Hohe Summen wurden in ein
Parkleitsystem investiert – Preisgünstigere Maßnahmen zur
Verkehrsberuhigung in der Innenstadt warten aber seit Jahren auf
ihre Umsetzung
Das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt wird
wesentlich von dem Verkehr geprägt, der dort auch parken will.
Doch trotz größtenteils leer stehender P&R-Plätze am
Stadtrand wird der Verkehr noch immer mitten in die City gelockt,
um dort als Parksuchverkehr Menschen, Gebäude, Luft und
Atmosphäre zu belasten.
Der jüngste verkehrspolitische Schuss in den Ofen
war das Dynamische Parkleitsystem – vom Einzelhandel lautstark
gefordert und von der Stadtratsmehrheit mit sage und schreibe
600.000 Euro brav finanziert. Seit kurzem also tun die teuren
PLS-Anzeigetafeln rund um die Uhr kund, dass praktisch immer in
allen Parkhäusern und Tiefgaragen noch Plätze frei sind. Aber
nicht nur das, leider werden vor allem ortsunkundige
AutofahrerInnen "gezielt" an den P&R-Plätzen und
dann am nächstgelegenen Parkhaus vorbei geleitet, quer durch die
City, hin zum sogenannten "Zentrum", wo natürlich jeder
am liebsten sein Fahrzeug platzieren möchte.
Fazit: Es ist sogar noch schlimmer, als die GAL
befürchtet hatte. Das PLS ist nicht nur eine finanzpolitische
Fehlinvestition, die überflüssige Informationen liefert, es ist
auch ein verkehrspolitischer Bumerang, weil der Parksuchverkehr
eben nicht verringert, sondern eher noch "unter
Anleitung" angeregt wird.
Während man Hunderttausende Euros für schicke,
aber missratene Elektronik ausgegeben hat, liegen viele andere
gute Maßnahmen in der Schublade und warten seit Jahren auf ihre
– weitaus preisgünstigere – Umsetzung. Und das, obwohl sie
vom Stadtrat im Rahmen des Verkehrsentwicklungskonzepts VEP
bereits 2002 mehrheitlich beschlossen wurden.
Im März 2007 holte die GAL diese beschlossenen
Konzeptpunkte erneut auf die Tagesordnung, doch wiederum wurden
sie erst mal auf die lange Bank geschoben. Nun ist Wahlkampf, und
da will sich wohl keiner mit neuen Parkierungsregelungen die
Finger schmutzig machen.
Dabei wäre konsequentes Handeln und ein
Gesamtkonzept für die Attraktivität der Innenstadt dringend
notwendig. Der VEP sieht vor:
• weniger Kurzparken in der Kernstadt
• städtebauliche Umgestaltung von Plätzen
(südliche und nördliche Promenade, Heinrichstraße, Maxplatz),
Ziel: mehr Aufenthaltsqualität, weniger öffentliche Parkplätze
• intensivere Parkraumbewirtschaftung in der
Parkzone II (= fußläufige Entfernung von 5 bis 10 Gehminuten
rund um den Maxplatz)
• Ausdehnen der Parkraumbewirtschaftung in der
Parkzone III
• Neuregelung der Parkgebühren: P&R-Nutzung
sowie -ÖPNV müssen preisgünstiger sein als Parken direkt in der
Innenstadt
• Einführung einer Besucherkartenregelung für
private Besucher von Anwohnern
• weniger Dauer- und Langzeitparker in den
öffentlichen Parkhäusern und Tiefgaragen
• weniger ausgewiesene Parkplätze auf Gehwegen
• Umwandlung von öffentlichen Parkplätzen in
Parkplätze für Anwohner, mobilitätseingeschränkte Personen und
Wirtschaftsverkehr
Doch ganz im Gegensatz zu diesen vom Stadtrat
beschlossenen (!) Maßnahmen und dem ebenfalls beschlossenen (!)
Grundsatz kommen bereits erste Forderungen eben derselben
Stadtratsfraktionen, das Park-raumangebot noch weiter auszudehen,
z. B. durch eine Tiefgarage unter dem Schönleinsplatz.
Das PLS teibt seltsame Nebenblüten. Am Schönleinsplatz preis ein
Schild freie Parkplätze in der Geyerswörth-Tiefgarage an Weder
das Schild noch die Tiefgarage gehören zum städtischen PLS. Und
von "dynamisch" keine Spur, das Schild ist gedruckt und
zigt immer 138 Plätze an. Ein echter Fake.
Text/Fotos: sys
Kaum
einer nutzt das PLS
Eine von der Stadt in Auftrag gegebene Untersuchung des Instituts
GEOPLAN in Zusammenarbeit mit Prof. Monheim zeitigte
niederschmetternde Ergebnisse für das PLS. Rund 800 Personen aus
Stadt und Landkreis Bamberg – per Zufallsstichprobe ausgewählt
– füllten Fragebogen aus. 91 % der BambergerInnen und 81 % der
-LandkreisbewohnerInnen gaben an, bei ihrem letzten
Innenstadtbesuch das PLS nicht genutzt zu haben. Und das obwohl
fast allen das PLS bekannt ist – nur 2 % bzw. 6 % kannten bei
der Befragung das PLS nicht.
ZITATE
Auf eine Erweiterung des
Stellplatzangebotes durch den Bau weiterer Parkhäuser innerhalb des
innerstädtischen Ringes sollte ganz verzichtet werden. Das
Stellplatzangebot würde zusätzlichen mIV (motorisierten
Individual-Verkehr, d.Red.) in die bereits jetzt hochbelasteten
Innenstadtstraßen ziehen und würde der Zielsetzung, Förderung des
Umweltverbundes und Reduzierung des mIV, widersprechen.
Verkehrsentwicklungsplan,
endgültige Fassung vom 28.11.2002, Seite C-57
Jeder Autofahrer erwartet drei
Parkplätze: Zuhause, am Arbeitsplatz und einen dritten schließlich dort,
wo er gelegentlich parken will. Unterschieldiche Lösungsstrategien
bewegen sich zwischen den Extremen rigoroser Parkplatzverknappung und
großzügiger Parkflächenerweiterung. Jedoch gilt: "Parkplätze
bauen ist wie Tauben füttern, es kommen immer mehr."
Verkehrsentwicklungsplan,
endgültige Fassung vom 28.11.2002, Seite C-55
|