Frieden nur ohne Gesichtsverlust
Die Irak-Krise beschäftigt die
grüne Bundestagsfraktion nahezu in jeder Fraktionssitzung. An
allen Sitzungen nehmen Außenminister Joschka Fischer und
Staatssekretärin Kerstin Müller teil, die nach meiner
Einschätzung die Frage, welche Rolle Deutschland in der
Irak-Krise einnimmt, mit einer offensichtlichen, persönlichen
Betroffenheit behandeln. Joschka Fischer ringt und wirbt um
Verständnis, wenn er wegen seiner ausweichenden Antworten auf
Fragen zur Stellungnahme Deutschlands im Sicherheitsrat
angesprochen wird. In der Fraktion wird selbstverständlich
"Klartext" gesprochen und gefragt. Nicht nur Christian
Ströbele und Winnie Herrmann stellen die oberkritischen Fragen,
auch wir neuen Abgeordneten tragen unseren Teil bei.
Über Weihnachten hatten wir in
der sitzungsfreien Zeit stets den heißen Draht zum Büro von
Winfried Nachtwei, dem sicherheitspolitischen Sprecher unserer
Fraktion. Diese Mails dienten der internen Unterrichtung, sprich,
sie sollten vertraulich behandelt werden. Ich habe auf diesem Wege
erfahren, welche aktuellen Meldungen in den USA, im Irak, in
Großbritannien, in der Türkei lanciert wurden. Über die
Nachricht, amerikanische und britische Kampfflugzeuge hätten nach
Irak-Angaben am 5. Januar zivile Einrichtungen im Süden des
Landes angegriffen, Opfer habe es keine gegeben, bin ich
persönlich am meisten erschrocken. Dies war mit ein Auslöser,
dass ich am 8. Januar die so genannte Hamburger Erklärung
unterzeichnete (siehe unten).
Für mich ist ganz klar: Der
drohende Kriegseinsatz im Irak ist das falsche Mittel und es gilt,
diese Meinung deutlich und entschieden zu äußern. Ich hoffe und
vertraue hier insbesondere Joschka Fischer, dass ganz Europa an
einem Strang ziehen wird. Die Haltung Großbritanniens sollten
sämtliche Europäer hinterfragen. Das deutsch-französische
Treffen in Versailles hat deutlich gemacht, dass zumindest
Deutschland und Frankreich sich in dieser Frage einig sind.
Aus meiner Sicht ist es in der Tat
das Verdienst Joschka Fischers, die Position Deutschlands,
nämlich eine Nichtbeteiligung am Irak-Einsatz, deutlich
formuliert zu haben und diesem Standpunkt auch mit allen Kräften
Nachdruck zu verleihen. Unser aller Verdienst wird es sein, einen
politischen Weg zu finden, der den Amerikanern den Rückzug von
ihrem barbarischen Ansinnen ohne Gesichtsverlust ermöglicht.
Wir alle wissen: Ein Krieg über
Wochen und Monate würde die ganze Region destabilisieren, dem
antiwestlichen Terrorismus Auftrieb geben und die Gefahrenlage nur
verschlimmern. In diesem Sinne bitte ich alle Bürger und
Bürgerinnen unseres Landes um tatkräftige Unterstützung, diesen
Krieg zu verhindern und einen politischen Umgangston zu finden,
der es auch Kriegsbefürwortern ermöglicht – und das wiederhole
ich gerne – ohne Gesichtsverlust davon ablassen zu können.
Ursula Sowa (MdB)
Hamburger Erklärung
Die gemeinsame Erklärung von Grünen und
Sozialdemokraten vom 8. Januar 2003 fordert die USA dazu auf, sich
an das UN-Verbot eines Angriffskrieges zu halten. Die
UN-Resolution 1441 ermächtigt nach Meinung der Unterzeichnenden
nicht zu Kampfeinsätzen im Irak. Sie erwarten von der deutschen
Bundesregierung, dass sie im Sicherheitsrat gegen eine mögliche
Kriegsermächtigung stimmt und für diese Haltung auch bei anderen
Sicherheitsratsmitgliedern wirbt.
Mehr unter www.gruene-linke.de.
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