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Neuer Wein in alten Schläuchen?

Die Nachfolge Robert Gegenfurtners macht es notwendig, die Strukturen Bamberger Wirtschaftspolitik grundsätzlich zu diskutieren

Die demnächst anstehende Neubesetzung des Amts des Wirtschaftsreferenten kann Stillstand oder Fortschritt bedeuten. Es kommt darauf an, welche Aufgaben und Anforderungen die Politik an die/den Nachfolger/inn/en stellt. Bei einem "weiter so wie bisher" ist ein wirtschaftlicher Aufschwung allerdings nicht abzusehen. Wir brauchen neue Denkansätze.

Nun gibt es auch Ober-bürgermeister Herbert Lauer zu: Die Kassenlage der Stadt Bamberg ist hoffnungslos schlecht, mangelnde Gewerbesteuereinnahmen und eigene Fehler stellen unsere Stadt in ungeahnte Bedrängnis. Erneute Kürzungen werden unvermeidlich sein. Es ist also Zeit – höchste Zeit – wirtschaftspolitische Phantasie und Tatkraft ins Rathaus zu bringen.

Robert Gegenfurtner, umstrittenster Referent Bambergs, hat seinen Sessels freiwillig geräumt, indem er seinen Ruhestand antrat. Die GAL meint: Dieser Sessel alten Zuschnitts kann ab sofort unbesetzt bleiben. Um Bambergs Wirtschaftslage zu verändern und zu verbessern, bedarf es keinen warmen Sessels, sondern eines Ambientes, das Phantasie fördert, das neue Ideen nach Bamberg bringt.

Quirlige Akquisition

Gefragt ist daher eine Person oder ein Team, das in Bambergs Namen quirlige Akquisition betreibt – und zwar auf Feldern, die bisher unbeackert blieben. Harte Arbeit erfordert es schon, Bambergs Wirtschaft in ihrem Bestand zu erhalten, noch mehr, sie zu fördern und neue Impulse zu setzen. Sehr schnell wird da auch der Wendigste an seine Grenzen stoßen.

Doch zumindest die engen Grenzen des Fünfziger-Jahre-Leitbildes können verlassen werden. Mangels eines zeitgenössischen Stadtleitbildes – Lauers Hauchbildchen kann‘s ja wohl nicht sein! – verharrt Bambergs Wirtschaftspolitik noch in unbeweglichen starren und sturen Strukturen.

Die Stadt Bamberg isoliert sich noch immer von ihrem Umland. Landrat Denzler bringt "von Landseite" wenigstens in den Schlagzeilen der Lokalzeitung frischen Wind in die Stadt-Land-Beziehung. Aber dabei bleibt es leider. In der Praxis funktioniert das Schutzmachtdenken zugunsten der kleinen Gemeinden nach wie vor. Vor allem die Gemeinde-Bürgermeister müssen sich noch umstellen: auf mehr Zusammenarbeit und koordinierte Entwicklungsstrategien.

Bamberg als Region begreifen

Ganz besonders alt und verkrustet sind die bis heute bestehenden Eifersuchtsphantasien zwischen Bamberg auf der einen, Hallstadt, Stegaurach, Bischberg und Hirschaid auf der anderen Seite. Unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit sind diese Blockaden mehr als hinderlich. Regionales Denken gerade auf dem Sektor der Wirtschaftspolitik ist der einzige Weg, um in einem sicherlich gnadenlosen Standortwettbewerb mithalten zu können. Dass dieser auf europäischer und globaler Ebene gleichzeitig läuft, ist natürlich mit einzublenden in künftige Strategien.

Die regionalen Standortqualitäten gilt es also anzupreisen und fortzuentwickeln. Hier darf nichts dem Zufall überlassen werden. Das gemeinsame und entschiedene Auftreten der Region Bamberg kann zur gewünschten Wechselwirkung mit anderen Regionen führen bis hin zu neuen Vernetzungen. Die bisherige zögerliche Planungspolitik hat uns nur Rezession, Arbeitslosigkeit, Finanznot und Verschuldung der öffentlichen Haushalte gebracht.

Beispiel Nürnberg

Daraus gelernt hat bereits der Nürnberger Raum, in dem sich ein eingetragener Verein "Die Region Nürnberg" gebildet hat. Sinn und Zweck ist die Suche nach neuen Formen der interkommunalen Zusammenarbeit. Seit etwa zwei Jahren wird nun aktiv regionales Marketing betrieben – wie es heißt, mit guten Erfahrungen.

Diese beruhen auf konkreten Vorschlägen für eine interkommunal abgestimmte Gewerbeflächen- und Wirtschaftspolitik, für eine regionale Innovations- und Technologiepolitik. Dass es nicht nur bei konkreten Vorschlägen bleibt, sondern auch die Umsetzung gelingt, dafür sorgt ein strenges "controlling".

@Was Nürnberg auch geschafft hat, ist die gemeinsame Unter-zeichnung eines Entwicklungsleitbildes durch Oberbürgermei-ster und Landrat. Das wurde prompt belohnt: Auf dieser Grundlage konnten aus den legendären Privatisierungsmitteln 70 Mio DM für wirtschaftsfördernde Maßnahmen in die Nürnberger Region fließen.

Neues Denken etablieren

Bei der Nachfolge des Bamberger Wirtschaftsreferenten geht es daher um mehr als um die Neubesetzung eines gut dotierten Postens im Rathaus. Es geht darum, ein neues Denken in der Wirtschaftspolitik in Bamberg zu etablieren, mit originellen Einfällen, mit dem Mut zum Querdenken und mit zuversichtlicher Herangehensweise.

Ob all das im warmen Rathaus-Sessel entstehen kann, ist fraglich. Deshalb sollte man die Wirtschaftsreferenten-Nachfolge auch aus dieser Perspektive diskutieren: Vielleicht brauchen wir eher ein Team von Fachleuten? Muss der Wirtschaftsreferent unbedingt Angestellter der Stadt sein? Wäre es sinnvoller, projektbezogene Einzelaufträge zu vergeben?

Wenn solche Vorschläge von vornherein ausgeklammert werden, wird die Bamberger Wirtschaftspolitik auch in Zukunft in ihren eingefahrenen Bahnen dahintuckern.

Karikatur: Christiane Pfohlmann