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Rivalitäten in Bamberg Stadt und Land
behindern eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik
"Boom town Bamberg" hieß es in einem
Wirtschaftsjournal so schön, und berichtet wurde von einem
engagierten und attraktiven Wirtschaftsstandort Bamberg. Doch die
Berichterstatter sind weit weg und erfassen nur die halbe
Wahrheit. Denn: Potentiale sind zwar da im Wirtschaftsraum
Bamberg, aber sie schlummern sanft vor sich hin. Und das liegt vor
allem an den politisch führenden Kräften in Stadt und Land, die
lieber Kleinfehden ausfechten als gemeinsam Ideen zu entwickeln.
Auch das Bamberger Rathaus befindet sich in einem
wirtschaftspolitischen Dämmerzustand - weniger "boom"
als vielmehr "sleeping town hall". Beschäftigt ist man
vor allem mit der miesen Haushaltslage und setzt den Rotstift
allerorten an: eine komplette 32- köpfige Schulklasse an der
städtischen Wirtschaftsschule wird abgewiesen (siehe Bericht S.1)
– aus Geldmangel; die Sanierung des Kaliko-Ziegelbaus wird
gestoppt – aus Geldmangel; die Tarife in den Alten- und
Pflegeheimen werden unablässig angehoben – aus Geldmangel; man
liebäugelt sogar mit dem Verkauf der Stadtbau GmbH – aus
Geldmangel. Und vor lauter Finanznöten und Sparzwängen versäumt
man es, den Wirtschaftsstandort Bamberg weiterzuentwickeln, zu
mobilisieren und neue Ideen aufzugreifen. Würde die
Wirtschaftskraft in Bamberg boomen, sähe es dank der
Gewerbesteuer schon sehr viel besser aus in Bambergs Stadtkasse.
Viel Papier – wenig Taten
Die GAL-Stadtratsfraktion hat sich immer wieder
öffentlich geäußert, wie wichtig es ist, mit den umliegenden
Gemeinden im Landkreis Bamberg an einem gemeinsamen
Wirtschaftsstrang zu ziehen, der übrigens bis in den
Wirtschaftsraum Forchheim Stadt und Land reicht. Auch die
Verantwortlichen sind inzwischen darauf gekommen, was schwarz auf
weiß schon hie und da festgehalten ist. So beispielweise ein
gemeinsam unterschriebenes Papier aus Stadt und Landkreis Bamberg
und Forchheim. Dieser Urkunde folgte ein weiteres Papier, nämlich
eine sogenannte "Stärken-Schwächen-Analyse" für den
Wirtschaftsraum Bamberg-Forchheim. Und noch mehr Papier wurde
produziert: etwa das Konzept für Bamberg und Hallstadt in Sachen
"Gewerbegebiet Laub-anger" oder das "interkommunale
Entwicklungskonzept" für
Bamberg-Hirschaid-Bischberg-Hallstadt. Hervorragende Ansätze, um
"Regionales Denken" in die Köpfe zu bringen.
Stur- und Schlauköpfe
Aber in welche Köpfe? Das sind jede Menge. Die
Oberhäupter der Gemeinden, Städte und Landkreise, sowie die
Häupter der Verwaltungen und Räte. Jede Menge Schlauköpfe, jede
Menge Sturköpfe. Und die haben Jahrzehnte lang gerade andersherum
gedacht, nämlich nicht in und für die Region, sondern haben sich
ihren Kopf zerbrochen, wie es "mit meiner Gemeinde"
aufwärts geht. Und da war es an der Tagesordnung, schneller,
besser, schlauer zu sein als die Nachbargemeinde. Die
Konkurrenzsituation "Jeder gegen jeden" spiegelt sich
bis heute in persönlich lange gewachsenen Animositäten wieder,
die die Atmosphäre vergiften. "Wer ist der Schönste im
ganzen Land?" ist nach wie vor der Motivationsschub, sich ins
Zeug zu legen. Kein Wunder: Solange lauter Stiefmütter
Schneewittchens das Land regieren, haben interkommunale Konzepte
kaum eine Chance.
Anachronistisches Denken
Nach wie vor streitet man sich munter um
Gewerbeansiedlungen, Wasserschutzgebiete, Kulturkostenübernahmen,
Schulkosten, Hafengleisumlegungen, und ist weit davon entfernt,
gemeinsam zu eruieren, wo welche Ansiedlung am sinnvollsten ist,
wo welches Projekt mehr Effizienz bringt. Das kleinräumige Denken
ist nicht nur schuld an der Zersiedelung unserer Landschaft, es
ist ein Anachronismus, der unsere Region im Vergleich zu Regionen
um Würzburg, Bayreuth und Nürnberg abhängt. Ökologische,
soziale, kulturelle und ökonomische Pluspunkte sind gerade im
Raum Bamberg-Forchheim hervorragend darzustellen. Dafür ist es
aber unumgänglich, dass alle Beteiligten die Vorteile eines
gemeinsamen Erscheinungsbildes erkennen. Zauberworte wie
"interkommunaler Finanzausgleich",
"Gewerbesteuerzweckverband",
"Regionalmarketing" müssen schnellstmöglich in die
oben genannten Schlau- und Sturköpfe Eingang finden. Ein
gemeinsam getragenes Regionalmanagement bedeutet mehr als
herkömmliche Wirtschaftsförderung, es bedeutet ein Miteinander,
ein Geben und Nehmen und gegenseitigen Respekt.
Noch also fehlt es am Grundsätzlichen.
Zauberwörter des regionalen Denkens
Interkommunaler Finanzausgleich:
Finanzausgleich innerhalb einer Region, der berücksichtigt, dass
bestimmte soziale, kulturelle oder andere Einrichtungen von einem
bestimmten Teil der Region bereitgestellt, aber von der gesamten
Region genutzt werden. Beispiele: Theater, Schulen, Hallen,
öffentlicher Nahverkehr.
Regionalmarketing:
Vermarktungsstrukturen von Produkten einer Region für diese
Region. Zusammenschluss von Produzenten vor Ort zu gemeinsamen
Labels oder Siegeln, die auf die regionale Herkunft hinweisen.
Gewerbesteuerzweckverband:
Zusammenschluss eines Wirtschaftsraums, in dem die Einnahmen aus
Gewerbesteuern nach einem vereinbarten Schlüssel auf alle
Gemeinden umgelegt werden. Bisher bekommt jede Gemeinde die
Gewerbesteuern von Gewerbebetrieben auf ihrem Gebiet, so dass zum
Teil krasse Konkurrenzsituationen innerhalb eines Wirtschaftsraum
auftreten.
Regionalmanagement:
Weit gefasstes regionales Denken, das sich nicht nur auf
Wirtschaftspolitik bezieht, sondern auch Bereiche wie Schulbedarf,
Bedarf an Altenheimplätzen, Planung von Mobilfunkanlagen,
Einzelhandelsgebieten u.v.m. berücksichtigt.
Mit der Brennstoffzellentechnik …
… könnte sich der Wirtschaftsraum
Bamberg einen Namen machen. Die GAL hat schon einmal damit
angefangen. Bei der GAL-Fachtagung "bamberg: brennstoffquelle
brennstoffzelle" referierten namhafte Wirtschaftsvertreter
über den Einsatz von Brennstoffzellen in der Fahrzeugtechnik. Im
Bild Viktor Schaller von M.A.N. München, der den neuesten
Brennstoffzellenbus seiner Firma vorstellte. Die Stühle im
Vortragsraum des Innovations- und Gründungszentrum reichten für
die zahlreichen TagungsteilnehmerInnen nicht aus, so groß war das
Interesse. Ein gemeinsames Ziel der Wirtschaftsregion könnte es
sein, Produktion und Entwicklung dieser boomenden schadstoffarmen
Technologie zur Energieerzeugung gezielt hier anzusiedeln.
(Foto: Axel Nordmann)
Lesen Sie zu diesem Thema auch unsere Rubrik Vor
10 Jahren in der GAL-Zeitung.
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