Kreuzritter von gestern
Unabhängig davon, wie lange sie schon zusammen
lebten, galten gleichgeschlechtliche PartnerInnen bis vor kurzem
vor dem Gesetz in Deutschland als Fremde. Sie hatten nicht die
gleichen BürgerInnenrechte wie heterosexuelle
Lebensgemeinschaften, übernahmen zwar gegenseitig
Fürsorgepflichten, ohne aber rechtlich abgesichert zu sein. Auf
Initiative von Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung nun
ein Lebenspartnerschaftsgesetz umgesetzt und ist damit auch dem
Verfassungsauftrag gerecht geworden, der eine Diskriminierung
wegen der sexuellen Orientierung verbietet.
Bis zur letzten Minute versuchte jedoch
insbesondere die Bayerische Staatsregierung, die gesellschaftliche
Gleichstellung von Homosexuellen zu torpedieren. So wollte sie mit
Unterstützung der Sächsischen Staatsregierung per Eilantrag
erreichen, dass das Gesetz auf Eis gelegt wird, bis das
Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der
Eingetragenen Partnerschaften geprüft hat. Mit diesem Versuch
sind die Gegner aber kläglich gescheitert.
Auch der Hauptverhandlung, in der über Bayerns
Verfassungsklage gegen das Gesetz entschieden wird, können wir
mit großer Zuversicht entgegensehen. Stoibers Wehklagen über die
vermeintliche Gefährdung von Ehe und Familie wird der
juristischen Prüfung nicht stand halten. Die Staatsregierung
kämpft mit ihrem Kreuzzug gegen die Rechte homosexueller Paare
die Schlachten von gestern.
Nach der Zurückweisung des Eilantrags lässt sich
die Staatsregierung jetzt offensichtlich von kleinlichen
Rachegefühlen leiten und praktiziert eine Verzögerungstaktik:
Zuerst verwehrte sie eine Eintragung von Lebenspartnerschaften ab
dem 1. August 2001, dem Tag des Inkrafttretens des Bundesgesetzes.
Eine Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit in Bayern, die es
nach unserer Meinung nicht geben darf.
Dann entschied die Staatsregierung, dass in Bayern
nur Notare eine solche Eintragung vornehmen können, obwohl laut
Bundesgesetz eine Behörde vorgesehen ist. Notare sind zwar mit
öffentlichen Aufgaben betraute Unternehmer, sie sind jedoch
unabhängig und unterliegen im Gegensatz zu Behörden keiner
Staatshaftung. Die Staatsregierung verweist also Lesben und
Schwule wieder in den privaten Bereich, eine gesellschaftliche
Anerkennung soll ihnen weiterhin verwehrt bleiben. Außerdem sind
für die Paare erheblich höhere Kosten beim Notar zu befürchten.
Weil sich viele dennoch nicht von ihrer
Entscheidung für eine Lebenspartnerschaft abbringen lassen, geben
sich einige bayerische Paare einfach außerhalb Bayerns das
Ja-Wort. Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen will
ihnen ein besonderes Hochzeits-Geschenk machen: ein Sektempfang in
den heiligen Hallen des Bayerischen Landtags. Termin soll der 9.
oder 10. Oktober sein – der Tag, an dem das bayerische
Ausführungsgesetz für die gleichgeschlechtlichen
Lebenspartnerschaften im Landtagsplenum voraussichtlich zur 1.
Lesung aufgerufen wird.
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