Mobilfunk-Ausbau stoppen
GAL-Fraktion: Appell an Minister und Antrag
an Stadtrat
Mit einem offenen Brief hat sich die
GAL-Stadtratsfraktion nun an die Bundesgesundheitsministerin Ulla
Schmitt, die Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast und
den Bundesumweltminister Jürgen Trittin gewandt. Die GAL-Stadträte
möchten erreichen, dass der weitere Ausbau des Mobilfunknetzes
zunächst gestoppt wird, bis alle offenen Fragen wegen möglicher
Gesundheitsschädigungen geklärt sind. Gleiches fordern sie auch
vor Ort – soweit es rechtlich durchsetzbar ist.
In dem von GAL-Stadträtin Dr. Cornelia
Waldmann-Selsam initiierten Schreiben nach Berlin weist die GAL
beispielhaft auf mehrere ungeklärte Sachverhalte hin, die allesamt
Gegenstand von derzeit laufenden Forschungen sind: wie etwa der
Einfluss elektromagnetischer Felder auf Gehirnströme und
Gehirnleistungen, auf die Blut-Hirn-Schnranke, mögliche
Schädigungen auf zellulärer Ebene sowie Tumorbildung.
Im Bereich elektromagnetischer Felder, so hebt die
Ärztin Waldmann-Selsam hervor, habe man sich schon zweimal
wesentlich bei den gesundheitlichen Auswirkungen getäuscht. So sei
mittlerweile eine Zunahme von Leukämie in der Umbgebung von Radio-
und Fernsehsendern belegt, und Felder von 50 bis 60 Hz würden seit
2001 von der WHO als möglich krebserregend eingestuft. "Wir
müssen also vorsichtig sein und dürfen nicht eine Technologie
flächendeckend einführen, die noch nicht endgültig ausgetestet
ist", so ihr Fazit.
Dass nicht nur Bürger und Bürgerinnen dem
Mobilfunk skeptisch gegenüber stehen, sieht die GAL auch dadurch
bestätigt, dass sich einzelne Versicherungen und insbesondere die
Münchner Rückversicherung weigern, Handyhersteller und
Netzbetreiber gegen Gesundheitsschädigungen ihrer Kunden zu
versichern. Cornelia Waldmann-Selsam bewertet diese Haltung
eindeutig: "Es ist ganz klar so, dass man bei diesen
Versicherungen den Mobilfunk als erhebliches Risiko mit noch nicht
absehbaren Folgen einschätzt."
Ein weiterer Ausbau ist aus Sicht der GAL folglich
nicht mehr zu verantworten. Mit einem Antrag, der am kommenden
Donnerstag im Verkehrs- und Umweltsenat behandelt wird, möchte der
umweltpolitische Sprecher Peter Gack deshalb auch die Stadt dazu
bewegen, eine Erweiterung des Netzes weitestgehend zu verhindern. Er
verweist dabei auf die Stadt Bayreuth, die ihre planungsrechtlichen
Möglichkeiten ausschöpft und in reinen Wohngebieten keine
Sendeanlagen zulässt. Laut Gack stellt Bayreuth außerdem keine
städtischen Liegenschaften für die Aufstellung von Masten zur
Verfügung.
Dass der Netzausbau in Bamberg rasch voranschreitet,
belegen laut GAL die regelmäßigen Bauanträge der Mobilfunkfirmen:
beispielsweise erst Ende Juni für einen Mast mit Technikcontainer
auf der BRK-Zentrale am Paradiesweg.
Offener Brief: Moratorium für den Ausbau
des Mobilfunknetzes
Bamberg, 30. Juni 2004
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Künast!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schmitt!
Sehr geehrter Herr Bundesminister Trittin!
Gestatten Sie, dass wir uns mit einer großen Sorge
an Sie wenden.
In Bamberg (70 000 Einwohner) gibt es zum jetzigen
Zeitpunkt 52 Mobilfunkantennen. Diese Versorgung ermöglicht
Handy-Telefonate im gesamten Stadtgebiet. Der nun mitten in
Wohngebieten geplante weitere Ausbau wird von einem großen Teil der
Bevölkerung entschieden abgelehnt. Um den weiteren Ausbau
entbehrlich zu machen, sind die Menschen sehr wohl bereit, ihre
bisherige großzügige Handynutzung kritisch zu überprüfen.
Die Forschungsergebnisse über Auswirkungen der
elektromagnetischen Felder beim Telefonieren mit dem Handy sowie bei
den Anwohnern von Mobilfunkantennen sind widersprüchlich und
uneinheitlich. Wir kennen noch nicht die Wirkungsmechanismen und
können daher beim Versuchsaufbau gar nicht alle Einflußfaktoren
berücksichtigen. Wir kennen nicht die Langzeiteffekte. Es gibt eine
große Zahl offener Fragen.
Neben den internationalen Forschungsprogrammen
versucht auch das Deutsche Mobilfunk-Forschungsproramm diese offenen
Fragen zu beantworten. Hierzu sind 45 Projekte aus den Bereichen
Biologie, Dosimetrie und Epidemiologie vorgesehen.
Beispielhaft seien einige Fragen herausgegriffen:
-
Können EMF die Gehirnströme verändern?
-
Können EMF die Gehirnleistungen (Konzentration,
Lernverhalten) verschlechtern?
-
Bei welchen Frequenzen und bei welchen
Feldstärken kommt es zu pathologischer Durchlässigkeit der
Blut-Hirn-Schranke und damit zur Überflutung des Gehirns mit
toxisch wirkenden Stoffen? Mit welchen Folgen?
-
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Dauer
von Handygesprächen und der Konzentration bestimmter
Neurotransmitter?
-
Gehirntumore nehmen zu. Gibt es einen
Zusammenhang mit der Handy-Nutzung?
-
Was könnten die allerneuesten
Forschungsergebnisse auf zellulärer Ebene (Expression von
Hitzeschockproteinen, Chromosomenaberrationen, Mikrokerne) für
die menschliche Gesundheit bedeuten?
Zu bedenken ist, dass wir uns bereits zweimal im
Zusammenhang mit gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer
Felder anderer Wellenlängen getäuscht haben:
Aktuelle Epidemiologische Studien in der Umgebung
von Radio- und Fernsehsendern ergeben eine Zunahme von Leukämie.
Und die IARC (International Agency of Research on Cancer)
klassifizierte ELF-Felder von 50-60 Hz im Jahr 2001 als mögliches
Humankarzinogen.
Es ist bezeichnend, dass einzelne Versicherungen und
insbesondere die Münchner Rückversicherung sich weigern, die
Handyhersteller und Netzbetreiber gegen Gesundheitsschädigungen bei
ihren Kunden und Kundinnen zu versichern. Dies zeigt, dass auch hier
große Skepsis gegenüber dem möglichen Ausmaß an gesundheitlichen
Folgen besteht.
Wir sehen uns außerstande, der Bevölkerung zu
vermitteln, dass trotz all dieser offenen Fragen der Ausbau
fortgesetzt wird. Die Antworten auf diese Fragen müssen abgewartet
werden. Vor der Beantwortung ist ein weiterer Ausbau der
Mobilfunktechnologie nicht zu verantworten.
Wir fordern Sie deshalb auf, erst Klarheit über den
möglichen Schaden für die Gesundheit der Bevölkerung zu schaffen
und bis dahin den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze zu stoppen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Friedrich (Fraktionsvorsitzende) Wolfgang
Budde (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender)
Peter Gack (Stadtrat)
Wolfgang Grader (Stadtrat)
Ulrike Heucken (Stadträtin)
Dr. Cornelia Waldmann-Selsam (Stadträtin)
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