Konkurrenz für Friseure ausgeschaltet
Eine überraschende Mail voller
überschwänglicher Dankesbekundungen trudelte im Februar 2005 bei
Stadtratsmitgliedern aller Fraktionen ein: Edgar Reitz,
Obermeister der Friseurinnung, freute sich euphorisch darüber,
dass ein "Haarschneidekurs" aus dem Programm der
städtischen VHS gestrichen wurde, und sprach allen wärmste
Dankesworte aus.
Die GAL hatte davon nichts
mitbekommen und fragte bei VHS-Leiter Köhl nach. Tatsächlich
hatte sich die Friseurinnung (offenbar an geeigneter Stelle im
Rathaus) darüber aufgeregt, dass bei einem VHS-Kurs den
TeilnehmerInnen einfache Techniken des Haarschneidens beigebracht
werden sollten. Ist ja eigentlich auch nichts dagegen einzuwenden,
wenn eine Mutter von mehreren Kindern zwischendurch auch mal
selbst und mit brauchbarem Ergebnis zur Schere greifen will, um
nicht immer beim Friseur so tief in die Tasche greifen zu müssen.
Die Profi-Hairstyler sahen das wohl anders und erwarteten
womöglich enorme Gewinneinbrüche in ihren Salons angesichts
massenweise ausbleibender Selbstschneider.
Wenn die Friseuraktion Schule
macht, braucht man jedoch nur darauf zu warten, bis demnächst
auch Blumengeschäfte gegen den Kurs "Floristischer Tisch-
und Raumschmuck" Sturm laufen, bis Schreiner gegen
"Heimwerkerkurse für Holz-bearbeitung" -mobilisieren,
bis Schneidereien gegen die Kurse "Nähen wie die
Profis" und "Reißverschluss kaputt" protestieren
oder bis die vereinte Bäckerzunft sich dagegen wehrt, dass
andragogischerweise "Krapfen, geschnittene Hasen und weitere
Festtagsspezialitäten" gebacken werden.
Laut VHS-Leitung soll die
erfolgreiche Protestaktion der Bamberger Friseure Thema beim
nächsten VHS-Kuratorium sein, das in die Entscheidung nicht
einbezogen war. Dann dürfte sich auch herausstellen, an welcher
Stelle im Getriebe man so ein offenes Herz für die Haarformer
hatte.
Schickes Nebenbudget?
Kameralistische Stadthaushalte
sind alles andere als einfach zu lesen, aber hie und da rentiert
es sich, auch bei "kleineren" Beträgen genauer
hinzuschauen. Etwa bei den Personalkosten, die für den Betrieb
der Harmoniesäle angesetzt werden.
Satte 61.800 Euro sind das im Jahr
2005. Sie verteilen sich auf vier Pförtner, die zu je 30% für
die Harmoniesäle arbeiten und einen Hausmeister, der zur Hälfte
hier tätig ist. Den anderen Teil ihrer Arbeitskraft setzen die
Beschäftigten gleich nebenan ein, im E.T.A-Hoffmann-Theater.
Und nun zum "genauer
hinschauen": In der Harmonie finden im Jahr ca. 200
Veranstaltungen statt, für welche die Säle von besagten
Pförtnern und dem Hausmeister hergerichtet und bestuhlt werden
müssen. Umgerechnet lässt sich die Stadt also allein die
Vorbereitung der Säle pro Veranstaltung 300 Euro kosten. Und dazu
gehören nicht die Ausgaben für Strom, Reinigung, technischen
Unterhalt, Heizung oder andere Sachkosten! Es geht tatsächlich
nur ums Stühle-Aufstellen, Aufsperren, Bühne-Herrichten und
ähnliches. Bei einem Stundenlohn von 20 Euro müsste sich jemand
ganze 15 Stunden (also zwei Arbeitstage) nur damit beschäftigen.
Nun will die GAL aber keineswegs
dem Hausmeister und seinen Pförtner-Kollegen Faulheit
unterstellen. Die werden schon zu tun haben. Nur vermutlich eben
nicht in den Harmoniesälen, sondern naheliegenderweise beim
Theater, das sich auf diese Weise möglicherweise ein schickes,
kleines "Nebenbudget" organisiert hat.
Parkgebühren bald wissenschaftlich
untermauert?
"Workshop" – das
klingt modern, das riecht nach erarbeiteter Kompetenz, das hat die
Atmosphäre des Innovativen, das verspricht gehaltvolle Politik.
Genau richtig, um einem knöchernen Image entgegenzutreten.
So mag zumindest die Bamberger SPD
gedacht haben, als sie jüngst einen Antrag auf Einrichtung eines
Workshops stellte. Und damit’s so richtig schön politisch
zugkräftig wird, haben sich die SPDlerInnen auch noch ein ganz
populäres Thema ausgesucht, das die Menschen in Bamberg
existenziell bewegt: ein "Workshop zur Neugestaltung der
Parkgebühren in Bamberg" also. Ein Bombenantrag!
Man will "die gegenwärtige
Lage analysieren", "Gebühren, die den heutigen
Anforderungen entsprechen" und ein "abgestimmtes
Programm", heißt es in der Antragsbegründung. Dazu stellt
sich die SPD einen Workshop aus Verwaltung, Stadtrat,
"Experten aus Wissenschaft und Praxis", Stadtwerken,
Parkhausbetreibern und Bürgern vor. Na, wenn das nicht nach einem
Vorschlag klingt, der Bamberg fit für das 21. Jahrhundert macht!
Man kann es sich schon vorstellen,
wie ca. 30 vor Kompetenz strotzende Männer (und Frauen?) mit
kleinen Taschenrechnern, wissenschaftlicher Fachliteratur und
rauchenden Köpfen zusammensitzen und über die zukunftsweisende
Bedeutung von Parkgebühren sinnieren. Jeder 10-Cent-Betrag will
da wohlqualifiziert ausdiskutiert werden, ob seiner enormen
Tragweite für die existenzielle Zukunft dieser Stadt.
Unvorstellbar, dass man diese zentrale Aufgabe bisher ohne
Experten-Workshop zu bewältigen glaubte.
Alles selbst gezahlt
Von einigen kritischen
WählerInnen wurde die gaz-Redaktion angesprochen, als
GAL-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Grader an einer
Städtepartnerschaftsreise nach Japan teilnahm. Denn in der
letzten gaz hatten wir kritisiert, dass die Städtepartnerschaften
zu honoratiorenlastig seien und meist nur kulturell-amüsante
Ausflüge des Stadtrats auf städtische Kosten dabei herauskämen.
Doch zumindest bei der Finanzierung war’s diesmal anders: Alle
TeilnehmerInnen bezahlten die gesamte Reise selbst! Wohl nicht
zuletzt deshalb fiel die Bamberg-Delegation nach Japan
"überschaubar" aus, während sonst oft problemlos ein
ganzer Bus gefüllt werden kann.
Sprüch ausm Stadtrat
Bürgermeister und Schulreferent
Hipelius (CSU) bei der Debatte darüber, ob die Stadt die
Klassenzahl der Wirtschaftsschule trotz großer Nachfrage
reduzieren sollte: "Am liebsten sind mir kleine
überschaubare Schulen."
Sitzungsvortrag der
Schulamtsdirektorin Gisela Bauernschmitt zum TOP
"Praxisklassen an Bamberger Hauptschulen": "Die
Durchlässigkeit von oben nach unten ist im gesamten bayerischen
Schulsystem gewährleistet."
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