Zwei Frauen bewerben sich für die Bamberger
Grünen um die Erststimmen bei Landtags- und Bezirkstagswahlen.
Zwei Frauen, die in der Bamberger Politik seit langem bekannt
sind. Ulrike Heucken ist Stadträtin und Bezirksrätin, sie
engagiert sich im Vorstand des Bürgervereins 4. Distrikt und
organisiert alljährlich federführend die Sandkerwa. Ursula Sowa
hat gerade ihre dritte Stadtratsperiode begonnen, war drei Jahre
lang im Bundestag und gilt als Galionsfigur der Bamberger Grünen.
Die gaz sprach mit beiden über
Motivation und Ziele ihrer Kandidatur.
Ulrike Heucken und Ursula Sowa (Foto: Kopfwerk)
gaz: Wie kommt man eigentlich
darauf, für den Bezirkstag zu kandidieren, den sowieso kaum einer
kennt?
Ulrike Heucken: Über den wusste ich bis
vor einigen Jahren auch nicht viel. Bei der letzten Wahl bin ich
aufgrund der vielen Stimmen auf der Liste nach vorne gewählt
worden und bin dann 2006 in dieses Gremium nachgerückt.
Mittlerweile bin ich da – ja, angekommen, kann man sagen. Aber
es ist für eine Einzelkämpferin nicht gerade leicht. Da gibt es
jede Menge neuer Themen, von denen ich vorher noch nix wusste, wie
zum Beispiel die "Fertilitätsuntersuchungen bei
Salmoniden".
gaz: Was um Himmels willen ist das
denn?
Ulrike Heucken: Das ist eine
Forschungsstudie, die die Fruchtbarkeit von Lachsfischarten
untersucht, die es in oberfränkischen Gewässern gibt.
gaz: Aha, man lernt nie aus. Apropos
Einzelkämpferin. Kann man als einzige Grüne unter 16 anderen
Bezirksräten denn überhaupt etwas durchbringen?
Ulrike Heucken: Na, manchmal geht die
Politik ja verschlungene Wege …, die will ich hier gar nicht
nennen. Der "unverschämte" Wagner-Antrag (ich wollte,
gleiches Recht für alle, dass Herr Wagner seinen
Geschäftsbericht für die Wagner-Festspiele in Bayreuth vorlegt
und ansonsten eine Haushaltssperre für den Zuschuss ausgesprochen
wird), sorgte für ziemlichen Wirbel. Die "Etablierten"
hätten sich so etwas Freches nicht getraut, aber hinter
vorgehaltener Hand habe ich von vielen KollegInnen grinsende
Zustimmung geerntet.
gaz: Ursula Sowa, was bringt Sie
dazu, nach Stadtrat und Bundestag nun die dritte politische Ebene
auszuprobieren – den Landtag?
Ursula Sowa: Ich hätte gerne im Bundestag
weiter gemacht, habe dieses Ziel aber knapp verpasst. Für meine
Schwerpunkte ist der Landtag aber ohnehin inzwischen die richtige
Adresse. Für Bau- und Kulturpolitik sind nach der
Förderalismusreform die Länder zuständig. Insofern passt der
Wechsel der Politikebenen auch zu meinen Inhalten.
gaz: Und natürlich ist es nach
München nicht ganz so weit wie nach Berlin, oder?
Ursula Sowa: Das stimmt. Als ich nach
Berlin ging, habe ich mein Stadtratsmandat aufgegeben, weil ich
das nicht mehr verantwortungsvoll unter einen Hut gebracht hätte.
Die Landtagsarbeit lässt mir die Möglichkeit offen, auch in
Bamberg weiter Kommunalpolitik zu machen – ich denke, das kann
sich sehr befruchten. Ich kann viel öfter in Bamberg sein und
arbeiten, denn Bürgernähe ist mir sehr wichtig. Ich will ein
grünes Bürgerbüro mitten in der Stadt eröffnen, um gut
erreichbar zu sein. Ich will Raum für Diskussionen schaffen und
für Bürgeranliegen im persönlichen Gespräch da sein.
gaz: Bürgerbüro klingt gut, aber
welche Politik würde denn dann von diesem Bürgerbüro ausgehen?
Ursula Sowa: Wir Grüne werden ganz gezielt
daran arbei-ten Oberfranken und die Bamberger Region voranbringen.
Mir schwebt eine Art "Landkarte der Zukunftsprojekte
2020" vor: Zukunftsprojekte müssen definiert und umgesetzt
werden, um die Strukturschwächen auszugleichen.
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind dringend einzufordern.
Ulrike Heucken: Hier müssten wir die
regionalen Kräfte auf allen Ebenen – und über Parteigrenzen
hinweg – bündeln, um uns Gehör und Aufmerksamkeit zu
verschaffen.
gaz: Was konkret sind denn dann die
Ziele? Nur einige Beispiele, bitte.
Ulrike Heucken: Für mich stehen die
Verwaltung und die Politiker im Dienst der BürgerInnen. Doch viel
zu häufig werden Verwaltungsvorschriften dazu benutzt, um
Leistungen zu kürzen und Geld zu sparen. Da wird etwa Menschen,
die im Alter auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, ein
Einbettzimmer im Heim verwehrt, weil ein Zweibettzimmer billiger
ist und der Bezirk somit Ausgaben reduziert. Ich finde, da muss
die Gesellschaft solidarischer sein und für einen würdevollen
Lebensabend aufkommen. In den Einrichtungen des Bezirks – also
Heime und Kliniken – hätte ich gerne, dass die Küchen einen
Anteil von 50 Prozent an Bio- und/oder regionalen Lebensmitteln
verwenden.
Ursula Sowa: Zwei wichtige Themen will ich
nennen: Das Ganztagschulangebot muss erhöht werden, die
Bildungssituation in Bayern ist so desaströs, wir brauchen mehr
Lehrer und Lehrerinnen, aber auch mehr Schulsozialarbeiter, das
ist jedem klar. Die Stadt- und Raumentwicklung so ökologisch und
energieeffizient wie möglich in der Bayerischen Bauordnung zu
verankern, wäre mein zweites Ziel.
gaz: Und wo wollen Sie das Geld
dafür einsparen?
Ursula Sowa: Hier auch nur einige Beispiele:
keinen weiteren Ausbau des Flughafens München, konsequente
Energiesparpolitik bei öffentlichen Gebäuden, die eingesparten
Transrapidmillionen. Oder wenn der Freistaat Bayern einfach nur
konsequent Steuerhinterziehung verfolgen würde, würde das
mehrere 100 Mio Euro in die Kassen spülen.
gaz: Was sind ihre Programmpunkte
konkret für Bamberg?
Ursula Sowa: Die auf 3500 Studierende
angelegte Universität sollte ausgebaut werden, so dass sie dann
auch tatsächlich die real bereits 9000 Studis gut ausbilden kann.
Und ich möchte, dass Bamberg eine Perspektive für die
US-Armeeflächen bekommt, wenn die Army in ein paar Jahren
abziehen wird. Wir brauchen einen besseren Nahverkehr in der
Fläche – gerade auch im Bamberger Umland. Und ich möchte das
Projekt "Nationalpark Steigerwald" vorantreiben und so
den Tourismus in der Region stärken.
Ulrike Heucken: Ich würde gerne kleine
Kulturträger stärker fördern. Meine kritische Haltung hört bei
den Wagner-Festspielen nicht auf. Ich werde fordern, dass die
alten Verträge mit großen Kulturträgern auch in eine
Budgetierung geführt werden. Es geht darum, dass solche
Zuschüsse sich nicht jährlich automatisch und ohne Diskussion
steigern dürfen. Kleine Kulturträger würden sich nach solchen
Vorzugsbedingungen die Finger lecken.
gaz: Na, da wird es aber gleich
wieder heißen: Die Grünen sind gegen die Symphoniker.
Ursula Sowa: Das sind wir ganz bestimmt
nicht. Die Symphoniker sind für Bamberg lebenswichtig, wie eine
Impactstudie beweist. Bamberg hat auch als Universitätsstandort
seinen Schwerpunkt auf Geistes- und Kulturwissenschaften. Für das
Wirtschaftsleben ist Kultur in alle ihren Ausprägungen eine
wichtige Säule, die gepflegt werden muss.
Ulrike Heucken: Deshalb sind
Kulturförderrichtlinien für Oberfranken ein wichtiges Ziel –
ähnlich wie sie auf Antrag der GAL gerade für Bamberg erarbeitet
werden. Woran man wieder sehen kann, wie sehr die politischen
Ebenen ineinander greifen.
gaz: Ein schönes Schlusswort. Danke
für das Gespräch.
sys
Karikatur: Christiane Pfohlmann
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