GAL BAMBERG

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Marktorientierung contra Wohlbehagen

Klinikum – quo vadis? Das moderne Gesundheitswesen unterwirft alle Krankenhäuser marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Mechanismen, denen sie sich schwer entziehen können. Doch die Bamberger Sozialstiftung orientiert sich mit Klinikum und Nervenklinik so zielstrebig am "Markt", dass einem um die einfache Gesundheitsvorsorge vor Ort schon Angst und Bange wird.

Wenn der neue Geschäftsführer der Sozialstiftung, Xaver Frauenknecht, über seine "Geschäftspolitik" für das Klinikum spricht, fühlt man sich an ein betriebswirtschaftliches Seminar erinnert:

Da ist von "Umsatzrendite" die Rede, von "Unternehmensstrategie", "-positiven Geschäftsergebnissen" und "Marktanteilerhöhung". -Seine Ziele sind "Prozessoptimierung", denn die führt "zu geringerem Personalbedarf", und eine "Intensivierung der Akquise in Form von Marktpotenzialanalysen". (Alle Zitate aus FT-Artikel vom 4.5.05)

Entsprechend sehen auch die für die nächsten Jahre geplanten Investitionen aus: Sie konzentrieren sich auf technische Ausstattung, Infrastruktur und bauliche Erweiterungen. Beim Personal hingegen wird gespart.

 


Das neue Parkhaus am Klinikum (Foto: Erich Weiß)

 

Reinigungskräfte und Küchenpersonal beschäftigt man schon seit einigen Jahren über eine gesonderte Service-GmbH, damit ihnen nicht die höheren Löhne des öffentlichen Tarifs gezahlt werden müssen.

Die Krankenpflegeschule hat seit 2004 ihre Kurse zur Ausbildung von Krankenschwestern und -pflegern von zwei auf einen jährlich reduziert. Ende 2004 mussten rund 200 Beschäftigte der Sozialstiftung (vor allem im Klinikum) vorübergehend auf Kurzarbeit gehen.

Und vor dem Hintergrund dieser Sparmaßnahmen beim Personal beschloss der Stiftungsrat mehrere – zum Teil millionenschwere – Projekte: Für 2,2 Mio Euro soll die Küche im Klinikum umgebaut werden. Ein neues Parkhaus soll für 1,8 Mio Euro entstehen, um auf dem Platz des bisherigen Parkhauses ein neues Ärztezentrum errichten zu können (wieder eine Millioneninvestition). Gleichzeitig erweiterte sich das Klinkum durch Übernahme der Schellerer-Privatklinik und beziffert Frauenknecht den Investitionsstau bei technischen Geräten auf 20 Mio Euro.

Die GAL hält diese Geschäftspolitik für bedenklich und gefährlich, denn sie setzt Wirtschaftlichkeit über die Qualität der Patientenbetreuung. Auch wenn der Markt solche Maximen zu diktieren scheint, muss sich die Politik in Bamberg überlegen, ob sie sich diesem Diktat ohne Abstriche unterwerfen will. Umsatzmaximierung und Defizitminimierung sind rein wirtschaftliche Ziele.

Doch zur Gesundheitsfürsorge, die ja Auftrag eines Klinikums ist, gehören auch solche Dinge wie das Wohlbehagen der PatientInnen, menschliche und individelle Betreuung, schmackhaftes Essen, gut ausgebildetes Personal mit akzeptablen Arbeitsbedingungen, Offenheit des Systems für interne Kritik.

Aber all diese Werte werden zunehmend rein marktwirtschaftlich beurteilt: unrentabel, verzichtbar, irrelevant. Und zur Diskussion darüber, ob und inwieweit man die Krankenhäuser der Stadt überhaupt dem reinen Marktdenken unterwerfen will, kommt es nicht mehr, seit es die Sozialstifung gibt, der Stiftungsrat nur noch nichtöffentlich tagt, Stiftungsratsmitglieder aus den Sitzungen so gut wie gar nicht berichten dürfen und ohnehin nur mangelhaft informiert werden.

Die Entscheidung "Klinikum – quo vadis?" ist so von einer bürgernahen Politik abgekoppelt und orientiert sich entsprechend: an Bilanzen und Umsätzen, nicht am Alltag und den Bedürfnissen der Bevölkerung.