Zurück zur Titelseite

 

 

Pressemitteilung vom 5. Juli 2004

Mobilfunk-Ausbau stoppen

GAL-Fraktion: Appell an Minister und Antrag an Stadtrat

 

Mit einem offenen Brief hat sich die GAL-Stadtratsfraktion nun an die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmitt, die Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast und den Bundesumweltminister Jürgen Trittin gewandt. Die GAL-Stadträte möchten erreichen, dass der weitere Ausbau des Mobilfunknetzes zunächst gestoppt wird, bis alle offenen Fragen wegen möglicher Gesundheitsschädigungen geklärt sind. Gleiches fordern sie auch vor Ort – soweit es rechtlich durchsetzbar ist.

In dem von GAL-Stadträtin Dr. Cornelia Waldmann-Selsam initiierten Schreiben nach Berlin weist die GAL beispielhaft auf mehrere ungeklärte Sachverhalte hin, die allesamt Gegenstand von derzeit laufenden Forschungen sind: wie etwa der Einfluss elektromagnetischer Felder auf Gehirnströme und Gehirnleistungen, auf die Blut-Hirn-Schnranke, mögliche Schädigungen auf zellulärer Ebene sowie Tumorbildung.

Im Bereich elektromagnetischer Felder, so hebt die Ärztin Waldmann-Selsam hervor, habe man sich schon zweimal wesentlich bei den gesundheitlichen Auswirkungen getäuscht. So sei mittlerweile eine Zunahme von Leukämie in der Umbgebung von Radio- und Fernsehsendern belegt, und Felder von 50 bis 60 Hz würden seit 2001 von der WHO als möglich krebserregend eingestuft. "Wir müssen also vorsichtig sein und dürfen nicht eine Technologie flächendeckend einführen, die noch nicht endgültig ausgetestet ist", so ihr Fazit.

Dass nicht nur Bürger und Bürgerinnen dem Mobilfunk skeptisch gegenüber stehen, sieht die GAL auch dadurch bestätigt, dass sich einzelne Versicherungen und insbesondere die Münchner Rückversicherung weigern, Handyhersteller und Netzbetreiber gegen Gesundheitsschädigungen ihrer Kunden zu versichern. Cornelia Waldmann-Selsam bewertet diese Haltung eindeutig: "Es ist ganz klar so, dass man bei diesen Versicherungen den Mobilfunk als erhebliches Risiko mit noch nicht absehbaren Folgen einschätzt."

Ein weiterer Ausbau ist aus Sicht der GAL folglich nicht mehr zu verantworten. Mit einem Antrag, der am kommenden Donnerstag im Verkehrs- und Umweltsenat behandelt wird, möchte der umweltpolitische Sprecher Peter Gack deshalb auch die Stadt dazu bewegen, eine Erweiterung des Netzes weitestgehend zu verhindern. Er verweist dabei auf die Stadt Bayreuth, die ihre planungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpft und in reinen Wohngebieten keine Sendeanlagen zulässt. Laut Gack stellt Bayreuth außerdem keine städtischen Liegenschaften für die Aufstellung von Masten zur Verfügung.

Dass der Netzausbau in Bamberg rasch voranschreitet, belegen laut GAL die regelmäßigen Bauanträge der Mobilfunkfirmen: beispielsweise erst Ende Juni für einen Mast mit Technikcontainer auf der BRK-Zentrale am Paradiesweg.

 

Offener Brief: Moratorium für den Ausbau des Mobilfunknetzes

Bamberg, 30. Juni 2004

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Künast!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schmitt!
Sehr geehrter Herr Bundesminister Trittin!

Gestatten Sie, dass wir uns mit einer großen Sorge an Sie wenden.

In Bamberg (70 000 Einwohner) gibt es zum jetzigen Zeitpunkt 52 Mobilfunkantennen. Diese Versorgung ermöglicht Handy-Telefonate im gesamten Stadtgebiet. Der nun mitten in Wohngebieten geplante weitere Ausbau wird von einem großen Teil der Bevölkerung entschieden abgelehnt. Um den weiteren Ausbau entbehrlich zu machen, sind die Menschen sehr wohl bereit, ihre bisherige großzügige Handynutzung kritisch zu überprüfen.

Die Forschungsergebnisse über Auswirkungen der elektromagnetischen Felder beim Telefonieren mit dem Handy sowie bei den Anwohnern von Mobilfunkantennen sind widersprüchlich und uneinheitlich. Wir kennen noch nicht die Wirkungsmechanismen und können daher beim Versuchsaufbau gar nicht alle Einflußfaktoren berücksichtigen. Wir kennen nicht die Langzeiteffekte. Es gibt eine große Zahl offener Fragen.

Neben den internationalen Forschungsprogrammen versucht auch das Deutsche Mobilfunk-Forschungsproramm diese offenen Fragen zu beantworten. Hierzu sind 45 Projekte aus den Bereichen Biologie, Dosimetrie und Epidemiologie vorgesehen.

Beispielhaft seien einige Fragen herausgegriffen:

  • Können EMF die Gehirnströme verändern?

  • Können EMF die Gehirnleistungen (Konzentration, Lernverhalten) verschlechtern?

  • Bei welchen Frequenzen und bei welchen Feldstärken kommt es zu pathologischer Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke und damit zur Überflutung des Gehirns mit toxisch wirkenden Stoffen? Mit welchen Folgen?

  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Dauer von Handygesprächen und der Konzentration bestimmter Neurotransmitter?

  • Gehirntumore nehmen zu. Gibt es einen Zusammenhang mit der Handy-Nutzung?

  • Was könnten die allerneuesten Forschungsergebnisse auf zellulärer Ebene (Expression von Hitzeschockproteinen, Chromosomenaberrationen, Mikrokerne) für die menschliche Gesundheit bedeuten?

Zu bedenken ist, dass wir uns bereits zweimal im Zusammenhang mit gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder anderer Wellenlängen getäuscht haben:

Aktuelle Epidemiologische Studien in der Umgebung von Radio- und Fernsehsendern ergeben eine Zunahme von Leukämie. Und die IARC (International Agency of Research on Cancer) klassifizierte ELF-Felder von 50-60 Hz im Jahr 2001 als mögliches Humankarzinogen.

Es ist bezeichnend, dass einzelne Versicherungen und insbesondere die Münchner Rückversicherung sich weigern, die Handyhersteller und Netzbetreiber gegen Gesundheitsschädigungen bei ihren Kunden und Kundinnen zu versichern. Dies zeigt, dass auch hier große Skepsis gegenüber dem möglichen Ausmaß an gesundheitlichen Folgen besteht.

Wir sehen uns außerstande, der Bevölkerung zu vermitteln, dass trotz all dieser offenen Fragen der Ausbau fortgesetzt wird. Die Antworten auf diese Fragen müssen abgewartet werden. Vor der Beantwortung ist ein weiterer Ausbau der Mobilfunktechnologie nicht zu verantworten.

Wir fordern Sie deshalb auf, erst Klarheit über den möglichen Schaden für die Gesundheit der Bevölkerung zu schaffen und bis dahin den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze zu stoppen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Petra Friedrich (Fraktionsvorsitzende) Wolfgang Budde (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender)
Peter Gack (Stadtrat)
Wolfgang Grader (Stadtrat)
Ulrike Heucken (Stadträtin)
Dr. Cornelia Waldmann-Selsam (Stadträtin)