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Großer Verschiebebahnhof in der Schulstadt Bamberg

Die bayerischen Hauptschüler und Hauptschülerinnen sind die ungeliebten und vernachlässigten Kinder der bayerischen Staatsregierung. Das werden sie demnächst erneut zu spüren bekommen – dann nämlich, wenn rund 470 Teilhauptschulen bayernweit geschlossen werden. Auch in Bamberg wird das große Stühlerücken beginnen – Schulwege werden länger und gefährlicher.

Offiziell wollen CSU-Landtagsmehrheit und Stoiber-Regierung die "Konkurrenzfähigkeit der Hauptschulen stärken", so der Landtagsbeschluss vom 22. Juli 2004. Doch in Wahrheit geht es um Kosteneinsparung. Die rückläufigen Schülerzahlen werden nicht etwa genutzt, um an Hauptschulen eine bessere Förderung durch kleinere Klassen zu gestalten. Vielmehr wird es diese Reform noch leichter machen, möglichst große Klassen zu bilden. So rechnet Finanzminister Faltlhauser im Doppelhaushalt 2005/06 bereits fest mit der Streichung von 500 Hauptschul-LehrerInnenstellen. Und es ist nicht etwa so, dass das gesparte Geld anderweitig zugunsten der Hauptschulen ausgegeben wird.

Weitere Wege – größere Klassen

Auszubaden haben diese Bildungspolitik der CSU die Schüler und Schülerinnen: Sie haben noch längere Schulwege (vor allem in ländlichen Bereich kann das gravierend sein) und sitzen in noch größeren Klassen. Aber auch für die Kommunen bleibt das nicht folgenlos: Sie müssen für höhere Schulbuskosten aufkommen, höhere Gastschulbeiträge an Nachbargemeinden mit weiterbestehenden Hauptschulen zahlen und bleiben auf künftig leer stehenden Schulhäusern sitzen, in deren Ausstattung sie unter Umständen noch vor kurzem investiert haben.

Mit der Umsetzung der Schreibtischbeschlüsse aus München werden die Kommunen allein gelassen. Klar formuliert ist nur, dass "Neubaumaßnahmen vermieden werden" müssen – denn aufgrund des neu in der Verfassung verankerten Konnexitätsprinzips müsste der Freistaat die Kosten dafür übernehmen, und das will die Stoiber-Regierung natürlich keinesfalls.

Folgen für Bamberg

Auch in der Schulstadt Bamberg ist wohl demnächst ein großes Stühlerücken zu erwarten. Das prophezeite Schulamtsdirektorin Gisela Bauern-schmitt in einer Sitzung des Stadtrats. Vier Teilhauptschulen gibt es derzeit in Bamberg: Luitpoldschule, Kunigundenschule und Wunderburgschule bieten nach der Grundschule die Klassenstufen 5 und 6 (TH I); die Heidelsteigschule beherbergt neben den Grundschulklassen auch die Hauptschulklassen 7, 8 und 9 (TH II).

Liest man das Konzept, das das Staatliche Schulamt auf Anweisung der Regierung und mit der Maßgabe "Bildung durchgängiger Hauptschulen" erstellt hat, hat man ohne große Phantasie ein wüstes Durcheinander und Herumwuseln von HauptschülerInnen (und auch von GrundschülerInnen) vor Augen. Schulamtsdirektorin Gisela Bauernschmitt sprach sich denn auch deutlich gegen die geplante Umorganisation aus.

 


Grundschulkinder (hier Wunderburgschule) haben demnächst längere und gefährlichere Wege zu bewältigen. (Foto: Erich Weiß)

 

Die absehbaren Folgen für die Bamberger Schullandschaft sind:

  • Die TH-SchülerInnen aus der Luitpoldschule würden an die Heidelsteigschule verlegt. Nachdem dann dort für die Heidelsteig-Grundschulkinder kein Platz mehr wäre, müssten diese an die Luitpoldschule wechseln. Für viele Kinder würde das einen längeren und gefährlicheren Schulweg bedeuten, vor allem durch die ungesicherte und gefährliche Bahnunterführung. Mit der Auflösung der Luitpold-TH-Schule wäre auch das einzige Ganztagsangebot in Bamberg in Frage gestellt, in das die Stadt erst vor kurzem Geld investiert hat, und überdies wäre die Stadtmitte quasi "hauptschulfrei".

  • Die Kinder aus der Kunigundenschule, die jetzt nach der 4. Klasse noch zwei Jahre dort bleiben können und dann für die 7.,8. und 9. Klasse die Erlöserschule besuchen, müssten schon ab der 5. Klasse dorthin.

  • Die TH-SchülerInnen aus der Wunderburgschule müssten zur Trimbergschule (derzeit Klassen 1 bis 9), die dortigen Grundschulkinder wiederum zur Wunderburgschule. Auch hier negative Auswirkungen auf den Schulweg, der nun in vielen Fällen über den Berliner Ring führt. An der Wunderburgschule wäre daraufhin kein Platz mehr für Diagnose- und Förderklassen, die man nach Vorgaben des Ministeriums (zur Förderung der Integration) hier untergebracht hatte – sie müssten zurück zur Pestalozzischule.
    Ob in der Trimbergschule überhaupt soviel Platz geschaffen werden kann, ist angesichts der schon jetzt bestehenden Raumnot fraglich. Möglicherweise müsste man einige Hauptschulklassen an die Erlöserschule auslagern, aber die muss ja schon die Kunigunden-TH-Schule auffangen und hat auch nicht endlos Platz …

Kurzum: Was die bayerische CSU-Regierung fabriziert, ist rücksichtslose Sparpolitik und schulpolitischer Unfug. Dies als Stärkung der Hauptschulen zu bemänteln, ist eine Frechheit gegenüber allen Betroffenen. Übrigens: Alle CSU-Abgeordneten aus der Region Bamberg (Beck, Müller, Rudrof) haben den Beschluss im Landtag mitgetragen!