Zum 25. Geburtstag hatte sich die
GAL freche Geschenke gewünscht und viele Überraschungen bekommen
Vor 25 Jahren, im Jahr 1984, zog die
Grün-Alternative Liste GAL erstmals mit drei Stadträten in den
Bamberger Stadtrat ein. Bei der Kommunalwahl am 18. März 1984
hatte die GAL auf Anhieb 6,59 % der Stimmen erhalten und konnte
fortan in Fraktionsstärke in der Lokalpolitik
"mitmischen".
Die Anfänge waren schwer: Nicht gerade
gutbürgerlich gekleidet und ebenso wenig fein frisiert eckten die
provokationsfreudigen GAL-Pioniere Rudi Sopper, Peter Gack,
Gottfried Karl und als Nachrücker Christian Mose in ihrer ersten
Stadtratsperiode immer wieder an. Oft wurden sie von ihren
andersparteilichen KollegInnen nicht einmal gegrüßt, erhielten
selbstverständliche Informationen nicht, wurden rüde
unterbrochen, mussten um die ihnen zustehende Büroausstattung
kämpfen usw.
25 Jahre später hat sich das wesentlich
gewandelt. Nicht nur im Stadtrat, auch im gesamten politischen
Leben Bambergs sind die "GALlierInnen" inzwischen als
feste und unausweichliche Größe anerkannt und nicht mehr
wegzudenken.
Aber ein bisschen Provokationsfreude ist uns bis
heute geblieben, und so hat sich die gaz-Redaktion
zur 25-Jahr-Feier eine besondere Aktion ausgedacht. Ganz keck
haben wir uns Wünsche einfallen lassen, die wir an prominente
Personen, Institutionen und WegbegleiterInnen der letzten 25 Jahre
richteten. Es waren Geschenkwünsche, die dem Schenker oft ein
gehöriges Maß an Selbstironie und satirischem Sinn sowie an
Kreativität und Einfallsreichtum abverlangten. Per Post
unterbreiteten wir jedem und jeder Einzelnen unseren jeweiligen
Wunsch und waren darauf gespannt, was wir denn für eine
Überraschung bekommen würden – denn in der gaz
sollte darüber berichtet werden.
Und hier nun ein Rückblick auf die Geschenkliste
sowie die erfüllten und unerfüllten Wünsche.
Angefangen hatten wir bei den KollgInnen im
Stadtrat. Von der CSU wünschten wir uns ein "Gedicht mit
schwarzem Humor" und von dem als ebenso leutselig wie
wendig bekannten Fraktionsvorsitzenden Dr. Helmut Müller
"das Fähnchen, das er immer in den Wind hängt". Müller
zeigte echten Witz, nahm nichts krumm und trug am 18. März beim
Grünen Filmmittwoch im voll besetzten Lichtspielkino ein Gedicht
vor, in dem er das "Fähnchen" als poetisch-elegante
Variante unterbrachte:
"… Ihr könnt reden, bis am die
GAL(L) tut überschwappn.
Zäm Aufwischen brauch ich dann an drum Lappn.
Häng ich den dann zum Trockna auf – die Grüna sin halt wie sie
sind.
Dann hasds: Der Müller hängt sei Fähnla nochn Wind …"
Auch zum Grünen Filmmittwoch kamen Heinz
Kuntke und Annerose Ackermann von der SPD-Fraktion, von
der wir einen "sozialen Gewissensbiss" erbeten
hatten. Sie hatten sich mit ihrem rot angemalten Gipsgebiss
besondere Mühe gegeben. |
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Norbert Tscherner vom Bamberger Bürgerblock
überbrachte am selben Abend die gewünschte
"Blockschokolade".
Und Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern
kam mit den erhofften "drei Freilosen", die die GAL
nun für Folgendes einlösen kann: einmal Beifall der FW-Fraktion
im Stadtrat, einmal ein Gespräch mit den FW zu einem Thema ihrer
Wahl, einmal ein Artikel der GAL in der Web-Zeitung der FW.
Die Bamberger Realisten erbrachten den
eingeforderten "Beweis für die im Wahlkampf versprochene
Kompetenz" (eine Anspielung auf den penetranten
BR-Wahlkampfslogan 2008) mit einer Kiste Bonbons, die beim
Stadtmarketing vermutlich vom letzten Faschingsumzug übrig
geblieben waren, und einem Plakatausschnitt mit dem Wort
Kompetenz.
Einzig die FDP-Kollegin Gaby Seidl, von der wir
uns eine "Freiheitsstatue" gewünscht hatten, war wohl
als Einzelkämpferin überfordert und nahm sich die Freiheit des
Nichtreagierens.
Für großes Amüsement in der GAL sorgte die professionell-satirische
Pressemitteilung aus dem Rathaus von Pressesprecherin Ulrike
Siebenhaar. Von der Pressestelle hatten wir uns eigentlich
einen Text zum Thema gewünscht, "warum eine starke GAL gut
für ein starkes Bamberg ist". So viel starke Stärke war
wohl doch zu heikel, weshalb die Frontfrau für
Öffentlichkeitsarbeit lieber den Wunsch aufgriff, der an den OB
gerichtet war: Er sollte endlich "die Schublade"
rausrücken, "in der immer unsere Anträge
verschwinden". Das ebenso amüsante wie aufschlussreiche
Ergebnis ist auf dieser Doppelseite zu lesen – und die GAL ist
sicher: Jetzt kann es mit der Antragsbearbeitung im Rathaus ja nur
noch besser werden. Das offizielle OB-Geschenk will Andreas Starke
noch in der Vollsitzung im Mai überreichen (leider schon nach gaz
-Redaktionsschluss).
Weniger locker gab sich der OB aber dem Vernehmen
nach bei anderen Geschenkwünschen, die wir an Teile der
Verwaltung richteten. Wie man per Flurfunk im Rathaus hören
konnte, sollten alle geschenklichen Gaben an die GAL vorher im
Bürgermeisteramt genehmigt werden. Das führte wohl dazu, dass
aus der behördlichen Ecke einige Geschenkeingänge ausblieben.
Der Entsorgungs- und Baubetrieb immerhin machte
sich sogar bei e-bay auf die Suche nach der gewünschten
"ausgedienten alten Parkuhr", weil die Bamberger
Altbestände bereits alle entsorgt waren, schickte uns dann aber
ersatzweise ein Foto, um Geld zu sparen (sehr löblich!).
Radio Bamberg überfielen wir mit der Bitte,
doch "eine Stunde GAL und grüne Wunschsongs" zu senden.
Herausgekommen sind dabei mehrere Musikwünsche und Interviews mit
GALlierInnen, die am Geburtstag (18. März) in der Morning Show
von 6 bis 10 Uhr gesendet wurden.
Sogar im FT wurde man aktiv. Der Herausgeber Dr.
Jungbauer schrieb wie gewünscht für die gaz einen Gastkommentar
"Zum Stand der GAL-lischen Dinge", in dem er
einen interessanten analytischen Blick auf die GAL im Jahr 2009
wirft. Lediglich wenn Dr. Jungbauer bei der GAL "Provokation
und Querdenkerei" vermisst, kommt gerade der gaz
-Redaktion ihre Ausgabe 67 vom Sommer 2006 in den Sinn: Damals
hatten wir mit unserer letzten Seite "Voll daneben" die
neue Gestaltung und, wie wir meinen, Boulevardisierung des
Fränkischen Tags satirisch aufs Korn genommen. Und prompt hatte
uns Jungbauer brieflich "Schmähkritik" vorgeworfen und
mit gerichtlichen Schritten gedroht. Aber Schwamm drüber –
über den lesenswerten Kommentar haben wir uns echt (ohne Schmäh)
gefreut! Und die von der FT-Redaktion gewünschte "kleine
Sonnenblume auf den Lokalseiten des FT am 18. März 2009" schaffte
es sogar bis auf die Seite 1 – gleich neben Barack Obama.
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Besondere Mühe gab sich auch CSU-Stadtrat
Franz Wilhelm Heller, von dem wir uns eine "grüne
Fliege" erbeten hatten. Er ließ sich gleich in
Plakatgröße ablichten und bastelte an dieses Poster eine
grüne Fliege (eine Einzelanfertigung aus seinem Bestand),
so dass nun ein lächelnder grünbefliegter Heller
regelmäßig von der Wand herunter auf die Sitzungen im
GAL-Fraktionsbüro blickt. |
Xaver Frauenknecht, Geschäftsführer der
Sozialstiftung schickte uns per Post ein
"Katerfrühstück" in Form von Süßigkeiten und
Katzenfutter.
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Bürgermeister und Kulturreferent Hipelius
ließ uns einen "grünen Kulturbeutel"
zukommen.
Klaus Rubach, Chef der Stadtwerke,
schenkte hingegen nicht die gewünschte "grüne
Badehose" (in Anspielung auf den von der GAL
kritisierten Hallenbadneubau), sondern eine grüne
Arbeitshose mit Stadtwerke-Logo und Hinweis darauf, dass die
GAL statt zu kritisieren doch lieber mit anpacken solle. |
Viel Beifall erntete auch die von Mäc
Härder gewünschte "Jonglage mit Sonnenblumen",
extra einstudiert und vorgeführt beim Grünen Filmmittwoch.
Und Erzbischof Dr. Ludwig Schick machte
sich ernsthaft Gedanken über den Schutzheiligen für
Klimaschutz, von dem wir ein "Heiligenbildchen"
erbeten hatten: Franz von Assisi ist seiner Meinung nach der
Zuständige im Himmelreich. |
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Von den Bürgervereinen hatten wir uns
Erde aus dem jeweiligen Stadtteil gewünscht. Erde
bekamen wir vom BV am Bruderwald, BV Gereuth, BV Gaustadt
(mit Samen), BV Mitte (mit Stachelbeerstrauch) und BV
Kramersfeld sowie erdlose Glückwünsche vom BV Wildensorg,
der übrigens auch am 18. März seinen 30-jährigen
Geburtstag feierte. |
Ein paar kleine Enttäuschungen gab es aber auch.
Die Symphoniker hatten wohl keinen "grünen
Taktstock" oder fanden den Wunsch taktlos. Die Uni-Leitung
sandte statt einem "Geistesblitz für ganz Bamberg"
ein paar warme (aber halt nicht besonders geistreiche)
Glückwünsche. Und die von der Sparkasse Bamberg erwünschte
"Konjunkturspritze" wird laut Direktor Konrad
Gottschall ohnehin schon an den Mittelstand in der Region
verteilt, so dass wohl für die GAL nichts Spritziges mehr übrig
blieb.
Der Bamberger Dichter Gerhard C. Krischker,
bekannt für sein eher kompliziertes Verhältnis zur GAL, faxte
als "grüüns Schbrüchla":
miä sänn uns
scho lang
nimmä grün
Und leider kamen auch von den ersten Stadträten
der GAL Rudi Sopper, Gottfried Karl und Christian Mose nicht die
erhofften "Souvenirs aus der ersten
Stadtratsperiode". Nur Peter Gack, auch heute noch bei
der GAL aktiv, konnte auf diese Weise endlich und mit einem
breiten Grinsen im Gesicht den wenig schmuckvollen Zinnteller los
werden, der ihm am Ende seiner ersten Amtszeit vom damaligen OB
Röhner überreicht worden war.
sys
Photos: Max Schaible (9), Christoph
Götschel (1)
Allen
SchenkerInnen: Vielen
Dank!!!!!
Glückwünsche erreichten uns aus der Ferne, von Alexander
Ochs – Gründungsmitglied der GAL, der heute als Galerist in
Berlin und Peking lebt. Hier einige Auszüge:
Der Kopf ist rund
Die Besetzung des Erlweinschen E-Werks im Jahr
1981 gilt als der Quanten-Sprung Bamberger Sanierungspolitik und
als Mutterleib der Bamberger Grün-Alternativen. Die meisten von
uns waren mehr alternativ als grün, manche auch noch grün hinter
den Ohren. (…) Nicht wenige der Bamberger Grün-Alternativen
sind bis heute grau geworden, aber doch haben Sie dem Denken neue
Richtungen gegeben und dabei auch Fehler gemacht: Fehler wie sie
Menschen machen, wie sie sich in allen Bewegungen, in allen
Gruppen und Initiativen entwickeln. (…)
Heute erlebe ich Bamberg als eine relaxed-
friedliche, zivile und grüne Stadt in der aber auch jede kleinste
Veränderung sofort und vehement diskutiert und gewogen wird. (…)
So neige ich mein kahles Haupt vor der Leistung derer, die in
Bamberg die Abweichung verfolgten, von der Norm (und der
Langweile!) und wünsche für heute und die Zukunft viele runde
Köpfe, damit das Denken noch immer mit Spass die Richtung ändern
kann.
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