von Prof. Dr. Manfred F. Fischer
Keine Angst vor Denkmalschutz
Die Zeitungsmeldung las man jüngst mit Freude,
wenngleich aus skandalösem Anlass: die Zwangsentfernung eines
riesigen, brutal in der Mauer verankerten Werbeplakates am
Steinernen Haus, Lange Straße8. Sechs Fenster und ein Wappen von
1512 hatte es verdeckt! Statt der vertrauten, langbezopften Ursula
Beringer geb. Haller lächelte eine freizügige Blondine im
Weihnachtspelz als Werbung für die Konkurrenz auf der grünen
Wiese – und dies frecherweise mitten im historischen Zentrum.
Denkmalpflegerische Probleme treten oft als Folgen
wirtschaftlicher Fehlentwicklungen auf. Man sieht es an der
strukturellen Entwicklung in Luitpoldstraße und Königsstraße,
zwar noch nicht wie die Bronx, aber bald auf dem Weg dahin, wenn
ihre Auszehrung als Standort so weitergeht.
Da hilft auch die Kosmetik des Citymanagers nicht
weiter, nicht die künstlich aufgesetzten Events, sondern nur
Heilung von der Ursache her.
Wenn nun freilich der OB zur gleichen Zeit warnt
und sich ängstigt vor angeblich drohenden Blockaden durch die
Denkmalpflege, so prügelt er den falschen Hund.
Der Erhalt des begehrten Status als
Weltkulturerbestätte ist nicht durch die Denkmalpflege bedroht,
sondern durch die neuen Gewerbegebiete und durch die lokalen
Manager der großen, in allen Fußgängerzonen dominierenden
Kettenläden. Diesen Beklagenswerten fehlt leider jedes Element
schöpferischen Unternehmertums, sie haben von ihren Zentralen
nicht den geringsten Ermessensspielraum.
Auch für die Lange Straße, die ebenfalls
deutlich Zeichen des Niederganges zeigt, ist eine strukturelle
Veränderung nötig.
Eine passagenartige Querung zur Promenade kann als
Stadtherzschrittmacher wirken, aber wohlgemerkt nicht allein,
sondern nur im Konzert mit allen übrigen Verbesserungsmaßnahmen,
also mit Augenmaß und in individueller, ortsbezogener Struktur,
Größe und Form. Die angemessene Integrierung der dortigen
Denkmalsubstanz wirkt dabei als Attraktivitätssteigerung.
Zusätzliche Verkehrsströme anzuziehen, deren
Bändigung später wieder nur neue Probleme aufwirft, wäre
kontraproduktiv. Es ist also Querschnittsdenken gefragt und vor
allem die Bereitschaft, die Argumente der Partner nicht von
vornherein taktisch auszuhebeln, sondern sie ernst zu nehmen. Nur
so wird ein Schuh daraus.
Keine Angst also: es droht keine Käseglocke durch
den Wunsch, das ästhetische Kapital der Stadt so zu pflegen, dass
es noch weiteren Generationen Zinsen bringen kann.
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