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Weisungen nach dem Zufallsprinzip?

Das Kloster Michelsberg soll verkauft werden? Als dieses Gerücht die Runde machte, war die Empörung groß. Von Verkauf ist nun nicht mehr die Rede, die Aufregung hat sich gelegt. Aber nicht nur an diesem Beispiel wird eines deutlich: Bei vielen Entscheidungen der Sozialstiftung – sei es der Klosterverkauf, sei es der Bau einer Zentralküche, sei es die Übernahme der Schellerer-Klinik – wundern sich die Bürger und Bürgerinnen, was der von ihnen gewählte Stadtrat so alles beschließt. Doch der Stadtrat ist damit gar nicht befasst! Wie wenig das demokratisch gewählte Gremium mit den Entwicklungen in Klinikum, Nervenklinik und Altenheimen tatsächlich zu tun hat, deckte nun eine Anfrage der GAL-Stadtratsfraktion auf.

 


Die Sozialstiftung mauert sich ein. (Foto: Erich Weiß)

Seit das Klinikum am Bruderwald, die Nervenklinik und die Altenheime Bürgerspital und Antonistift nicht mehr städtische Eigenbetriebe sind, sondern in eine Stiftung umgegründet wurden, geht die demokratische Kontrolle dieser Betriebe gegen Null. Laut Stiftungssatzung gibt es zwar einen Stiftungsrat, der mit StadträtInnen besetzt wird, diese dürfen aber der Öffentlichkeit gegenüber nicht über Interna berichten – ohnehin sind alle Sitzungen dieses Stiftungsrats nichtöffentlich, also für die Presse nicht zugänglich.

In der Satzung der Sozialstiftung bestimmt der § 10 für bestimmte Fälle eine Weisungsbefugnis des Stadtrats gegenüber den Stiftungsratsmitgliedern. Doch dieser Fall ist seit Gründung der Sozialstiftung im Jahr 2003 noch kein einziges Mal eingetreten, Weisung wurde also nie erteilt. Nachdem die GAL-Stadträtin Ulrike Heucken mehrmals im Stiftungsrat angemahnt hatte, dass der Stadtrat beteiligt werden müsse, stellte die GAL jetzt eine Anfrage, wann § 10 denn überhaupt in Kraft treten würde – und bekam eine juristisch spitzfindige, aber politisch wenig brauchbare Antwort.

Zentralküche: Weisung versäumt

Klar äußerte sich die Stadtverwaltung zur GAL-Frage nach dem Bau einer Zentralküche. Diese Investitionsmaßnahme war Bestandteil des Wirtschaftsplans und wäre somit laut § 10 eindeutig einer Weisungsbefugnis durch den Stadtrat unterworfen gewesen. Der Stadtrat hätte diese also in Anspruch nehmen können, wurde aber zu keinem Zeitpunkt informiert – man hatte es einfach nicht für nötig befunden. Eine Weisung fand nicht statt, die Zentralküche wurde gebaut – der Käse ist damit gegessen.

Interessant ist auch die Satzungsinterpretation in Bezug auf die Gründung von Tochterunternehmen und sozialstiftungseigenen GmbHs und hinsichtlich der Übernahme der Schellerer-Privatklinik. Die Gründung von Unternehmen ist nach Lesart der Juristen im Rathaus noch nicht einmal Sache des Stiftungsrats, sondern kann vom Stiftungsvorstand eigenmächtig vorgenommen werden. Stiftungsvorstand ist der Oberbürgermeister, de facto erfüllt diese Funktion aber der Geschäftsführer der Sozialstiftung, Xaver Frauenknecht. Lediglich bei den Kosten solcher Aktionen gibt es eine Einschränkung: Sind mit neuen oder angekauften Betrieben finanzielle Verpflichtungen von über 250.000 Euro verbunden, dann muss der Stiftungsrat zustimmen und der Stadtrat hat Weisungsbefugnis.

Trick: Aus eins mach zwei

Aber gerade in diesem Punkt hatte man die Übernahme der Klinik Schellerer der Satzungsregelung geschickt angepasst: Für die Privatklinik und die dortige Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums ging die Sozialstiftung zwei Bürgschaften ein – jede in Höhe von 240.000 Euro, also knapp unter der vorgegebenen Grenze. Stiftungsrat und Stadtrat konnten außen vor bleiben.

Umgangen wird auf diese Weise – juristisch korrekt und politisch trickreich – eine öffentliche Diskussion und Information darüber, wie diese ursprünglich städtischen Einrichtungen arbeiten. So ist es möglich, dass Kliniken und Altenheime zunehmend rein marktwirtschaftlichen Zwängen unterworfen werden. Gesundheitspolitische, pflegepolitische und arbeitsmarktpolitische Fragen bleiben außen vor, werden weder im Stiftungsrat noch im Stadtrat und auch in der Öffentlichkeit nicht diskutiert.

Immerhin hat die GAL bei der Behandlung ihres Antrags erreichen können, dass der Geschäftsführer der Sozialstiftung ein Verfahren entwickeln soll, bei dem der Stadtrat automatisch über die Fälle informiert wird, in denen er weisungsbefugt ist. Das könnte zumindest ein Quäntchen mehr Transparenz in die Abgeschiedenheit der Sozialstiftungsmacht bringen. Aber Skepsis ist angebracht. Demnächst stehen weitere wichtige Entscheidungen an: über eine mögliche Fusionierung mit den Krankenhäusern des Landkreises und über die Zukunft der stiftischen Altenheime.