Die Stadtratsmehrheit glaubt, Bamberg (und
sich selbst) mit dem Neubau eines Hallenbads am Stadion schmücken
zu müssen. Doch das geplante Spaßbadmonster ist nicht nur teuer,
sondern es würde auch definitiv das Aus für das Hallenbad am
Margaretendamm bedeuten und langfristig auch dem Gaustadter
Freibad den Todesstoß versetzen. Dabei liegen
Alternativvorschläge auf dem Tisch, die kostengünstiger sind,
dezentrale Strukturen bewahren und den Freizeitwert der Stadt
überall und für alle Bamberger und Bambergerinnen sichern.
Betrachtet man Bamberg mal aus der
Vogelperspektive, ist das Stadtgebiet mit Bade- und
Schwimmmöglichkeiten ziemlich gut ausgestattet: Vom Gau-stadter
Bad im Westen bis zum Stadionbad im Osten, vom Hallenbad in der
nördlichen Innenstadt über das kleine Hainbad bis hin zu den
privaten Vereinsbädern in Bug (Schwimmverein und Neptun). Niemand
in Bamberg hat es allzu weit, um seine einfachen Grundbedürfnisse
an sommerlicher Erfrischung und Schwimmmöglichkeiten zu
befriedigen.
Doch diese bescheidene Idylle ist
gefährdet, denn die Bamberger Stadtratsmehrheit holt zum großen
Schlag auf die Bamberger Bäderlandschaft aus. Ziel ist ein neues,
großes und hypermodernes Hallenbad mit Fun-Charakter und
Wellness-Angebot direkt neben dem Stadionbad. 18 bis 20 Millionen
wollen die Mehrheitsfraktionen sich das kosten lassen, von den zu
erwartenden Folgekosten ganz zu schweigen. Dafür will man das
Hallenbad am Margaretendamm möglicherweise abreißen und das
dortige Grundstück als Bauland verkaufen.
Erste Löcher im Bäder-Netz
Wenn diese Pläne umgesetzt
werden, sind fatale Folgen für die Freizeitqualität der Stadt
vorprogrammiert: Weg von einem stadtteil- und alltagsorientierten
Angebot für alle Bürger und Bürgerinnen, hin zum teuren (und
für viele zu teuren) Event-Badeerlebnis am Stadtrand.
Erst in letzter Zeit zeigen zwei
Entscheidungen diesen neuen Trend auf: Das Schwimmbad im
Aufseesianum (Aufseesgasse beim Michelsberg), von vielen Schulen,
Vereinen und Privatlehrkräften für Schwimmkurse genutzt, wurde
wegen Sanierungsbedürftigkeit geschlossen, und die Stadt sah sich
trotz zahlreicher Hilferufe der Betroffenen nicht genötigt, den
Erhalt finanziell zu unterstützen. Dann beschloss der Stadtrat
das Aus für das Stadtbad Geyerswörth – trotz nachhaltiger
Proteste (insbesondere durch die große Resonanz auf die
Handtuch-Sammel-Aktion von GAL-Stadträtin Ulrike Heucken). Die
einstmals städtische Innenstadtsauna wird ersatzlos gestrichen,
die Räume gehen an den Tourismus- und Kongress-Service. Damit
sind zwei kleine und einfache, aber für viele Nutzer und
Nutzerinnen wohnortnahe Einrichtungen verloren gegangen – das
Netz der Bamberger Bäder hat erste Löcher bekommen.
Gaustadter Freibad Opfer des Spaßbadmonsters?
Und so soll es nun weitergehen!
Dem Hallenbad am Kanalufer, das für viele Innenstadt-Bewohner und
-Bewohnerinnen ein wichtiger Freizeitfaktor ist und mit dem Bus
für alle BambergerInnen gut erreichbar ist, droht die
Abrissbirne. Und das, obwohl der typische Bau aus den 60er Jahren
jetzt auch offiziell in die Denkmalliste des Freistaats Bayern
aufgenommen wurde.
Stattdessen soll das Stadionbad
– soeben erst aufwändig und teuer zum Spaßbad saniert – um
ein wiederum aufwändiges und teures Spaßhallenbad erweitert
werden. So viel Spaß ist kaum noch zu ertragen. Zumal sich die
Eintrittspreise, laut Voraussagen der Stadtwerke, verdreifachen
werden. Da werden die Menschen in Bamberg-Ost schlucken, die sich
heute noch verständlicherweise über die neuen Aussichten in
nächster Nähe freuen.
Gaustadter Freibad: Bei einer Umfrage des Bürgervereins
schätzten viele Gäste vor allem günstige Eintrittspreise,
Schlichtheit, idylligsche Lage und Wohnortnähe. (Foto: Erich
Weiß)
Und das Hallenbad wird nicht das
einzige Opfer des Spaßmonsters sein – auch wenn alle
spaßbadfanatischen Stadtratsfraktionen vollmundig das Gegenteil
verkünden: Bei 18-20 Mio Euro Neubaukosten wird für eine
Sanierung des Gaustadter Freibads kein Geld mehr übrig bleiben,
und mag diese auch noch so bescheiden sein. Das einfache
Stadtteilbad mit seinem 50er-Jahre-Charme passt einfach nicht in
den Trend, dem die Mehrheit im Bamberger Rathaus verfallen ist:
Event, Fun und Superlative. Doch damit ist man überhaupt nicht
mehr "trendy", denn die aktuelle Freizeitforschung
stellt zunehmend eine Nachfrage nach kleinen und überschaubaren
Einrichtungen in Wohnortnähe fest.
Statt Event und Fun: einfach baden gehen
Auf diese Weise wird eine
wesentliche Stärke der Bamberger Bäderlandschaft aufgegeben: Das
Bäderangebot ist dezentral, wohnort- und alltagsnah organisiert,
es befriedigt auf einfache Weise die verschiedenen Bedürfnisse
von Bürgern und Bürgerinnen jeden Alters, ist mit
Stadtteilstrukturen mitgewachsen und berücksichtigt auch
Traditionen und emotionale Bindungen. Das zu pflegen, wäre
Aufgabe der Stadt, und nicht, im überregionalen Wettbewerb der
Fun-Freizeitbranche mitzumischen. Zumal jüngste Analysen bereits
auf eine Überfrachtung des oberfränkischen Bäder-Angebots
hinweisen, weshalb die Hoffnung der Stadtwerke auf massenhafte und
zahlungswillige Besucherströme aus dem Umland äußerst
fragwürdig ist.
Nicht nur zusätzlicher Verkehr
aus dem Umland wäre am Stadion neu zu bewältigen, auch
innerstädtisch käme einiges ins Rollen. Die Schulen der
Innenstadt warnen bereits, wie umständlich es ist, für ihre
Schwimmstunden bis zu einem Hallenbad am Stadion zu fahren – mal
abgesehen von den Transportkosten, die der Schulaufwandsträger,
also die Stadt, zu tragen hätte. Man stelle sich auch vor, wie
eine Mutter mit zwei Kindern und Badegepäck sich vom Cherbonhof
auf den Weg zum Stadion macht – bestimmt nicht per Fahrrad, und
vermutlich auch nicht mit dem Bus.
Hallenbad-Sanierung und Naturbad Gaustadt
Dabei gäbe es Alternativen zu den
hochtrabenden Plänen von Neller, Starke & Co. Bereits vor
sieben Jahren ließ die Stadt eine detaillierte Studie zur Zukunft
der Bamberger Bäder erstellen (plafog/Hölzlein, 1998). Darin
wird das Hallenbad am Margaretendamm als technisch
sanierungsbedürftig, aber ausbaufähig bezeichnet, ein Abriss
wird ausdrücklich als "unverhältnismäßig" abgelehnt.
Eine Sanierung mit Attraktivitätssteigerung wurde damals auf 18,5
Mio DM (!) beziffert und dürfte auch heute bei der Hälfte der
Kosten für einen Hallenbadneubaus liegen.
So könnte ein saniertes und attraktiveres Hallenbad aussehen, mit
Außenbecken, Erlebnisbecken, Saunabereich, Rutsche usw. (aus:
Studie Bäderkonzept Bamberg, plafog/Hölzlein, 1998)
Die in der Studie genannten
Maßnahmen klingen verlockend: Kinderplanschbecken,
Großwasserrrutsche, Ruhegalerie und Bistro, Sauna mit Saunagarten
und Saunasee. Außerdem wird ein Warmwasser-Außenbecken mit
Sonnenterrassen hin zum reizvollen Kanalufer vorgeschlagen. Es
handelt sich um angemessene und größtenteils nicht überzogene
Modernisierungsvorschläge, um das zugegebenermaßen leicht
angestaubte und defizitäre Hallenbad sommers und winters
attraktiver zu machen.
Und für das Gaustadter Bad hat
die GAL bereits seit längerer Zeit eine Naturbad-Sanierung
vorgeschlagen. In Naturbädern wird das Wasser nicht mehr durch
Chemie-Zusätze rein gehalten, sondern reinigt sich selbst auf
biologische Weise, indem es ein gesondertes Becken mit speziellen
Wasserpflanzen und –tieren durchläuft. Dadurch können die
jährlichen Betriebskosten um rund 20.000 Euro gesenkt werden.
Eine Generalsanierung des Gaustadter Bads würde (nach Angaben der
Stadtwerke) 2,2 Mio Euro kosten und wäre durchaus finanzierbar.
Frisierte Kostenkalkulationen
Aber mit den Finanzen nimmt es der
Stadtrat mal wieder nicht so genau. Einige führende
Stadtratsmitglieder wollen sich offenbar mit dem Hallenbad ein
Denkmal setzen, koste es, was es wolle – und die Stadtwerke
machen mit. Da werden in groben Kostenprognosen die Zahlen schon
mal so hingerechnet, wie es passt. Die aktuellen Kosten für ein
umfassendes Aufpeppen des Hallenbads am Margaretendamm schätzt
Stadtwerke-Leiter Rubach auf 14 Mio Euro, also um ganze 5 Mio
höher als in der Studie von 1998. Hingegen erwartet er für ein
saniertes Gaustadter Freibad immer noch die gleichen Kosten wie
vor sieben Jahren. Klarer Fall: Eine Hallenbad-Sanierung, die man
nicht will, wird künstlich hochgerechnet, um bessere
Gegenargumente zu haben.
Dagegen gönnen sich Stadtwerke,
Stadtratsmehrheit und OB Lauer bei dem Hallenbad-Neubau
komfortablere Zahlen: Das Grundstück will die Stadt mal eben so
kostenlos zur Verfügung stellen, obwohl dessen Wert
selbstverständlich mit zusätzlichen Millionen in die
Investitonssumme eingerechnet werden müsste. Und bei den
jährlichen Betriebskosten geht man von einer fantastischen
Steigerung der Besucherzahlen um 100% aus, bei einem dreimal
höheren Eintrittspreis.
Doch weiter aufs Glatteis der Fakten wagt sich die
Stadtwerke-Leitung unter Aufsicht von OB Lauer bisher nicht. Ein
Power-Point-Vortrag von Geschäftsführer Rubach, der etwas
detaillierter auf die Finanzen einging, wird unter Verschluss
gehalten. Eine Anfrage der GAL-Fraktion, den Vortrag auf Papier
oder als Datei zur Verfügung zu stellen, wurde abschlägig
beschieden. Und das, obwohl es sich um einen Vortrag in
öffentlicher Stadtratssitzung handelte. Da haben gewisse
führende Köpfe ganz offensichtlich Angst, dass ihnen ihre
Zahlenlogik noch ganz schön um die Ohren fliegt.
Fragwürdige Umfrage
"Sie können mitentscheiden! Ihre Meinung
ist uns wichtig!" So betitelten die Stadtwerke eine
Bürgerumfrage. Abgefragt wurde, was sich die Bürger und
Bürgerinnen für das "neue" Hallenbad wünschen – so
als wäre der Neubau schon fest beschlossene Sache, und so als
wäre das alles keine Frage des Geldes. Vom Sprungturm bis zur
Aqua-Aerobic konnten die Befragten sich quasi per Wunschzettel
alles "bestellen".
Bezeichnenderweise waren nur Wünsche gefragt
– Lob für Bestehendes war nicht erwünscht, Zufriedenheit mit
dem Ist-Zustand konnte nicht angekreuzt werden – kein Raum also
für wunschlos glückliche BürgerInnen. Und schon gar nicht für
kritische! Denn wer sich erhofft hatte, auch über Konsequenzen
mitentscheiden zu dürfen, wurde enttäuscht. Ob man, um den
Neubau zu finanzieren, z.B. alle Baumaßnahmen in Bambergs
Schulhäusern zurückstellen möchte, außerdem auf das
Park-Leit-System und die Kronacher Straße verzichten würde und
dann vielleicht noch Zuschüsse zur Denkmalsanierung sparen
möchte – eine solche Frage wurde nicht gestellt. Ebenso wenig
wie die Frage, wie viel Eintritt man denn zu zahlen bereit wäre.
Bürgerbeteiligung ist eine feine Sache, aber
sie darf nicht von vorneherein einseitig sein.
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