannend...
Das Interview führte Oliver Gasparini.
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