Im Gespräch mit Ursula Sowa, Direktkandidatin
von Bündnis 90/Die Grünen für den Wahlkreis Bamberg-Forchheim.
Über ihre politischen Ziele, ihre Beurteilung der bisherigen
Regierungsarbeit und ihr Verhältnis zur grünen Partei.
gaz: Was zieht dich
nach über zwölf Jahren Kommunalpolitik in Bamberg jetzt auf die
bundespolitische Ebene nach Berlin?
Ursula Sowa: Gerade die
zwölf Jahre Stadtratsarbeit haben mir gezeigt, wie wesentlich die
Zusammenhänge zwischen den politischen Ebenen sind, wie wichtig
es ist, dass diese Ebenen fruchtbar zusammenarbeiten – Kommunen,
Land, Bund und Europa. Nur ein Beispiel: Als bei der Reform der
Zollbehörden bekannt wurde, dass Bamberg das Hauptzollamt
verliert, war die Stadt wie vor den Kopf geschlagen. Erst als wir
Grüne unsere Bundestagsabgeordnete Christine Scheel eingeschaltet
haben, konnten wir die Hintergründe der Entscheidung übersehen.
Und umgekehrt konnten wir Christine Scheel klar machen, wie
wichtig für die Stadt ein adäquater Ersatz ist. Das sollte
natürlich nicht nur auf grüner Ebene, sondern generell ablaufen.
Genau da möchte ich mich dahinter klemmen: mehr
Informationsaustausch, mehr Kommunikation, gegenseitiges
Verständnis für Entscheidungen und Bedürfnisse.
gaz: Das klingt
jetzt sehr nach unparteiischer Moderatorin – wolltest du nicht
auch als Vorkämpferin für Oberfranken nach Berlin?
Ursula Sowa: Das natürlich
auch. Wenn Oberfranken berechtigte Ansprüche hat – und das hat
es, wenn man sich die Arbeitsmarktzahlen ansieht – dann werde
ich natürlich die oberfränkische Fahne hoch halten. Das ist ja
gerade das Ausgleichen und Ausbalancieren, das ich meine.
Oberfranken ist seit langem benachteiligt und stellt jetzt
angemessene Forderungen.
gaz: Wo sollen deine
politischen Schwerpunkte liegen?
Ursula Sowa: Stadtentwicklung,
was auch schon bisher mein politischer Schwerpunkt war. Wobei ich
Wert darauf lege, dass ich darunter nicht nur
"Häuslesanieren" oder Straßenplanung verstehe, sondern
ganzheitliche Stadtentwicklung. In dem von der rot-grünen
Bundesregierung aufgelegten Programm "Die Soziale Stadt"
ist das beispielhaft verwirklicht. Hier wird auch gefragt: Was
brauchen Kinder und alte Menschen in dem Viertel? Gibt es genug
Grünflächen? Gibt es regionale Wirtschaftsstrukturen, die
gefördert werden müssen (in Bamberg wären das z.B. die
Gärtner)? Braucht man Integrationsangebote für ausländische
BürgerInnen? usw.
gaz: Wie bist du
denn persönlich mit der Politik der grünen Regierungspartei
zufrieden?
Ursula Sowa: Wenn ich super
zufrieden wäre, bräuchte ich ja nicht zu kandidieren....
Aber ernsthaft: Die Grünen haben vieles auf den richtigen Weg
gebracht: die Förderung erneuerbarer Energien natürlich als
absolutes Highlight, Ökosteuer, die Eingetragene Partnerschaft,
Verbraucherschutz, das neue Naturschutzgesetz, auch den
Atomausstieg und das Zuwanderungsgesetz – die Grünen sind
tatsächlich der Reformmotor in der Regierung.
gaz: Na, gerade bei
Atomausstieg und Zuwanderungsgesetz werfen viele den Grünen
Verrat an ihren eigentlichen Zielen vor und verlangen die
Koalition zu verlassen.
Ursula Sowa: Diese Meinung
teile ich nicht. Man hat seine idealen Ziele noch nicht verraten,
nur weil man sie nicht 100%ig umsetzen kann – wir haben
schließlich nicht die absolute Mehrheit im Bundestag. Mir ist
wichtig, etwas in die richtige Richtung anzuschieben. Sich einfach
aus der Verantwortung auszuklicken und nur zu kritisieren – das
ist nicht meine Art.
gaz: Siehst du auch
Versäumnisse der rot-grünen Regierung?
Ursula Sowa: Na klar –
gerade in meinem Bereich gibt es noch viel zu tun. Der
Flächenverbrauch durch neue Wohn, Gewerbegebiete oder auch
Straßen ist leider auch unter Rot-Grün riesig geblieben. Die
Reform der Baunutzungsverordnung und der Grundsteuer ist längst
überfällig. Und die Gemeindefinanzreform, von den Grünen gerade
wieder neu in die Debatte gebracht, muss endlich realisiert
werden. Ich finde es übrigens auch gar keine Schande, zuzugeben,
dass es noch Defizite gibt. Man muss sich natürlich vornehmen,
sie anzupacken.
gaz: Und die
Gretchenfrage: Wie beurteilst du eine Grünen-Unterstützung für
Kriegseinsätze?
Ursula Sowa: Das bedrückt
mich sehr, auch wenn ich weiß, dass die Grünen es sich beim
Afghanistan-Einsatz nicht leicht gemacht haben. Innerhalb der
Grünen will ich mich hier für die Position stark machen, die
Krieg als falsches Mittel zur Terrorismusbekämpfung ansieht.
Meiner Meinung nach muss eine gezielte polizeiliche und
strafrechtliche Vorgehensweise gewählt werden. Einen möglichen
Angriff der USA auf den Irak halte ich für nicht akzeptabel. Ich
würde dem als Bundestagsabgeordnete auch nicht zustimmen, wenn
die Koalition deshalb auf dem Spiel steht. Das ist übrigens auch
der Standpunkt der Bamberger GAL, den ich auf Bundesebene mit
Nachdruck weiter vertreten will.
gaz: Man hat den
Eindruck, Bündnis 90/Die Grünen sind von der ehemaligen
alternativen Protestpartei jetzt zur völlig etablierten Partei
geworden – mit Postenschacherei und Machtgeklüngel. Bist du
darüber enttäuscht?
Ursula Sowa: Wahrscheinlich
ist diese Entwicklung normal und unvermeidlich. Auch die Grünen
sind keine Insel mit lauter Gutmenschen. Aber, was ich bei den
Grünen schon immer – und auch heute noch – positiv finde,
ist, dass Kritik geäußert wird, und zwar lautstark. Das ist ein
unverzichtbares Regulativ, und das gibt es so auch nur in der
grünen Partei.
Das Interview führten Sylvia
Schaible und Dr. Gerd Rudel.
Mehr über Ursula Sowa unter www.ursula-sowa.de
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