Im Warmuth-Prozess drohen der Stadt
Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe – Grund ist
juristische Schlamperei im Rathaus
Ein Interview mit Ralf
Dischinger und Peter Gack zur wohl teuersten Affäre der Stadt
gaz: Wie konnte es
überhaupt zu diesem Rechtsstreit kommen?
Ralf Dischinger: Die
Stadtverwaltung und an ihrer Spitze der Oberbürgermeister haben
schlampig gearbeitet. Immer dann, wenn’s darauf ankam, haben die
Juristen im Rathaus – einschließlich OB Lauer, der ja auch
Jurist ist – versagt. Das Ergebnis ist eine unklare
Vertragssituation, die uns alle noch Millionen kosten kann.
gaz: Das heißt, es war ein
Fehler, im Jahr 1998 mit Warmuth die Zusatzvereinbarung über den
Ziegelbau einzugehen?
Ralf Dischinger: Aus
rechtlicher Sicht ist an sich nichts dagegen einzuwenden, aber
eine solche Vereinbarung muss handwerklich in Ordnung sein. Im
vorliegenden Fall hat man sie jedoch uneindeutig und vage
formuliert.
gaz: Wurde die Firma
Warmuth damals bevorzugt behandelt?
Peter Gack: Ja, denn andere
Bewerber wurden nicht einmal in Erwägung gezogen. Dem Stadtrat
wurden keine Alternativen zu Warmuth vorgelegt. OB Lauer,
Wirtschaftsreferent und Stadtratsmehrheit wollten Warmuth
unbedingt. Deshalb hat die GAL auch gegen den Vertrag mit Warmuth
gestimmt.
gaz: Das Konzept der
Warmuth-Befürworter war aber im Zusammenhang mit allbau/Sorat
schlüssig. Es brach erst zusammen, als diese ausstiegen.
Peter Gack: Das stimmt,
bemerkenswert ist allerdings, wann genau es zu der
Zusatzvereinbarung mit Warmuth kam. Als der OB – übrigens
eigenmächtig und ohne dem Stadtrat den Entwurf nochmals
vorzulegen – seine Unterschrift darunter setzte, waren
allbau/Sorat bereits abgesprungen! Es war zu diesem Zeitpunkt also
völlig unklar, ob das "Hotel garni"-Konzept auch bei
einem anderen Investor und einem anderen Hotelbetreiber Bestand
hat.
Ralf Dischinger:
Tatsächlich gab es keinen zwingenden Grund zur Eile im Juni 1998.
Man hätte mit Warmuth einen Vertrag über die
Hallenbewirtschaftung schließen können, und beim Ziegelbau erst
einmal abwarten.
gaz: Warum haben der
Oberbürgermeister und seine Rechtsberater dann trotzdem so
gehandelt?
Ralf Dischinger: Das war
wohl eine Mischung aus Überforderung, mangelnder Weitsicht und
ungenügendem juristischem Können. Ob sich dazu dann auch noch
Korruption beimischt, kann nur vermutet werden.
gaz: Mit Warmuth diese
Zusatzvereinbarung zu treffen, obwohl das Konzept dafür gerade
zusammengebrochen war, ist also der erste Fehler gewesen. Zwei
Jahre später wollte man Warmuth aus dem Ziegelbau draußen haben
und schloss einen Vertrag mit der Firma Welcome, die ja heute
tatsächlich Hotel und Ziegelbau betreibt. War das der zweite
Fehler?
Ralf Dischinger: Ja, das
war der zweite und größte Fehler von OB Lauer. Als er Warmuth
nicht mehr die Stange halten wollte, war er so blauäugig und naiv
anzunehmen, dass die Stadt die Zusatzvereinbarung einfach
anfechten kann und dann der Weg frei ist für einen neuen Vertrag
mit Welcome. Dabei war seine schriftliche Anfechtung – von Lauer
unterschrieben! – auch noch dilettantisch formuliert und
rechtlich nicht fundiert. Das ist bei so vielen Juristen im
Rathaus eigentlich unfassbar!
gaz: Aber was wäre denn
die Alternative gewesen? Die Stadt hatte immerhin den lange herbei
gesehnten Hotelinvestor und einen Betreiber an der Angel, und
Warmuth stand im Wege.
Peter Gack: Man hätte mit
Warmuth verhandeln müssen. Die Situation damals war doch klar:
Hotelbau und Ziegelbausanierung waren nur machbar, wenn danach
Hotel und Ziegelbau auch zusammen betrieben werden, also ohne
Warmuth. Hätte die Stadt gemäß der Zusatzvereinbarung weiterhin
an Warmuth festgehalten, wäre es nie zu einer Sanierung des
Ziegelbaus gekommen und Warmuth hätte auch nichts zu
bewirtschaften gehabt. Das hätte man ihm deutlich machen und die
Vereinbarung in gegenseitigem Einvernehmen lösen müssen.
Stattdessen ist OB Lauer aber auf Konfrontationskurs gegangen.
gaz: Hat der
Oberbürgermeister erwartet, dass er damit so einfach durchkommt?
Peter Gack: Jedenfalls hat
er das so dargestellt. Dem Stadtrat gegenüber hat er immer wieder
gesagt, dass keine Regressforderungen von Warmuth zu erwarten
sind, auch dann nicht, wenn die Stadt einen neuen Vertrag mit
Welcome über den Ziegelbau abschließt. Und das obwohl Warmuth
schon drei Tage nach dem Schreiben des OB erwiderte, dass er die
Anfechtung nicht anerkennt. Das hat er auch noch mehrmals danach
schriftlich bekräftigt. Und offensichtlich wurde das in der
Stadtverwaltung auch ernst genommen, denn Warmuth wurde noch im
Februar 2001 zu einer Sitzung des städtischen Hochbauamts
eingeladen, um die Sanierungspläne für den Ziegelbau zu
besprechen
gaz: Aber zu diesem
Zeitpunkt machte es doch aus Sicht der Stadt keinen Sinn mehr,
Warmuth einzubeziehen?
Peter Gack: Eben! Dennoch
war er dabei. Diese schwammige Anfechtung von OB Lauer wurde also
selbst von der Stadtverwaltung nur halbherzig ernst genommen.
Dennoch stellte sich 2002 OB Lauer auf den Standpunkt, Warmuth
habe keinerlei Ansprüche mehr. Das hatte nach seinen Worten eine
"juristische Prüfung" ergeben. In dieser ganz
entscheidenden Phase hat OB Lauer in unverantwortlicher Weise die
Sachlage verharmlost und verschleiert. Aus heutiger Sicht muss man
sich als Stadtratsmitglied geradezu "verarscht"
vorkommen.
gaz: Wie wurde der Stadtrat
über den Verlauf des Prozesses informiert?
Peter Gack: Mehr als
dürftig. Die GAL hat dies auch mehrmals angemahnt. Aber OB Lauer
behauptete immer, dass es eine undichte Stelle unter den
Stadtratsmitgliedern gebe, über die jede Information direkt an
Warmuth gelangen und den Interessen der Stadt schaden würde. Dem
Stadtrat blieb auch irgendwann nichts mehr anderes übrig, als den
Rechtsvertretern der Stadt zu vertrauen. Denn wir sind ja nicht
alle Juristen, die sich detailliert und kompetent in diesen
verzwickten Fall einarbeiten können.
gaz: Was ist in dem Prozess
der Stadt gegen Warmuth nun zu erwarten?
Ralf Dischinger: Im
schlimmsten Fall steht uns ein Verfahren von vielleicht zehn
Jahren bevor, das mit Schadensersatz in Millionenhöhe und den
entsprechenden Prozesskosten endet.
gaz: Und was erwartet uns
im besten Fall?
Ralf Dischinger: Mit einer
gehörigen Portion Glück schafft es die Stadt plausibel zu
machen, dass Warmuth gar kein Schaden entstanden ist. Denn wie
gesagt, bei einem Festhalten an der Zusatzvereinbarung mit Warmuth
hätte es keine Ziegelbausanierung gegeben – und dann hätte
Warmuth auch keine Gewinne gemacht, die ihm entgangen sein
könnten. Aber egal, wie der Prozess ausgeht, wer auf jeden Fall
satt daran verdient, ist Rechtsanwalt und CSU-Stadtrat Heller, der
die Stadt in diesem Rechtsstreit vertritt.
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