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Übersättigt von Menü-Gängen und Kulturprogramm

Bambergs Städtepartnerschaften sind nicht das, was sie sein könnten – Es fehlen Inhalte


Machen Städtepartnerschaften so satt, dass man keine Zeit mehr für Inhalte hat? Foto: Erich Weiß

Urlaub auf Kosten der Stadtkasse? Die sechs Städtepartnerschaften Bambergs machen es möglich. Aber das darf nicht alles sein, wenn es um internationale Kontakte auf kommunaler Ebene geht. Wo Bürger und Bürgerinnen den kulturellen Austausch längst pflegen, hinkt der Stadtrat seiner Verantwortung hinterher.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die GAL-StadträtInnen halten die Partnerstädte-Beziehungen Bambergs für immens wichtig und schätzen sie als guten Beitrag zur Völkerverständigung. Besonders förderungswürdig sind uns dabei der Jugendaustausch, da frühes Miteinander Toleranz erlernen und Fremdenfeindlichkeit durch Nichtwissen verhindern hilft.

Bürgerinnen und Bürger Bambergs pflegen dieses europäische Miteinander. Regelmäßig sind die Partnerstädte Bedford, Rodez, Esztergom, Praha 1, Feldkirchen und Villach Ziel von Besuchen von Vereinen, Verbänden, Theater, Musikgruppen, Chören, Schulen, usw. Der europäische Gedanke im jeweiligen Aktionsbereich dieser Gruppen in die Praxis umgesetzt: Neugier, Offenheit, Austausch und gegenseitiges Lernen, indem man sich mit dem auseinandersetzt, was anderswo gemacht wird.

Eigentlich müsste das doch auch Usus bei den regelmäßigen Zusammentreffen der Stadtratsdelegationen sein: politische Themen also, Diskussionen über kommunale Probleme, Erkundung von Problemstrategien in der Partnerstadt usw. Aber weit gefehlt: In erster Linie werden die Besuche der Ratsmitglieder genutzt, um sich auf Kosten von SteuerzahlerInnen im bequemsten Reisebus in die Partnerstadt bringen zu lassen. Man schüttelt sich artig die Hände, lässt sich unter fachkundiger Führung die Stadt zeigen, genießt Hochkultur vor Ort, speist hervorragend und teuer, und ist bestens untergebracht im ersten Hause am Platz. Schließlich kehrt man gut erholt zurück, wenngleich etwas übersättigt ob der vielen schönen Dinge, die es zu genießen galt.

Die GAL meint: StadträtInnen, die sich an Partnerschaftsreisen beteiligen, sollten einen angemessenen Beitrag zu den Reisekosten leisten. Ansonsten riecht das muntere Hin und Her allzu sehr nach steuerfinanzierter Urlaubsreise. Und das sollte sich in Zeiten knapper Kassen von selbst verbieten. Aber vor allem: Die Reisen müssen – jenseits von Menükarte und Kulturprogramm – politisch inhaltlich angereichert werden.

Das hätte übrigens einen positiven Nebeneffekt, denn dafür gibt es seit 1989 finanzielle Unterstützung der EU. Zum Beispiel bei Begegnungen von BürgerInnen vergeschwisteter Städte, die einen Dialog zur europäischen Integration organisieren, u.a. zu Themen wie "europäisches Sozialmodell", "Erweiterung", "Umweltschutz", "Stellung von Behinderten in der Gesellschaft", "Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", "Jugendliche, Schulsysteme und Lernen in der Informationsgesellschaft", "Entwicklung von Partnerschaften der örtlichen Wirtschaft" usw. Weiterhin bietet die EU thematische Konferenzen zur Förderung von Städtepartnerschaften und/oder Seminare zur Ausbildung von Verantwortlichen für die Partnerschaften in den Kommunen.

Es ließe sich also auch kommunalpolitisch so einiges aus einer Städtepartnerschaft machen!