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Die historische Ecke

"So erblüht ihr ein Trost …"

Warum der Schillerplatz Schillerplatz heißt

von Stephan Link

Seit geraumer Zeit wird eine Diskussion zur Umbenennung des Schillerplatzes in E.T.A.-Hoffmann-Platz geführt. Dabei weiß kaum jemand, wie der Schillerplatz zu seinem Namen kam. Nicht die Person des Dichters sollte geehrt werden, vielmehr stand die Umbenennung des Theaterplatzes 1859 symbolhaft für eine politische Idee des 19. Jahrhunderts.


Foto: Sylvia Schaible

Ende Mai 1859 beschwerte sich ein Leserbriefschreiber im Tagblatt entrüstet, französische "Crinolinen" (Reifröcke) seien in den "höheren Gesellschaftskreisen" Bambergs immer noch zu finden und schlug vor, französische Mode zu verbannen. Nun war dieser Bürger keineswegs ein gänzlicher Verächter französischer Wäsche. Hinter seinem Missmut gegen die Crinoline verbarg sich eine ablehnende Haltung gegenüber dem französischen Machthaber Napoleon III. Dieser wiederum galt mit seiner Politik als Garant für die deutsche Kleinstaaterei (also auch für das Bayern-Königreichlein von Napoleons Gnaden), als Verhinderer eines geeinten deutschen Nationalstaats und damit auch als Hemmschuh auf dem Weg zu mehr bürgerlichen Mitbestimmungsrechten.

Nach der Revolution von 1848/49 hatte die bayerische Obrigkeit jegliche Äußerung nationaler Sehnsüchte oder bürgerlicher Freiheitswünsche brutal unterdrückt. Politische Parteien und Versammlungen waren unter Strafandrohung verboten. So suchte sich die politisch interessierte Öffentlichkeit Auswege, um ihre Ziele darzustellen.

Zu diesem Zweck bot sich auch der 100. Geburtstag Schillers im November 1859 an. Friedrich Schiller galt damals als der "deutscheste" aller Dichter, als "Personifikation der deutschen Natur". Dementsprechend drückte die Verehrung für ihn die Sehnsucht weiter Teile der Bevölkerung nach einer Verwirklichung der deutschen Einheit aus. Die wiederauflebende Nationalbewegung nutzte dies zu deutschlandweiten Demonstrationen.

Auch in Bamberg organisierte ein Komitee eine Schillerfeier, die "einen schönen Bestandtheil des allgemeinen deutschen Nationalfestes" bilden sollte. In einem Aufruf an die Bamberger umriss das Komitee seine Vorstellungen: "Wenn es der lebenden Generation kaum mehr vergönnt ist, ihre Blicke an der äußeren Größe des Vaterlandes zu weiden, so erblüht ihr ein Trost in der Bewunderung seiner geistigen Kräfte." Die Feier sei "auch eines jener unauslöschlichen geistigen Zeichen einer nationalen deutschen Einigung".

Ein langer Festzug setzte sich vom Theaterplatz in den Hain in Bewegung. Unter Beteiligung von Schülern, des Gesangsvereins "Liederkranz" und der Anteilnahme der Bevölkerung wurde auf der ab da so benannten Schiller-Wiese eine Schiller-Eiche gepflanzt und national-politische Reden gehalten. Des Abends führte man im Theater Schiller‘sche Werke auf. Im Nachklang der Festaktivitäten beschloss der Stadtmagistrat am 29.November 1859 die Umbenennung des Theaterplatzes in Schillerplatz.

Der Bamberger Schillerplatz wurde also ebenso wie die Schiller-Wiese nicht aus einer bloßen Laune heraus so benannt. Beide Bezeichnungen dokumentieren einen bestimmten Aspekt politischer Geschichte Bambergs im 19. Jahrhundert und sind deshalb selbst als historische "Denkmäler" zu sehen.