Eine Bilanz von MdEP Elisabeth
Schroedter
Schon die Vorbereitung auf die
Erweiterung hat in den Beitrittsstaaten in hohem Maße zu
Demokratisierung und wirtschaftlichem Aufschwung beigetragen.
Gleichzeitig wurden in hohem Tempo die Umwelt- und Sozialnormen
der Europäischen Union in den östlichen Nachbarstaaten
eingeführt. Vor allem deshalb gibt es für mich keine Alternative
zur Erweiterung der EU. Gerade in den Grenzregionen ist es
wichtig, dass auf beiden Seiten die gleichen Normen für
Umweltschutz und die gleichen sozialen Rahmenbedingungen gelten,
um Abwanderungen von Betrieben vorzubeugen.
Osterweiterung ist ohne Alternative
In den Grenzregionen befürchten
viele BürgerInnen, dass die Erweiterung eine Flut von billigen
Arbeitskräften bringen wird. Aus meiner Sicht ist diese Sorge
unberechtigt. Einerseits gelten für Pendler und Arbeitssuchende
während der maximal siebenjährigen Übergangsfrist bei der
Freizügigkeit die jetzigen Regeln. Sie legen feste Kontingente
für Werkverträge und Saisonarbeiter fest. Andererseits belegen
Studien, dass sich die Migrationsbewegung von Ost nach West auch
ohne die Freizügigkeitsbeschränkung in überschaubaren Grenzen
halten wird.
Die Schonfrist für die
Grenzregionen darf jedoch kein Ruhekissen sein. Das bestehende
Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen
Platz" muss endlich wirkungsvoll durchgesetzt werden.
Gleichzeitig ist die Europäische Union in Zusammenarbeit mit den
Mitgliedstaaten aufgefordert, die Zeit zu nutzen, um für
gemeinsame Sozialnormen feste Rahmenbedingungen zu setzen. In Ost
und West müssen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um ein
hohes Beschäftigungsniveau zu garantieren. Soziale Gerechtigkeit
muss zu einem Projekt werden, das nationale und gesellschaftliche
Grenzen überwindet. Genau an dieser Stelle will ich mich in den
nächsten Jahren im Europäischen Parlament engagieren. Bereits in
dieser Legislaturperiode war es mir wichtig, dass Sozial- und
Beschäftigungsfragen – lange von der Kommission wenig beachtet
– in den neuen EU-Ländern stärker in den Blickpunkt rücken.
Soziale Ausgrenzung auch im Westen überwinden
Als Mitglied im Auswärtigen
Ausschuss war ich mit den Dossiers zu den Erweiterungsfragen
befasst. Viele Besuche führten mich in die neuen EU-Länder. Ich
kenne ihre Schwächen und ihre Stärken und bin deshalb
überzeugt, dass eine solidarische und gerechte Gemeinschaft
Wirklichkeit werden kann. Voraussetzung ist, dass die Europäische
Union die Solidarität zwischen Arm und Reich nicht den
Sparzwängen für einen harten Euro opfert. Wir wissen, dass
soziale Ausgrenzung nicht nur im Osten zu finden ist, sondern dass
es auch in Westdeutschland Stadtteile gibt, in denen die Menschen
nicht mehr am Wohlstand teilhaben. Nicht nur im Osten, auch im
Westen sind die ländlichen Räume massiv von Abwanderung bedroht.
Solidarität muss zum größten Integrationsmotor der kommenden
Jahre werden. Es ist wichtig, dass wir die Chancen entdecken, die
in der Erweiterung stecken und nicht vor Angst den Kopf in den
Sand stecken.
Förderung für beide Seiten
Die Grenzregionen haben dabei
Vorbildcharakter. Die vorhandenen Kontakte und Erfahrungen in der
Region sind für den Erfolg dieser Zusammenarbeit eine wichtige
Grundlage. Ich möchte mich in der nächsten Legislaturperiode
dafür einsetzen, dass für die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit Steine aus dem Weg geräumt werden, dass die
Akteure vor Ort bei den regionalen Entwicklungskonzepten und den
Investitionsvorhaben frühzeitig mitreden können. Das Geld, das
in diese Region fließt, muss nachhaltig eingesetzt werden und
beiden Seiten zugute kommen. Innovative Wirtschaftskonzepte,
erneuerbare Energien, Vollbeschäftigung, ökologische
Landwirtschaft und europäisch orientierte Ausbildungskonzepte
müssen im Vordergrund stehen. So könnten wirtschaftliche
Unterschiede zügig abgebaut werden. Allerdings darf nicht
zugelassen werden, dass die eine Seite durch höhere
Förderversprechen Betriebe von der anderen Seite abwirbt. Mit der
neuen Verordnung für die europäischen Strukturfonds, an der wir
jetzt im Regionalausschuss arbeiten, will ich dafür sorgen, dass
das zu einer festen Regel bei der Vergabe der Mittel wird. Die
regionale Unterstützung durch die EU soll zu einer
Win-Win-Situation für alle Regionen werden.
|