Die nächste Runde im Ringkampf
Mobilfunk ist eingeläutet. Im April beschlossen die Senate für
Bauen und Umwelt einstimmig, dass künftig ein so genannter
Netzplan die Sendestationen im Stadtgebiet festlegen soll. Doch
was sich auf Anhieb plausibel und sinnvoll anhört, hat bei
näherer Betrachtung durchaus seine Tücken.
Der Netzplan soll von einem
unabhängigen Institut in Zusammenarbeit mit den Mobilfunkfirmen
erstellt werden. Stadtverwaltung, BürgerInnen oder MedizinerInnen
sitzen aber nicht mit am Tisch. Es geht einzig und allein um eine
technische 3-D-Planung, bei der alle möglichen Häuserschluchten,
Strahlenre-flexionen und sonstigen Bedingungen für den Funk
vermessen werden. Ziel ist, Standorte für Mobilfunkantennen zu
finden, so dass diese mit möglichst geringer Leistung ein
"ausreichendes" Netz garantieren. Es ist (zumindest
bisher) auch nicht Teil des Auftrages, auf sensible Bereiche, wie
Schulen und Kindergärten, Altenheime und Krankenhäuser,
besondere Rücksicht zu nehmen. Nach den aktuellen Vorgaben
könnten also durchaus auch Standorte in der Nähe solcher
Einrichtungen das Ergebnis sein.
Mobilfunkfirmen am längeren Hebel
Vodafone, e-plus, T-Mobile und O2
haben bei dem Konzept eine gewichtige Rolle. Sie sind nicht nur in
die konkrete Planung eingebunden, sondern sollen sich nach dem
Willen der Stadtverwaltung und der CSU als Antragstellerin auch an
den nicht unerheblichen Kosten (schätzungsweise 50.000 bis
100.000 Euro) beteiligen. Der Einfluss auf die Arbeit des
beauftragten Instituts dürfte dadurch nicht gerade geringer
werden.
Doch der Standpunkt der Stadt
gegenüber den Mobilfunkfirmen ist kein komfortabler. Mutig und
wegweisend war zwar der Stadtratsbeschluss im Juli 2004, wonach
alle Bauanträge für Antennen über 10 Meter Höhe vorerst auf
Eis gelegt wurden und auf stadteigenen Gebäuden keine neuen
Anlagen aufgestellt werden dürfen. Doch mittlerweile steht diese
Haltung auf wackligen Füßen: Veranlasst durch den Einspruch
einer Mobilfunkfirma erklärte die Regierung von Oberfranken, dass
sie den Beschluss für rechtswidrig hält.
OB hat Klagen am Hals
Mittlerweile hat der
Oberbürgermeister bereits zwei Klagen von Mobilfunkfirmen am
Hals: Eine öffentlich-rechtliche Klage wendet sich gegen die
Entscheidung des Bausenats, der einen von der Firma Vodafone
geplanten 30 Meter hohen Sendemast in einem gärtnerisch genutzten
Gebiet in Kramersfeld ablehnte.
Wird die Schrebergarten-Idylle in Kramersfeld in der Kemmerstraße
bald durch einen 30 Meter hohen Mobilfunkmast gestört? Foto:
Erich Weiß
Die zweite Klage ist
privatrechlicher Natur und richtet sich gegen die Stadthallen
GmbH. Ebenfalls Vodafone hatte im Sommer 2004 auf dem Dach der
Konzerthalle eine Sendeanlage aufstellen wollen, doch OB Lauer
hatte aufgrund der massiven Proteste zahlreicher AnwohnerInnen den
Antennenbauern in buchstäblich letzter Minute den Zutritt
verweigert. Der Vertrag mit der Stadthallen GmbH war allerdings
schon vorher unterzeichnet worden und Vodafone klagt nun auf
Vertragserfüllung.
Konzerte im Wellensalat - Vodafone will den Antennenstadtort
Konzerthalle gerichtlich durchsetzen. Foto: Erich Weiß
Eine ähnliche Entwicklung könnte
sich auch für das Parkhaus der Stadtwerke an der Breitenau
anbahnen: Der Bausenat lehnte bisher die für diesen Standort
nötige Befreiung von Bebauungsplanfestsetzungen ab. Die
beantragende Mobilfunkfirma fordert nun einen rechtsmittelfähigen
Bescheid, um Widerspruch einlegen zu können. Und auch die
anvisierten Standorte Paradiesweg (Rettungsleitstelle) und
Hainstraße (Staatsarchiv) drohen demnächst die Gerichte zu
beschäftigen.
Realistisch betrachtet hätte die
Stadt bei einer weiterhin pauschal ablehnenden Haltung gegen alle
Mobilfunkanlagen zwar gute Aussichten auf viele Gerichtsprozesse,
aber schlechte darauf, diese auch zu gewinnen. Insofern stellt der
Netzplan-Beschluss eine gewisse Chance dar, und deshalb stimmte
die GAL-Stadtratsfraktion – wenn auch mit starkem Bauchgrimmen
– diesem Antrag zu.
Wachsamkeit geboten
Wie geht’s nun weiter? Zunächst
einmal müssen sich die Mobilfunkbetreiber überhaupt bereit
erklären, am Netzplan mitzuarbeiten, das Ziel der Minimierung
anzuerkennen und sich später an die Vorgaben des Netzplanes auch
zu halten. Das sind alles keine Selbstverständlichkeiten und
schon gar nicht die gewohnten Umgangsformen von Vodafone & Co.
Doch die Stadt hat sich nun alternativlos der Einsichtsfähigkeit
und dem good will der Firmen ausgeliefert.
Bis der Netzplan erstellt ist,
gilt nach Meinung der Stadtverwaltung weiterhin der
Stadtratsbeschluss vom Juli 2004, denn trotz der skeptischen
Haltung in der Regierung von Oberfranken sprach diese noch keine
offizielle Aufforderung aus, den Beschluss aufzuheben. Und
möglicherweise hält Bayreuth auch weiterhin still, bis der
Netzplan erstellt ist.
Eines ist jedenfalls sicher:
Gerettet ist nichts! Die Stadt Bamberg braucht weiterhin einen
langen Atem. Und kritische Bürger und Bürgerinnen müssen auch
künftig sehr wachsam sein.
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