GAL BAMBERG

 zum gaz-Archiv

 

 

Umweltschutznoten für Bamberg:
Im Durchschnitt "ausreichend"

25 Jahre Umweltschutz feierte die Stadt Bamberg im vergangenen Jahr, denn 1980 wurde erstmals ein Sachgebiet Umweltschutz beim Ordnungsamt eingerichtet. Seit 1989/90 gibt es sogar ein Umweltreferat und ein Umweltamt. Doch im Rückblick gilt es, abseits der Lobreden anlässlich offizieller Feierstunden, zu fragen, was diese 25 Jahre für die Umwelt gebracht haben. Ein – nicht nur erfreuliches – Zwischenzeugnis

 

Abfallwirtschaft: Note 2

Beginnen wir mit dem Positiven zuerst: Ein echter Erfolg, ja seinerzeit gar eine Pionierleistung in Sachen Umweltschutz war das in den 90-er Jahren eingeführte Abfallwirtschaftssystem "Tränn hald aa". Die Abfallwirtschaftssatzung setzte fast vollständig einen damaligen Antrag der GAL um. Die Mischung aus Holsystem (graue Tonne, Biotonne, Gartenabfälle, Altpapier, gelber Sack) und Bringsystem (Altglas, Sondermüll) sowie der Bau eines eigenen Recyclinghofes führten zu einer deutlich verbesserten Trennquote und Verwertung recycelbarer Stoffe. So konnte seit 1999 die Menge an gesammeltem Glas um 50% erhöht werden, Papier wird heute nahezu doppelt so viel gesammelt und Bioabfälle dreimal so viel kompostiert wie noch vor 15 Jahren. Der Restmüll, der im Müllheizkraftwerk landete, wurde damit reduziert: von fast 18.000 Tonnen im Jahr 1991 auf 13.000 Tonnen im Jahr 2003.


Glascontainer in der Holzgartenstraße.

 

Naturschutz: Note 2

Förderlich für den Naturschutz war sicherlich die Biotopkartierung, die erstmals 1989 erstellt wurde. Zwei Jahre später beschloss der Stadtrat auf Vorschlag der GAL, den damaligen Stand (10 % der Stadtfläche waren Biotope) zu halten, bzw. auszubauen. Das ist gelungen: Im Jahr 2003 machen Naturflächen 16,6 % der gesamten Stadtfläche aus. Zahlreiche Areale wurden naturschutzrechtlich geschützt, ein stadtökologischer Lehrpfad wurde eingerichtet, Bamberg schloss sich dem Projekt "Sandachse" an. Seit 1993 gibt es aufgrund einer GAL-Intitiative die Baumschutzverordnung, und mit den Parkpflegekonzepten für den Hain und den Michelsberger Garten ging man erfolgreich neue Wege bei der Kooperation von Denkmal- und Naturschutz.

 

Energie: Note 4

1993 trat die Stadt Bamberg dem Klimabündnis bei und hat sich damit das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Doch die konkreten Anstrengungen dazu lassen bis heute auf sich warten. Ein energiesparendes Gebäudemanagement für die städtischen Liegenschaften hat zwar mittlerweile gute Grundlagenarbeit geschaffen, der große Wurf in der energetischen Sanierung des städtischen Gebäudebestandes ist bisher allerdings noch nicht gelungen. Die (eigentlich innovativen) fifty-fifty-Projekte an Schulen (die den Schüler-Innen und LehrerInnen Anreiz und Belohnung fürs Energiesparen bieten sollten) zogen sich ziemlich schleppend dahin und kamen kaum über das Berichtsstadium hinaus – nur wenige Maßnahmen wurden konsequent umgesetzt. Nach einem GAL-Vorschlag ist Bamberg seit knapp zwei Jahren immerhin Mitglied in der Energieberatung Oberfranken, es bleibt zu hoffen dass die Stadt diese Kompetenz für die BambergerInnen hoffentlich bald auch ausgiebig abruft.

Die Stadtwerke entwickeln bei der Förderung der regenerativen Energien ausgesprochen wenig Energie. Nur 46 KundInnen beziehen bei den Stadtwerken über den Best-Natur-Tarif grünen Strom, obwohl es das Angebot bereits seit sechs Jahren gibt. Und investiert wird kaum in eigene Solar- oder Windstrom-Projekte. Vielmehr hängten sich die Stadtwerke lediglich an eines der von GAL-Stadtrat Peter Gack initiierten Bürgersolardächer an. Ihre Eigeninitiative beschränkt sich bis jetzt auf eine kleine Photovoltaikanlage beim Babenberger Ring.

 

Fernwärme: Note 5

Ähnliches gilt für Fernwärme: 1996 gründeten die Stadtwerke zusammen mit der -Joseph-Stiftung zwar die Fernwärme GmbH, die heute über 500 Gebäude mit Wärme versorgt. Aber allein mit den jetzigen Kapazitäten könnten es leicht doppelt so viele sein, und ein weiterer Ausbau der Technologie wäre dringend angeraten (z.B. auf der ERBA-Halbinsel), um Bambergs CO2-Ausstoß zu verringern. Bei viel mehr neuen Baugebieten könnte man diese Techniken nutzen, doch solche "Neuheiten" verbreiten sich in Bamberg nur schleppend, auch wenn GAL-StadträtInnen im Stadtrat dies permanent anmahnen.


Blockheizkraftwerk  der Joseph-Stiftung bei der Mayerschen Gärtnerei. Fotos: Erich Weiß

 

Ökologisches Bauen: Note 5

Bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen städtischer Gebäude wird noch immer viel zu wenig auf den Energieverbrauch geachtet. Die Sanierung des E.T.A.-Hoffmann-Theaters beispielsweise beansprucht zwar ästhetisch hochwertige Architektur, energetisch aber ist sie antiquiert. Im Theaterbudget hat sich der Posten "Ständiger Unterhalt", der zum größten Teil aus den Stromkosten besteht, im Vergleich zum alten unsanierten Gebäude vervierfacht. Und die Haushaltsstelle "Heizung und Reinigung" ist heute doppelt so hoch wie vor der Sanierung. So wurde also zwar kurzfristig bei den Investitionskosten gespart, langfristig aber ist ein höherer Energieverbrauch die Folge, für den wir alle und die Umwelt zahlen.

Auch die über Bebauungspläne möglichen politischen Vorgaben (Einrichtung von Blockheizkraftwerken, Dächer-Südausrichtung, ökologische Bauweise) werden vom Stadtrat nicht genutzt.

Ökologie wurde auch bei der Neuausweisung von Baugebieten in den letzten 25 Jahren nicht besonders groß geschrieben. Dem Vorzeigeprojekt "Ökosiedlung Cherbonhof" folgte nicht mehr viel nach: Das experimentelle Wohngebiet am Ochsenanger verwirklichte zwar noch teilweise ökologische Bauprinzipien, aber der Vorgabe "autofrei" trug man nur insofern Rechnung, als die Autos eben nicht direkt vor den Häusern, sondern außerhalb des Wohngebiets abgestellt werden. Neue Baugebiete gab es beispielsweise an der Weide (jetzt Geschwister-Scholl-Ring) auf alten Gärtnerflächen, auf dem Gelände der "Mayerschen Gärtnerei", obwohl dieses wegen der Frischluftversorgung der Innenstadt besser nicht bebaut worden wäre, und im Südwesten Bambergs (beim Babenberger Viertel), wo sich seit Jahren der Flächenfraß mit neuen Wohn- und Gewerbegebieten ausbreitet. Demgegenüber wurde es versäumt, brach liegende Flächen und Baulücken wie etwa das Schäffler- und das Glaskontorgelände für neue Nutzungen weiter zu entwickeln.

 

Verkehr: Note 5

Kaum besser sieht es in der Verkehrspolitik aus: Das einzige, was hier in 25 Jahren in erklecklichem Ausmaß produziert wurde, sind Gutachten: Billinger, Stucke, Kirchhoff, Bamberger Verkehrskonzept und aktuell der Verkehrsentwicklungsplan. Nur mit der Umsetzung der Maßnahmen hapert es gewaltig. Die Investitionen in verkehrslenkende Maßnahmen, ÖPNV, Rad- und Fußgängerverkehr stehen in keinem Verhältnis zu dem, was für motorisierten Individualverkehr ausgegeben wird: Kronacher Straße (ca. 6 Mio Euro), Sanierung Berliner Ring (ca. 6 Mio Euro), Tiefgarage Georgendamm (ca. 10 Mio Euro) und Tiefgarage Konzerthalle (ca. 5 Mio Euro) sind nur einige Beispiele.

Das Resultat einer solch halbherzigen Verkehrspolitik sind weiterhin große Verkehrsbelastungen in manchen Straßen inklusive Lärm, Luftbelastung, Unfallgefahren und ganz zu schweigen von der geminderten Lebensqualität für alle, die hier wohnen, arbeiten, einkaufen oder sich aufhalten wollen.

 

Agenda 21: Note 4

Der Agenda-Prozess, 1996 von der Stadt eingeleitet, sollte Bürger und Bürgerinnen an einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt beteiligen. Heute ist außer dem regen Agenda-Forum Verkehr nicht mehr viel davon übrig geblieben – und dessen Vorschläge werden von Teilen der Verwaltung auch nicht gerade freudig aufgegriffen, sondern eher angenervt zur Kenntnis genommen. Aus dem Agenda-Forum Bauen und Wohnen ging immerhin der Stadtplanungsbeirat hervor, ein durchaus wertvolles Gremium für die Stadt, jedoch eine Expertenrunde und mithin nicht gerade die optimale Umsetzung einer an Bürgerbeteiligung orientierten Lokalen Agenda 21. Darüber hinaus versandeten alle anderen Agenda-Initiativen, weil sie von Politik und Verwaltung nicht ausreichend ernst genommen wurden. Fazit: Frust statt Beteiligung.

 

Regionalprodukte: Note 5

Nicht einmal ein Regionalvermarktungskonzept für heimische Produkte anzustoßen, bewältigte die Stadt aus eigener Kraft, obwohl doch die Bamberger Gärtner als wichtiger Faktor im Weltkulturerbe dringend eine solche Unterstützung brauchen könnten. Mehrere GAL-Anträge in diese Richtung verhallten ungehört im Stadtrat. Erst im vergangenen Jahr wurde die Regionaltheke für Lebensmittel aus der Region ins Leben gerufen, aber vom Landkreis – die Stadt schaffte es gerade mal, sich in letzter Minute an die Initiative dranzuhängen, um sich nicht völlig zu blamieren.

 

Es bleibt also noch viel zu tun, um den Notendurchschnitt zu bessern. Und die GAL verspricht natürlich, auch weiterhin mit Nachhilfeanstößen dazu beizutragen, auch wenn’s mühsam ist …