GAL BAMBERG

 zum gaz-Archiv

 

 

There's no business like Stadtrats-business

CSU und ÜBG bekamen die Quittung für jahrelange schwache Politikergebnisse, Tscherner wurde im Protestschwung auf Fraktionsstärke katapultiert – und die GAL arbeitete sich wieder mal um ein weiteres Stadtratsmandat nach oben. Nach der Kommunalwahl sind die Mehrheitsverhältnisse im Bamberger Stadtrat unüberschaubar – aber auch spannend. Eine Wahlnachlese mit Trendmeldungen.

 

CSU: Rudern war zwecklos

Sie ruderten und zogen, warben für mehr "Zugkraft", mehr "Schlagkraft" und mehr "Teamgeist". Eine nicht enden wollende Wahlkampf-Materialschlacht überflutete die Wählerinnen und Wähler. Zwischen Dankeschön-Pfennig an der Haustür und Franz-Eckert-Plastikbrieföffner (der übrigens im GAL-Fraktionsbüro brav seinen Dienst tut) konnte man sich der Tausende blauer Broschüren und Plakate kaum erwehren. Was das gekostet hat, behält die CSU wohlweislich für sich.

Für "echte Perspektiven" wollte die "neue CSU" stehen. Und hat trotz des riesigen Aufwands ihre eigene wichtig-ste Perspektive verfehlt: Mit 19 Mandaten landete man weit hinter der erträumten absoluten Mehrheit im 44-köpfigen Stadtratsgremium.

Der ambitionierte Kreisvorsitzende und Shooting Star Heribert Trunk, von der Lokalpresse als Hoffnungsträger präsentiert, bekam noch seinen persönlichen Dämpfer ab: Bürgermeister Werner Hipelius konnte letztlich mehr Stimmen für sich persönlich verbuchen und verdrängte seinen Parteifreund so von Platz Eins der CSU-Liste – die Schadenfreude in den eigenen Reihen war vernehmbar.

Trunks beginnende Demontage folgte auf den Fuß. Noch am Wahlabend schob er bei einem Fernsehinterview die Schuld für das wenig erfolgreiche Ergebnis des "bürgerlichen Lagers" OB Lauer zu und forderte dessen Rücktritt. Tags darauf ließ er eiligst ein Dementi im FT veröffentlichen und bekundete uneingeschränkten Rückhalt für den Oberbürgermeister. Falsch gerudert – und von der Mannschaft zurückgepfiffen.

Und schließlich wählte entgegen allen Erwartungen die CSU-Fraktion nicht Trunk zum Vorsitzenden, sondern den schon älter gedienten Peter Neller, der sich damit schon mal in den Startlöchern für die nächste Oberbürgermeisterwahl zurecht scharrt.

 

ÜBG: Daheim bleiben und Wunden lecken

Noch viel größer muss das Wehgejammer bei der ÜBG gewesen sein. In ihren einfallslos-langweiligen Wahlkampfbroschüren warben sie noch mit dem Slogan "... daheim sein und sich wohlfühlen...". Das konnte nach dem 3. März die Hälfte der ÜBG-Fraktion wörtlich nehmen: Von sechs auf drei Mandate schrumpften die "Überparteilichen", obwohl sie doch noch im Wahlkampf ihr größenwahnsinniges Ansinnen verbreiteten, zweitstärkste Kraft zu werden. Die Quittung der WählerInnen war deutlich und verdient: Wer sich der CSU sechs Jahre lang unentwegt, vorbehaltlos und mit peinlicher Hartnäckigkeit anbiedert, kann sich noch so oft das Etikett "überparteilich" umhängen – man glaubt’s einfach nicht mehr.

 

BBB: Desorientierter Brückenbauer

BBB-"Brückenbauer" Norbert Tscherner hingegen profitierte von den enttäuschten konservativen WählerInnen und zog gleich mit drei weiteren "Brückenheiligen" in Fraktionsstärke im Rathaus ein. Seine Wahlkampftaktik, sich als tatkräftiger Macher zu präsentieren, ging auf. Wie’s mit Tscherner und seinen Mannen – allesamt lokalpolitische Neulinge – weiter geht, ist noch unklar. Ob er tatsächlich, wie auf seinen Plakaten versprochen, die "Brücke zum Bürger" baut oder der Einfachheit halber eher zur CSU, bleibt abzuwarten. Bei den ersten Sitzungen im neuen Stadtrat zeichnete sich der bisherige Einzelkämpfer und jetzt neue Fraktionsvorsitzende vor allem durch rührende Desorientierung zwischen den verschiedenen Tagesordnungspunkten aus.

 

SPD: Bewegungsversuche?

Die vermeintliche Oppositionspartei SPD, die in den vergangenen Jahren meistens keine war, sondern mit der CSU gemeinsame Sache machte, stellte sich auf ihren Wahlplakaten vor allem "bewegt" dar. Herausgekommen ist die gleiche Sitzanzahl wie vor sechs Jahren, mit auch dem gleichen Personal. Ob sich da also viel bewegen wird?

Vorerst so viel: Nachdem sie ihren Frontmann Andreas Starke zum Wirtschaftsreferenten und Dritten Bürgermeister küren wollten, damit bei der CSU aber auf Granit stießen, waren die SPD-FraktionärInnen erst mal stinksauer, zeigten der CSU beleidigt die kalte Schulter und liebäugelten plötzlich mit einer überraschten GAL. Dass die junge SPD-Politikerin Anja Eichelsdörfer dann für das zweite Bürgermeisteramt gegen die CSU kandidierte, war ein Novum. Ob daraus schon eine neuer politischer Kurs erwächst, ist fraglich, aber immerhin der interessierten Beobachtung wert.

 

GAL: Im Aufwind

Die Bewertung der GAL lässt sich – auch in diesem "pro domo" sprechenden Kommentar – kurz und knapp fassen: ehrgeiziges Wahlziel erreicht, mit sechs Stadtratsmandaten eines hinzu gewonnen, jetzt drittstärkste Fraktion, mit 13,01% bestes Wahlergebnis aller Grünen in bayerischen Städten. Eine runde Sache.

Insgesamt ist die Situation im neuen Stadtrat jedoch unübersichtlich, Mehrheiten sind nicht sicher, noch gibt es keine festen Allianzen. Für die GAL könnte das eine Chance sein, sachliche Politik in den Vordergrund zu stellen.