| 
              
               Die Titelstory der letzten gaz-Ausgabe
              Nr. 72 "Kein Platz an der Sonne" schlug hohe Wellen,
              brachte das Rathaus in Aufruhr, beschäftigte mittlerweile mehrere
              Gerichte und zieht in der aktuellen gaz die nebenstehende
              Gegendarstellung nach sich. Die gaz hatte über die
              Wohnzustände in der "Sonne" am Steinweg 9 berichtet,
              den Eigentümer dafür verantwortlich gemacht und heftig
              bemängelt, dass die Behörden der Stadt nichts dagegen und
              zugunsten der Mieter unternehmen. 
                
              Dass der "Hauseigentümer G.", der sich
              in seiner Gegendarstellung
              inzwischen selbst outet, die Sache nicht auf sich beruhen lassen
              würde, war klar. Er ist stadtweit als ausgesprochen streitbar und
              bei Gericht wohl bekannt. Von den beiden gaz-Autorinnen
              Petra Friedrich und Sylvia Schaible verlangte er per Rechtsanwalt
              zunächst eine Unterlassungserklärung, mehrere in dem Artikel
              vorgenommene Behauptungen nicht mehr aufzustellen, und forderte
              eine Summe von 1.150 Euro. Als die beiden Autorinnen dies
              verweigerten, versuchte Gagel eine einstweilige Verfügung zu
              erwirken, die in erster Instanz beim Landgericht Bamberg noch
              zurückgewiesen wurde. In zweiter Instanz beim Oberlandesgericht
              Bamberg jedoch bekam er in zwei von sechs beantragten Punkten
              Recht. Die beiden Behauptungen, die aufgrund des
              Gerichtsbeschlusses derzeit zu unterlassen sind, können
              selbstverständlich auch an dieser Stelle in der gaz
              nicht veröffentlicht werden. 
              Zivilgericht bestätigt: Keine Schmähkritik 
              Gegen vier Äußerungen der gaz
              konnte sich Gagel hingegen nicht erfolgreich wehren, da sie durch
              die Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung
              gemäß Art. 5 Grundgesetz gedeckt sind. Die gaz
              darf Roland Gagel – jedenfalls nach Lesart des Zivilsenats des
              Oberlandesgerichts Bamberg – also weiterhin als
              "skrupellosen Vermieter" bezeichnen, der "aus der
              Notlage armer Menschen ein Geschäft" und "seinen
              Reibach auf Kosten hilfsbedürftiger Menschen" macht und
              seine Mieter "ausbeutet". Ausdrücklich stellt das
              Gericht fest, dass es sich hierbei um Werturteile handelt, welche
              die Grenze zur Schmähkritik noch nicht überschreiten. 
              Aber mit einstweiligen Verfügungen wollte der
              "Sonne"-Eigentümer sich nicht zufrieden geben, er
              stellte auch noch Strafanzeige gegen Petra Friedrich und Sylvia
              Schaible – wegen übler Nachrede. Die Staatsanwaltschaft
              ermittelte und stellte tatsächlich Strafbefehl gegen die beiden
              Autorinnen aus. Im Gegensatz zum Oberlandesgericht bewertete das
              Amtsgericht zum Teil identische Aussagen völlig anders. Während
              das Oberlandesgericht den Autorinnen etwa weiterhin erlaubt, von
              einem "skrupellosen Vermieter", "Ausbeutung"
              und "Geschäftemacherei" zu sprechen, will man sie beim
              Amtsgericht eben dafür bestrafen. Der Strafbefehl lautet für
              beide Autorinnen auf 15 Tagessätze à 20 Euro, also eine
              Geldstrafe von je 300 Euro. Da aus Sicht der gaz und
              ihrer Rechtsberater der Tatbestand der üblen Nachrede durch keine
              Äußerung in besagtem gaz-Artikel gegeben ist,
              haben Friedrich und Schaible inzwischen Einspruch eingelegt, so
              dass es vermutlich zu einer Hauptverhandlung kommen wird. 
              Stadt bestätigt: Schwarzbauten 
              Die gaz steht auch nach wie vor zu
              der Behauptung, dass es Schwarzbauten am Steinweg gab, auch wenn
              der Eigentümer Gagel dies als unwahr zurückweist. Dazu mag ein
              Zitat aus einem Antwortschreiben der Stadt auf eine GAL-Anfrage
              als Beweis dienen. Darin heißt es: "Mit Stand Ende September
              2008 wurden in den Anwesen Steinweg 9 und 11 insgesamt elf
              Baueinstellungen und zehn Nutzungsuntersagungen erlassen. Vier
              Zwangsgelder wurden fällig gemeldet und neu angedroht sowie
              insgesamt zehn Bußgeldverfahren gegen Eigentümer, den
              Hausmeister und weitere Firmen eingeleitet. Aufgrund der
              Aktivitäten sah sich das Bauordnungsamt bislang mit 14
              Widersprüchen und sechs Klagen beim Verwaltungsgericht
              konfrontiert." 
              Bedauerlich ist, dass sich die Sozialbehörden der
              Stadt weiterhin nicht in der Lage sehen, den BewohnerInnen der
              Sonne gegen ausbeuterische Wohnbedingungen zu helfen. Mit gewissem
              Recht argumentiert man im Rathaus, dass man nur dort eingreifen
              könne, wo man zu Hilfe gerufen werde, und dass die
              Mietverhältnisse privatrechtliche Angelegenheiten seien, in die
              sich der Staat nicht einmischen dürfe. Den Anstoß zu einer
              Veränderung müssten die BewohnerInnen also selbst geben, sonst
              passiert nichts. Insofern schießt die Zielformulierung im
              Leitbild der Stadt (siehe unten) leider über die harte Realität
              hinaus. 
              sys 
              
              Die Wohnung ist für jeden Menschen eines der
              schützenswertesten Güter. Die Stadt Bamberg trägt Sorge dafür,
              dass jede Bürgerin und jeder Bürger mit angemessenem Wohnraum
              versorgt ist. 
              Aus dem Leitbild der Stadt Bamberg für den
              Wohnungsnotfall (verabschiedet 16. Oktober 2008)
                |