Während andere Städte beginnen
zu handeln, wird in Bamberg Feinstaub vor allem gemessen statt
bekämpft.
Hauptquelle für Feinstaub: Autoauspuff, Foto: Erich Weiß
Ein sensationelles Urteil fällte das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im September. Zum Schutz vor
gesundheitsschädlichem Feinstaub haben Anwohner stark befahrener
Straßen einen Rechtsanspruch auf Schutzmaßnahmen wie
Verkehrsbeschränkungen. Geklagt hatte der Geschäftsführers der
bayerischen Grünen, Dieter Janecek, der in München an einer der
bundesweit am stärksten belasteten Straßen wohnt. Wie das Urteil
nun tatsächlich umgesetzt wird, ist unklar.
Die Münchner Grünen fordern seit langem konkrete
und wirksame Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung der
MünchnerInnen – etwa ein generelles Tempolimit bei
Überschreitung der Grenzwerte, autofreie Tage, Zufahrtsdosierung
an der Stadtgrenze, Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in den
Stadtteilzentren oder auch temporäre Sperrungen von Straßen
zugunsten von Rad- und Fußverkehr.
Beschlossen wurde vom Münchner Stadtrat immerhin
die Einführung einer Umweltzone im Stadtzentrum. Umweltzonen sind
Gebiete, in denen nur Fahrzeuge fahren dürfen, wenn sie bestimmte
Abgas-Standards einhalten – sie werden mit Plaketten
gekennzeichnet. Wagen mit hohen Emissionswerten, also
Dieselfahrzeuge ohne Rußfilter und Wagen ohne Katalysator,
dürfen nicht in die Umweltzonen.
Beispielsweise in Berlin, Schwein-furt oder
Stuttgart sind solche Umweltzonen geplant. Allerdings verzögert
sich das Unterfangen. Hintergrund sind Probleme der deutschen
Städte und Gemeinden, sich auf einheitliche Ausnahmeregelungen zu
einigen, die möglichst und sinnvollerweise nicht in jeder Stadt
anders gestaltet sein sollten. Als realistischer Termin für den
Start der Umweltzone in München wird der Oktober 2008 anvisiert.
In Bayreuth werden Umweltzonen bisher nicht in
Erwägung gezogen, aber ein vom Bayerischen Umweltministerium
erstellter Luftreinhalteplan schlägt zahlreiche auf die Stadt
abgestimmte Maßnahmen vor: von der Förderung des Radverkehrs,
dem Einsatz von Erdgasbussen und Busbeschleunigung durch
Ampelanlagen und Busspuren bis hin zur Empfehlung, Straßenneubau
zu vermeiden.
Und Bamberg?
Schon mehrmals war Feinstaub das Thema im
Bamberger Stadtrat, zuletzt aufgrund eines Antrags der GAL in
diesem Jahr. Die Krux in Bamberg ist der Streit um Messergebnisse.
Die Messstation des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz, die
repräsentativ für die Feinstaubbelastung von ganz Bamberg sein
soll, liegt seit langem an der Löwenbrücke beim Hallenbad –
also an einer nicht allzu befahrenen Straße und direkt in der
Frischluftschneise Rhein-Main-Donau-Kanal. Um brauchbarere
Erkenntnisse für belastete Straßen in Bamberg zu gewinnen, hat
die Stadt deshalb vor Ort mit einem mobilen Messwagen eigene
Messungen vorgenommen. Und die Ergebnisse zeigen: Auch in Bamberg
werden höchstwahrscheinlich übers Jahr an einigen Straßen die
EU-Grenzwerte überschritten (siehe Tabelle).
Messort |
Messtage |
Überschreitung des Grenzwerts |
Marienplatz |
25 Tage Feb./März 2006 |
an 5 Tagen |
Memmelsdorfer Straße |
21 Tage April/Mai 2006 |
an 2 Tagen |
Friedrichstraße |
30 Tage Juli/Aug/Sept. 2006 |
an 3 Tagen |
Kapuzinerstraße |
17 Tage im Okt. 2006 |
an 8 Tagen |
Luitpoldstraße |
35 Tage im Nov./Dez. 2006 |
an 7 Tagen |
Siechenscheune |
23 Tage im Feb. 2007 |
an 4 Tagen |
Doch das Landesamt für Umweltschutz erkannte
diese Messungen nicht an, denn sie waren ja nur punktuell, an 10
bis 35 Tagen im Jahr, und damit nicht hinreichend aussagekräftig.
Einen Luftreinhalteplan zu erstellen, weigerte man sich daher bei
der Behörde. Immerhin hat man inzwischen anerkannt, dass
Messungen während des Baus der Löwenbrücke dort nicht mehr
erkenntnisbringend sind und eine zweite Station an der
Siechenkreuzung installiert.
Die Stadt beschloss unterdessen, den TÜV Süd mit
"belastbaren Messungen" zu beauftragen; Ergebnisse sind
Ende des Jahres zu erwarten. Höchst ärgerlich, und deshalb auch
nicht mit Zustimmung der GAL, denn eigentlich weiß jeder um die
Belastung der betroffenen Straßen. Viel wichtiger wäre es
deshalb, sofort wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die dort
lebenden Menschen zu schützen. Doch je länger man misst, desto
mehr Zeit haben die politisch Verantwortlichen, sich um konkretes
und vielleicht unpopuläres Handeln zu drücken.
Allerdings ist die Feinstaubbelastung auch nicht
mal eben mit links zu reduzieren. Die Sperrung einzelner
Hauptverkehrsstraßen ist kaum durchführbar. Nötig wäre ein
konsequentes Verkehrskonzept, das den nicht notwendigen Verkehr
aus der gesamten Innenstadt fernhält. Dazu braucht es auch keinen
neuen Luftreinhalteplan, sondern nur den Griff in mehrere
Rathausschubladen, wo umsetzbare Konzepte seit Jahren schlummern.
Aber dazu fehlt dem Stadtrat – ebenfalls seit Jahren – der
Mut.
us/sys
|