Der erste Haushalt unter dem neuen
Oberbürgermeister Andreas Starke hätte spannend werden können.
Kündigte er doch vollmundig in der Presse an, dass im Etat 2007
"seine Handschrift erkennbar" werden sollte. Doch
"Neues oder gar Rotes im Rathaus" ist nicht zu
vermelden. Weder der Haushalt noch die Haushaltsberatungen waren
anders als sonst. Die seit Jahren funktionierende schwarz-rote
Koalition funktioniert auch unter einem roten Oberbürgermeister.
Die GAL-Fraktion schenkte dem OB denn auch bei der
Haushaltsübergabe einen dicken roten Farbstift – vielleicht
wird’s ja nächstes Jahr anders …
Hier einige atmosphärische Schlaglichter als
Rückblick auf einen verpassten Politik-Wechsel.
Lieber Straßenteer als Schultafel
"Mehr Geld für Sport und Schulen"
lautete die Schlagzeile eines FT-Artikels, in dem der neue
Oberbürgermeister Andreas Starke die Ausrichtung des ersten
Haushalts seiner Amtszeit darlegte. Doch mit angesetzten 1,1 Mio
Euro blieben die von Starke vorgesehenen Ausgaben für Schulen
lediglich im Durchschnitt der letzten Jahre.
Das wollten die GAL-StadträtInnen ändern und
beantragten für den Bauunterhalt an Schulen 200.000 Euro mehr
Investitionen, außerdem eine zusätzliche Klasse an der
Wirtschaftsschule und eine neue Arbeitsstelle für
Schulsozialarbeit an Hauptschulen. Vergeblich. Die
Stadtratsmehrheit aus CSU und SPD, inklusive Oberbürgermeister,
lehnten die Anträge ab. Schon gar nicht wollte man sich auf die
Finanzierungsvorschläge der GAL einlassen – höhere
Parkgebühren und weniger Geld für den Straßenbauunterhalt. Der
rot-schwarzen Mehrheit ist also auch nach dem OB-Wechsel der
Straßenteer näher als die Schultafel.
Keine Belohnung für Stieringer
Nicht ganz so erfolgreich wie bei der
Unterbringung seiner Wahlkampf-Managerin (siehe Rubrik Rathausmagazin
– "Pressestelle macht mobil") war Oberbürgermeister
Andreas Starke bei Stadtmarketing-Geschäftsführer Klaus
Stieringer. Der bullige Einzelhandelsvertreter, der den
OB-Kandidaten während des Wahlkampfs gerne im orangefarbenen
Anorak begleitete und wie ein Bodyguard auf allen möglichen
Erfolgsfotos hinter dem Sieger Starke auftauchte, musste auf seine
Belohnung verzichten.
Starke wollte den Zuschuss von 71.500 Euro, den
die Stadt Bamberg jährlich unter anderem für die Stelle des
Geschäftsführers an den Stadtmarketing e.V. zahlt, auf drei
Jahre festschreiben. Ein absolutes Novum, denn üblicherweise
müssen alle Einrichtungen, alle Verbände, alle Vereine sich
jedes Jahr erneut um ihre Förderung bemühen. Deshalb sah wohl
auch die Stadtratsmehrheit keine Veranlassung, neuerdings
ausgerechnet beim Stadtmarketing-Verein eine Ausnahme zu machen.
Der Zuschuss für 2007 wurde deshalb zwar wie
erwartet in den Haushalt eingestellt. Darüber hinaus konnte
Starkes treuer Wahlkampfgefährte vorerst aber keine weitere
Förderzusicherung einstreichen.
Hoppla, wer stimmt denn da zu?
Auch wenn die GAL im Gegensatz zu den anderen
Stadtratsfraktionen die meisten Anträge zum Haushalt 2007 stellte
(wie jedes Jahr), wurden diese mit schöner Regelmäßigkeit (auch
wie jedes Jahr) von den übrigen Fraktionen abgelehnt.
Bis auf einen Antrag – was die GAL selbst
überraschte. Die GAL wollte die Mittel für die Jugendarbeit um
5% erhöhen. Nachdem dieser Etatposten in den letzten Jahren
aufgrund der schlechten Haushaltslage gekürzt worden war, waren
wohl auch einige Stadtratskollegen und -kolleginnen der Ansicht,
man könnte jetzt wieder etwas nachlegen. Bei der Debatte im Senat
begründete GAL-Sprecher Peter Gack den Antrag, kein anderer
Stadtrat meldete sich zu Wort – doch bei der Abstimmung hoben
plötzlich einige und schließlich dann alle Mitglieder von SPD
und CSU die Hand. Nur OB Starke (SPD) und Bürgermeister Hipelius
(CSU) nicht. Sie waren ebenso wie die GAL-VertreterIn höchst
erstaunt und verdutzt über solch spontan-unkonventionelle
Zustimmungsbereitschaft.
Tunnel mit vielen Vätern und Müttern
Im diesem Jahr wird vermutlich der Bau der
Fußgängerunterführung von der Brennerstraße zum
Bahnhofsvorplatz endlich in Angriff genommen. Und die CSU heftet
sich diesen Erfolg gerne ans Revers. Doch der Tunnel-Plan hat
schon eine längere Geschichte hinter sich, noch bevor überhaupt
der erste Spaten angesetzt wird.
Ende der 90-er Jahre kam die Idee erstmals aufs
Tapet und wurde allgemein begrüßt. Verhandlungen mit der Bahn
zogen sich hin. Erst vor vier Jahren setzte man dazu an, Gelder im
Haushalt bereit zu stellen. Das aber ausgerechnet in einem Jahr,
in dem die Gewerbesteuereinnahmen einbrachen und die Stadt fast
ihre gesamten Rücklagen aufzehren musste. Deshalb stimmte die GAL
damals auch dagegen, aus finanzpolitischen Gründen – und musste
sich eine Salve von Vorwürfen anhören mit dem Tenor "GAL
ist gegen Fußgänger". Gebaut wurde trotzdem erst mal nicht,
das Geld dazu war eben wirklich nicht da.
Mittlerweile sieht die Haushaltslage der Stadt
nach langer Zeit wieder besser aus, weshalb die GAL bei den
Haushaltsberatungen erste Mittel für den Bau des Bahnhofstunnels
beantragte. Höchst überrascht waren da die KollegInnen der CSU
und stimmten – natürlich – dagegen. Das hinderte sie aber
nicht daran, ein paar Wochen später denselben Antrag selbst
nochmal zu stellen und sich nun mit der Initiative Bahnhofstunnel
öffentlich zu brüsten. Aber sei’s drum – ein Tunnel hat eben
viele Väter und Mütter.
Punktsieg nach Anträgen für die GAL
Die GAL ist nach wie vor die einzige Fraktion, die
das Wort "Haushaltsberatung" wirklich ernst nimmt. Alle
anderen Fraktionen sind in der Regel mit der Haushaltsvorlage der
Kämmerei zufrieden und würden am liebsten nach einer Stunde
alles abgestimmt haben. Das hat sich auch unter OB Andreas Starke
nicht verändert, im Gegenteil: Die traditionell auf drei
Nachmittage angesetzte Debatte peitschte Starke an einem
Nachmittag durch – und zwar den gesamten allgemeinen Teil, den
Kameralhaushalt, alle Stiftungshaushalte und die gesamten
Zielvorgaben des Beteiligungscontrollings für die städtischen
Betriebe.
Von der GAL kamen 25 Änderungsanträge, die das
Gremium zumindest ansatzweise zu politischer Aktivität und
Argumentation zwangen. Von den Fraktionen CSU, SPD und FW-BR wurde
jeweils ein Antrag gestellt, von den "Bambergern" und
übrigen Stadtratsmitgliedern gar keiner. Dass
CSU-Fraktionsvorsitzender Dr. Helmut Müller diese Debatte in
seiner Haushaltsrede dann am Ende als "die Stunde des
Parlaments" bezeichnete, machte die haushaltspolitische Posse
perfekt.
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