GAL BAMBERG

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Legenden um Lauer

Wenn er sich gegen eine aus seiner Sicht falsche Behauptung wehren wollte, dann griff der ehemalige Oberbürgermeister Herbert Lauer gern zu der Formulierung: "Um einer Legendenbildung vorzubeugen …" Nach seiner Verabschiedung steht zu befürchten, dass Lauer selbst bald zum Gegenstand solcher Legenden wird. Er wird deshalb sicher nichts dagegen haben, wenn die gaz ihm diesmal die Aufgabe abnimmt, einer Legendenbildung vorzubeugen.

 

Legende Nummer 1: Lauer hat die Schulden der Stadt halbiert.

Herbert Lauer hat angeblich den Schuldenstand der Stadt Bamberg von 75 Millionen auf 37 Millionen nahezu halbiert. An dieser Legende hat Lauer in den vergangenen Jahren selbst kräftig mitgestrickt. Sie ist trotzdem falsch. Die "Entschuldung" ist nichts anderes als ein Haushaltstrick: 1999 wurde ein besonders schuldenintensiver Teil der Stadtverwaltung, der gesamte Baubetrieb inkl. Abwassersystem (Kanal und Kläranlage), ausgegliedert: jetzt Entsorgungs- und Baubetrieb (EBB). Auf diese Weise "verschwanden" von einem Tag auf den anderen 35 Mio. Euro Schulden – aber leider nur buchungstechnisch. Sie tauchen jetzt nicht mehr im städtischen Haushalt auf, sondern im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs – so einfach, so wirksam für die Legendenbildung.

Betrachtet man die Schulden der Stadt und des EBB zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Ende 2005 hat der Stadthaushalt rund 37 Mio. Euro Schulden, der EBB gut 80 Mio. Zusammen also über 117 Mio. Verglichen mit dem ersten Jahr der Ära Lauer sind das also 42 Mio. Euro mehr Schulden – eine Zunahme von fast 60%.

 


Die Entwicklung der Stadtschulen unter OB Lauer. Die EBB-Schulden gehen größtenteils auf die Kanalsanierung zurück. Die in der Ära Lauer erreichte Schuldenreduzierung bei den rein städtischen Schulden von 52 auf 37 Mio Euro macht nicht die Hälfte, sondern "nur" 19% aus.
Quelle: Jahresberichte des Rechnungsprüfungsamtes, Jahresergebnis 2005, Wirtschaftsbericht EBB

 

Legende Nummer 2:
Lauer hat die Personalkosten erheblich gesenkt.

In Lauers Amtszeit – so Bürgermeister Hipelius in seiner Laudatio anlässlich der Verabschiedung Lauers – seien auch die Personalkosten erheblich gesunken. Ihr Anteil am Gesamthaushalt habe sich von "gut 36 % auf knapp 29 %, also um fast 7 %" verringert. Wie Hipelius zu diesen Zahlen kommt, ist schleierhaft. Im Haushaltsplan für 2005 ist nämlich ein Personalkostenanteil von 35,1% ausgewiesen, also nur unwesentlich weniger als am Beginn von Lauers Amtszeit. Aber auch hier macht Hipelius zusätzlich den gleichen Fehler wie bei den Schulden: er vergleicht Äpfel mit Birnen. Will man zu einem realistischen Bild kommen, dann darf man nicht nur den Kameralhaushalt der Stadt betrachten, sondern muss auch die inzwischen ausgegliederten "Töchter" des Konzerns Stadt (also: Klinikum, Altenheime, EBB) im Blick behalten. Dann stehen (umgerechnet) rund 125 Mio. Euro Personalkosten zu Beginn von Lauers Amtszeit rund 145 Mio. Euro heute gegenüber. Bezogen auf die Gesamtausgaben sind das: 48 Prozent vor 12 Jahren und 50 Prozent heute. Also: Von einer spürbaren Senkung der Personalausgaben kann keine Rede sein. Im Gegenteil. Übrigens: Die GAL findet das keineswegs schlimm. Denn: Gutes Personal darf auch etwas kosten.

 

Legende Nummer 3: Lauer hat in Bamberg Solardächer gebaut.

"Auf mehreren Schulen wurden Solaranlagen installiert", sagte Bürgermeister Hipelius in seiner Laudatio. Das ist schon richtig – aber was hat das mit Oberbürgermeister Lauer zu tun? Nichts. Denn die Solaranlagen auf der Fachoberschule, dem E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium und der Gaustadter Grundschule sind: Bürgersolardächer. Wenn dafür jemand zu loben ist, dann sind es der Bund Naturschutz und GAL-Stadtrat Peter Gack, von denen die Initiative für diese Anlagen ausgegangen ist und die auch tatkräftig daran mitgewerkelt haben. Von der Stadtverwaltung gab es dafür keine Unterstützung (sieht man einmal davon ab, dass sie "großzügig" die Dächer für die Installation zur Verfügung gestellt hat…) und keinen Cent.

 

Legende Nummer 4:
Lauer hat die Verwaltungsreform umgesetzt.

Bürgermeister Hipelius lobte: "Ein Organisationsgutachten (das sogenannte BSL-Gutachten) aus dem Jahre 1994 brachte zahlreiche Empfehlungen, die im Laufe der letzten 12 Jahre zu einem großen Teil umgesetzt werden konnten." Die lange Liste, die Hipelius dann herunterbetete, enthält Selbstverständlichkeiten wie die Durchführung von Bürgerversammlungen (die sich auch unter Lauer entgegen ursprünglicher Versprechungen nicht über den gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Turnus hinauswagten) oder die Internet-Präsenz der Stadt Bamberg sowie schlichte Baumaßnahmen (Aufzug im Rathaus!), die mit einer "Verwaltungsreform" rein gar nichts zu tun haben. Auch nach den anderen von Hipelius genannten Punkten wird man im BSL-Gutachten vergebens suchen. Allenfalls die Einrichtung der Infothek und das städtische Gebäudemanagement beruhen auf Empfehlungen des Gutachtens. Wozu also das ganze Tamtam? Um abzulenken von der Tatsache, dass eine Verwaltungsreform, die diese Bezeichnung verdienen würde, in Bamberg nach wie vor aussteht und die hiesige Stadtverwaltung meilenweit hinter dem herhinkt, was anderswo mittlerweile Standard ist: echte Budgetierung, regelmäßiges Berichtswesen, neues kommunales Finanzmanagement – all das sind in Bamberg nach wie vor Fremdwörter.

 

Legende Nummer 5:
Lauer hat den Ausbau der Tagungsinfrastruktur vorangebracht.

Klar. Stimmt schon: Das neue Hotel an der Konzert- und Kongresshalle ist gebaut, die Tagungs- und Ausstellungsräume im Ziegelbau sind in Betrieb. Aber: um welchen Preis – das wird lieber verschwiegen. Der Name "Warmuth" und das skandalöse Versagen der Rathaus-Juristen mit Lauer an der Spitze sind – natürlich! – kein Thema für eine Laudatio …

 

Ziemlich peinlich mutet auch der stetige Versuch an, auf privaten Initiativen und Investitionen beruhende Entwicklungen dem Konto Lauers gutzuschreiben. So wird auch ein Highlight wie der Bamberger Skulpturenweg plötzlich Lauers Verdienst, obwohl die Initiative dafür doch vom Künstlerhaus Concordia ausgegangen ist und mit großem bürgerschaftlichem Engagement umgesetzt wurde. Das alles erinnert an jene Art von Geschichtsschreibung, in der einem Herrscher das Verdienst für alles zugeschrieben wird, was unter seiner Ägide sich an Positivem ereignet hat. Für demokratisch organisierte Gemeinwesen sollte allerdings gelten: Ehre, wem Ehre gebührt. Mit fremden Federn geschmückt zu werden, das hat Lauer, den wir eigentlich eher als bescheidenen und unprätentiösen Menschen kennen gelernt haben, wirklich nicht nötig.