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Programm von Ursula Sowa für die Oberbürgermeisterwahl am 12. März 2006

Liebe Bambergerinnen und Bamberger,

Bamberg ist eine wunderbare Stadt, die über Jahrhunderte gewachsen ist und ein wertvolles Erbe besitzt. Eine solche Stadt muss verantwortungsvoll gepflegt werden – ähnlich wie ein guter Gärtner sein Land bestellt. Ich will vorhandene und bamberg-typische Potenziale fördern und an dem anknüpfen, was bisher schon erreicht wurde.

Dabei ist mir vor allem wichtig, dass Ideen und Engagement der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen. Ihre Beteiligung darf sich nicht auf Wahlen beschränken. Ich verstehe vielmehr meine Aufgabe als Oberbürgermeisterin darin, die aktive Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Entscheidungen zu organisieren und zu moderieren.

Ich will ein Bamberg gestalten, das für alle lebenswert ist, in dem alle mitentscheiden können, das niemanden ausgrenzt, das künftigen Generationen eine gute Zukunft bietet, das sein Erbe schätzt und bewahrt.

Ihre Ursula Sowa

 

Bamberg – die Bürgerstadt

"Damit man draußen weiß, was drinnen los ist" – Mit diesem Wahlslogan trat die Grün-Alternative Liste 1984 erstmals zu den Stadtratswahlen an. Leider hat der Spruch gerade in jüngster Zeit sogar noch an Bedeutung zugenommen. In den letzten Jahren wurden immer mehr Entscheidungen durch GmbH- und Stiftungsgründungen aus dem Stadtrat ausgelagert. Aufsichtsräte und Stiftungsräte beschließen nun, nach welchen Fahrplänen und Tarifen die Bamberger Busse verkehren und wie hoch die Energie- und Gaspreise sind – so in der Stadtwerke GmbH - , wie Patientinnen und Senioren im Klinikum und den städtischen Altenheimen betreut werden – in der Sozialstiftung - und welche Kultureinrichtungen welche Zuschüsse erhalten – dies in der Weltkulturerbestiftung.

 

Transparenz und Kontrolle

Auch wenn die Gremien aus den Reihen des Stadtrats besetzt werden, fehlt ihnen doch ein wichtiges und unverzichtbares Element der Demokratie: Öffentlichkeit und Transparenz, denn die Aufsichtsräte und Stiftungsräte tagen nicht-öffentlich. Die Diskussionen finden hinter verschlossenen Türen statt, Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht daran teilnehmen, Medien können nicht darüber berichten. Die Bürgerinnen und Bürger erfahren von den getroffenen Entscheidungen in der Regel erst dann, wenn diese vollendete Tatsachen sind und bereits umgesetzt werden. Eine demokratische Kontrolle der gewählten Gremiumsmitglieder durch die Wähler findet so gut wie nicht mehr statt.

Das muss aber nicht so sein! Auch Aufsichts- und Stiftungsräte müssen bei allen Tagesordnungspunkten öffentlich tagen, die keine persönlichen oder der Geheimhaltung unterworfenen Belange berühren. Auch die Entscheidungsfindung dieser Gremien muss zur öffentlichen Diskussion werden.

 

Engagierte Bürgerinnen und Bürger sind willkommen

Es muss sich auch noch etwas anderes ändern: "Die drinnen müssen wissen, was draußen los ist." Bamberg braucht viel mehr Bürgerbeteiligung, um eine Bürgerstadt zu werden. Das Rathaus muss sich für die Bürger und Bürgerinnen öffnen, Kompetenzen, Impulse und Ideen aller hier lebenden Menschen nutzen. Wir brauchen ein Klima, in dem sich Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Engagement wirklich willkommen fühlen.

Der Lokale-Agenda-21-Prozess war ein Versuch in diese Richtung, wurde aber von vorneherein nur halbherzig angegangen und fand sowohl im Stadtrat also auch in großen Teilen der Stadtverwaltung zu wenig Unterstützung. Auch viele Beiräte scheinen mehr zur Befriedung engagierter Menschen gedacht zu sein als in der politischen Arbeit wirklich ernst genommen zu werden. Ausländerbeirat, Beirat für Menschen mit Behinderung und Familienbeirat etwa legen wertvolle Anregungen für die Zukunft unserer Stadt vor und müssen endlich angemessen Gehör finden.

In der Bürgerstadt Bamberg müssen sich Bürgerinnen und Bürger als Mitbestimmende in ihrer Stadt erleben können. Durch häufigere Bürgerversammlungen in den einzelnen Stadtteilen bei denen jeder Bürger und jede Bürgerin ein Antragsrecht hat. Durch kleine Fragestunden zu Beginn jeder Stadtratssitzung, bei denen Bürgerinnen und Bürger öffentlich Fragen an den Stadtrat, die Stadtspitze und die Verwaltung stellen können. Durch Planungszellen und Zukunftswerkstätten, in denen z.B. die Bewohner eines Stadtteils lebensnah die Zukunft ihres unmittelbaren Wohnumfelds mitplanen können. Die besonderen Anliegen von Jugendlichen könnten in Jugendversammlungen ihr Forum finden. Jeder Bürger und jede Bürgerin ist im Rathaus willkommen. Beschwerden und Anregungen werden im Rathaus ernst genommen und lösungsorientiert bearbeitet. Das muss übrigens auch für die Verwaltung intern gelten: Anregungen und Kritik von Beschäftigten sollten strukturiert erfasst und ernst genommen werden. Es darf kein Druck auf kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeübt werden. Eine Anti-Mobbing-Vereinbarung für das Personal der Stadtverwaltung steht ebenfalls aus.

Die Verwaltung einer Bürgerstadt muss sich außerdem stärker an den konkreten Alltagsbedürfnissen der Menschen orientieren. Als Oberbürgermeisterin möchte ich erreichen, dass Hilfesuchende, die Unterstützung für den Lebensunterhalt brauchen, außerdem Wohngeld beantragen wollen und für ihre Kinder die Hilfe des Jugendamts benötigen, nicht mehr zu mehreren verschiedenen Ämtern laufen müssen, sondern in einer Anlaufstelle, die für ihren Stadtteil zuständig ist, Hilfe aus einer Hand empfangen.

 

Bamberg – die Stadt für alle

Bamberg soll eine Stadt sein, in der sich alle gleichberechtigt zu Hause fühlen, Familien und Singles, alt und jung, in Bamberg oder anderswo geboren. Leider verlassen gerade viele Familien die Stadt und ziehen aufs Land, obwohl sie eigentlich gerne das urbane Leben genießen würden, mit seinen vielseitigen Angeboten an Kultur, Freizeitmöglichkeiten und städtischem Flair. Doch sie brauchen auch passenden Wohnraum für Familien, eine intakte Umwelt und schadstoffarme Luft, Spielraum für ihre Kinder, sichere Schulwege, Kinderbetreuungsangebote und vieles mehr. Die Stadt muss deshalb neue Wohnformen fördern, die gar nicht erst mit dem Einfamilienhaus auf dem Land konkurrieren wollen, sondern eigene urbane Qualitäten entwickeln: innerstädtische Wohnprojekte mit generationenübergreifendem Ansatz und Nachbarschaftsstruktur für Familien und Singles, autofreie Fuß- und Fahrradwege, ein gutes ÖPNV-Angebot und das Flair des Weltkulturerbes.

 

Positiv für Familien – positiv für alle

Ein Gesamtverkehrskonzept muss sich danach ausrichten, den öffentlichen Raum wieder sicherer zu machen. Dazu müssen der Individualverkehr reduziert und weitestgehend Tempo-30-Zonen eingeführt werden. In Wohngebieten müssen geeignete Straßenräume für Kinder zum Spielen nutzbar sein. Durch eine dringend notwendige Verkehrsberuhigung in stark betroffenen Straßen, wie etwa Memmelsdorfer Straße, Königstraße und Nonnenbrücke, muss die Schadstoffbelastung in der Luft reduziert werden.

Bamberg wird dann für Familien attraktiv, wenn es auch genügend Betreuungsangebote für Kinder bietet; dezentral, wohnortnah und vielfältig bei Konzepten und Trägern. Vor allem das Krippenangebot für die Kleinsten muss verbessert werden. Ich werde dafür Sorge tragen, dass die Stadt als zweitgrößte Arbeitgeberin in Bamberg selbst mit gutem Beispiel voran geht und durch flexible Teilzeitarbeit für Väter und Mütter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt. In den städtischen Betrieben müssen Arbeitszeiten auf die Bedürfnisse von Familien - seien es Ein- oder Zwei-Eltern-Familien - abgestimmt werden. Die Stadt wird so für die Unternehmen in der freien Wirtschaft Pionierarbeit leisten. Mein Ziel ist es, dass die Stadt solche Unternehmen mit einem Label "familienfreundlicher Betrieb" auszeichnet, die in diesem Sinne fortschrittliche Beschäftigtenpolitik betreiben.

 

Auf besondere Bedürfnisse Rücksicht nehmen

Frauen und Männer haben oft unterschiedliche Bedürfnisse, sei es beim öffentlichen Nahverkehr, bei der Stadtplanung oder als Hilfesuchende im städtischen Behörden. Der differenzierte Blick auf kommunalpolitische Entscheidungen, je aus der unterschiedlichen Perspektive von Frauen und Männern, muss deshalb in der Verwaltung verankert werden ("Gender Mainstreaming"). Auch die Finanzpolitik der Stadt muss auf Geschlechtergerechtigkeit überprüft werden ("Gender Budgeting"). Frauenpolitische Belange werde ich offensiv vertreten und die Gleichstellungsbeauftragten stärken.

Es muss auf die spezifischen Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen geachtet werden. Alte Menschen und Menschen mit Behinderung brauchen beispielsweise barrierefreie Zugänge zu öffentlichen Einrichtungen – das Rathaus am Maxplatz muss deshalb dringend über ein Rampe auch für Menschen mit Gehbehinderung erreichbar sein. Menschen und vor allem Kinder mit Migrationshintergrund brauchen besondere Förderung: Ihnen kommen Ganztagsschulen zugute, weil dadurch soziale Nachteile ausgeglichen und bessere Bildungschancen geschaffen werden. Die Stadt muss deshalb den Ausbau von Ganztagsangeboten forcieren.

 

Bamberg – die Stadt mit Potenzialen

Bamberg als Weltkulturerbe hat viele Pfunde, mit denen es auch wirtschaftlich wuchern kann. Denkmalschutz spielt auch in Zukunft eine wichtige Rolle, denn alle Maßnahmen der Denkmalpflege und Denkmalsanierung sind zugleich lokale Wirtschaftsförderung. Künftig muss der Schwerpunkt auf ökologischer Altbausanierung liegen. Als Oberbürgermeisterin werde ich unsere Weltkulturerbestadt zum Kompetenzzentrum für die ökologische Sanierung historischer Gebäude ausbauen. Die Stadt wird dazu gezielt Tagungen und Messen veranstaltet sowie die Ansiedlung von Dienstleistungsfirmen und beratenden Instituten fördern. Mit dem Lehrstuhl Denkmalpflege an der Universität ist dafür heute schon ein Grundstein gelegt.

 

Neue Ideen für die Wirtschaftsförderung

Ich werde gezielt versuchen, zukunftsfähiges Gewerbe nach Bamberg zu holen. Eine schwierige Aufgabe - um diese zu bewerkstelligen, braucht es besondere Anstrengungen. Die neue, umweltschonende Brennstoffzellentechnik ist eine solche Branche, die in Deutschland gerade erst aufgebaut und entwickelt wird. Die Stadt muss auf Messen und Tagungen in dieser Branche präsent sein und gezielt für Bamberg als Wirtschaftsstandort werben, so dass Interesse bei Firmen dafür geschaffen wird, sich mit Entwicklung, Forschung, aber auch Produktion hier niederzulassen.

Andere vorhandene Potenziale müssen ebenfalls noch geweckt werden, wie etwa die gezielte Vermarktung von typisch Bamberger Produkten auch über Bamberg hinaus; etwa Gärtner- und Brauereiprodukte. Ich werde mich dafür einsetzen, ein Label und ein Marketing-Konzept zu entwickeln. Auszubauen ist umweltfreundlicher Tourismus - z.B. für Fahrrad-, Schiffs- und Zugreisende - , Tourismusangebote für Familien und Jugendliche und barrierefreie Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung - im Gehen, Sehen oder Hören. Eine intensive Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der weiteren Region muss an die Stelle der bisherigen Konfrontation treten.

Nach wie vor steht die Gründung eines Gewerbesteuerzweckverbands mit den Nachbargemeinden auf der Agenda. Damit Stadt und Landkreis-Gemeinden nicht mehr, wie schon so oft, um die Ansiedlung von Firmen konkurrieren, sondern in einem gemeinsamen Konzept den Firmen angemessene Angebote unterbreiten können, ohne dass eine Seite die Verliererin ist.

Die Innenstadt muss durch eine Ausweitung der guten Geschäftslagen gestärkt werden. Dies ist aber nur mit einer konsequenten Verkehrsberuhigung möglich. Schon heute liegen die begehrtesten und besten Geschäftsräume in der Fußgängerzone. Die Achse Bahnhof-Dom hat das Potential zur verkehrsberuhigten Einkaufs- und Flaniermeile.

Dort, wo es leer stehende Ladenräume gibt, muss die Stadt mit einem City-Gewerbemanagement negative Auswirkungen auf die Nachbarschaft abmildern. Dabei müssen Räumlichkeiten kurzfristig anderweitig genutzt werden, z.B. für Veranstaltungen oder Ausstellungen, mit dem Ziel, neue passende Nutzer zu vermitteln. Über ein solches City-Gewerbemanagement kann die Stadt zwischen Gewerbeinteressenten und Hauseigentümern moderieren, um eine gesunde Geschäftsvielfalt in der Stadt zu erhalten und gezielt mittelständische Einzelhändler zu unterstützen.

 

Bei den Finanzen an die Zukunft denken!

Die Stadt muss aber auch selbst nachhaltig wirtschaften. Angesichts der aktuellen Schuldenlage der Stadt, angesichts immer mehr verkaufter Vermögensteile - Gebäude, Aktien, Privatisierung von rentierlichen Unternehmen wie etwa die Stadtwerke - , und angesichts schon getätigter hoher Investitionen und ihrer Folgekosen - z.B. Theater-Sanierung, Konzerthalle, Ziegelbau - , können große Prestigeprojekte nur auf Kosten der folgenden Generationen gehen.

Es geht also darum, innerhalb des Machbaren Prioritäten zu setzen. Verzichtbar sind ein neues Spaßhallenbad am Stadion, der Ausbau der Kronacher Straße und das Parkleitsystem. Nicht gespart werden darf hingegen beim Bauunterhalt und der Ausstattung der Schulen, bei der Sanierung der vorhandenen Bäder, bei der Bahnuntertunnelung für Fußgänger, beim barrierefreien Ausbau des Rathauses und des ZOB, im Sanierungsgebiet Sand und in den Soziale-Stadt-Gebieten Gereuth und Bamberg-Ost.

Um die derzeit übliche Finanzpolitik im Rathaus grundlegend zu ändern, braucht es eine Verwaltungsreform, wie sie anderswo längst praktiziert wird: Die Senate dürfen nicht mehr, wie jetzt, Projekte beschließen, die dann doch nicht finanzierbar sind und Bamberg noch weiter in die Schuldenfalle treiben. Stattdessen muss jeder Senat mit Budgetverantwortung entscheiden. D.h. innerhalb eines vorher festgelegten Budgets kann jeder Senat in seinem Zuständigkeitsbereich beschließen, welche Projekte verwirklicht und finanziert werden und welche nicht.

 

Hilfen für den Arbeitsmarkt

Auch auf dem Arbeitsmarkt trägt die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten Mitverantwortung. Dies fängt etwa bei den Ausbildungsplätzen in städtischen Betrieben an, die keinesfalls reduziert werden dürfen. Die Krankenpflegeschule am Klinikum sollte künftig wieder zwei Ausbildungskurse jährlich anbieten. Darüber hinaus muss sich die Stadt um mehr Ausbildungsplätze in Betrieben kümmern und die Möglichkeit, dass sich mehrere Firmen einen Ausbildungsplatz teilen, durch Beratung und konkrete Hilfe unterstützen.

Arbeitssuchende finden oft deshalb keinen Arbeitsplatz, weil ihnen wichtige Voraussetzungen oder Qualifikationen fehlen. Hier kann die Stadt im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft mit der Arbeitsagentur gezielt tätig werden: Sprachkurse für Menschen mit Migrationshintergrund, angepasste Kinderbetreuungsangebote für Alleinerziehende, Wiedereingliederungs- und Qualifizierungskurse für Langzeitarbeitslose, Unterstützung bei der Wohnungssuche und individuelle Betreuung für Obdachlose. Und, die Stadt muss sich noch stärker mit Konzepten und Ideen für die Förderung von Existenzgründungen stark machen – wie dies etwa bereits im Innovations- und Gründungszentrum geschieht.

 

Selbstbewusst in die Metropolregion

Bei allen Entscheidungen muss zukünftig die Entwicklung der Metropolregion Nürnberg im Auge behalten werden, sei es bei der Wirtschafts- und Kulturförderung oder in der Verkehrspolitik. Bamberg muss die Metropolregion mit bauen und sein eigenes Selbstbild um diese neue Facette erweitern.

 

Bamberg – die Kultur- und Schulstadt

Bambergs Kapital ist das Weltkulturerbe und seine Kultur. Um dies noch besser zu nutzen und weiterzuentwickeln, werde ich als Oberbürgermeisterin in Zusammenarbeit mit allen Kulturschaffenden einen Kulturentwicklungsplan auflegen: Nach einer Bestandsaufnahme und Bewertung dessen, was vorhanden und positiv oder negativ ist, werden wir dann gemeinsame Visionen und Ziele entwickeln. Diese Zukunftsperspektiven müssen auf konkret Machbares und einen realistischen Zeitplan heruntergebrochen und ihre Finanzierbarkeit - auch durch Drittmittel - dargestellt werden.

Kultur – erreichbar für alle

Im Rahmen eines solchen Entwicklungsplans sind auch Kulturförderrichtlinien aufzustellen, die es leider in Bamberg bisher nicht gibt. Künftig sollen Zuschüsse für Kulturvereine oder Kultureinrichtungen nicht mehr nach Gusto oder Tradition vergeben werden, sondern entsprechend den Leistungen der jeweilige Institution. Kriterien können dabei sein: soziale Erreichbarkeit des Kulturangebots für alle Menschen, Barrierefreiheit, gezielte Jugendangebote, Projekte zur Integration von Migrantinnen und Migranten. Daran wird sich dann aber auch die sogenannte etablierte Kultur messen lassen müssen, wie etwa das E.T.A.-Hoffmann-Theater oder die Bamberger Symphoniker.

Förderung bedarf in Bamberg zeitgenössische Kunst, Aktionskunst und Kunst im öffentlichen Raum. Eine Stadt wie Bamberg lebt von der Spannung zwischen historischen und modernen, oft quer liegenden Kunstformen und sollte sich mit dieser Spannung auch gezielt auseinandersetzen. Als Oberbürgermeisterin werde ich anregen, ein Aktionskunst-Wochenende im öffentlichen Weltkulturerbe-Raum ins Leben zu rufen, das einheimischen Künstlerinnen und Künstlern, aber auch Gästen ein Forum bietet und zudem touristisch vermarktet werden kann. Auch die Jugendkultur braucht eine vernetzende Betreuung in der Stadtverwaltung, damit das oft enorme Engagement von Jugendlichen nicht wie häufig an formellen und bürokratischen Hürden scheitert. Mehr Zusammenarbeit innerhalb der Region und mehr internationaler Austausch können dem bestehenden Kulturleben neue Impulse geben. Kulturinitiativen in den Stadtteilen haben mehr Beachtung und Förderung verdient. Ein stärkeres Bemühen um Fördermittel für das Weltkulturerbe und die Vernetzung mit anderen Welterbestätten schärft das eigene Profil als Stadt mit einzigartigem Altstadtensemble.

Die vor allem kultur- und geisteswissenschaftlich ausgerichtete Universität ist stärker in das Kultur leben einzubinden. Auch für den Denkmalerhalt im Weltkulturerbe verfügt die Universität über ungenutzte Potenziale, etwa bei der Bestandsaufnahme bedrohter Denkmäler und der Erarbeitung von konkreten Sanierungskonzepten. Die Wertschätzung der Arbeit der Universität für Bamberg kann durch Auslobung eines Preises für Arbeiten im Bereich der Denkmalpflege mit Bezug zu Bamberg zum Ausdruck gebracht werden. Selbst wenn es nicht in der Entscheidungsmacht der Stadt liegt, so muss sie sich doch mit Nachdruck für einen Erhalt der Universität und ihrer Fakultäten einsetzen. Wie keine zweite Einrichtung belebt die Universität das Bild und den Charakter unserer Stadt, trägt zum Leben in Bamberg bei und ist Teil der Bamberger Geschichte.

 

Schulen – ein Platz zum Lernen und Leben

Bamberg lebt auch mit seinen Schulen, nicht nur weil das ausgefeilte Schulangebot in Bamberg, ebenso wie Kultur und Weltkulturerbe, ein weicher Wirtschaftsfaktor ist. Beim Erhalt der Schulbauten und ihrer Ausstattung wurde in der Vergangenheit der Rotstift über Gebühr angesetzt, denn hier investieren wir in die Zukunft unserer Kinder und damit in die Zukunft unserer Stadt. Die städtische Wirtschaftsschule musste in den letzten Schuljahren klassenweise Kinder abweisen, weil die Stadt nicht mehr Geld zur Verfügung stellte. Künftig muss die Wirtschaftsschule so viele Klassen finanziert bekommen, wie sie benötigt, um möglichst allen interessierten Kindern den Besuch dieser Schulform zu ermöglichen. Breits im Schuljahr 2006/7 wird eine weitere Klasse eingerichtet.

Beim Ausbau von Ganztagsschulen muss Bamberg beherzter tätig werden. Denn es gibt eindeutig zunehmenden Bedarf von Familien und berufstätigen Eltern, aber auch von sozial benachteiligten Kindern oder Kindern mit Migrationshintergrund. Auch bei der Mittagsbetreuung an Grundschulen muss die Stadt Elterninitiativen tatkräftig und finanziell unterstützen. Wie wichtig und erfolgreich Schulsozialarbeit ist, hat der Schulversuch an der Heidelsteigschule gezeigt. Auch hier wird Geld richtig und nachhaltig investiert, nämlich in Stellen für Schulsozialpädagogen, die oft alltagsnahe Abhilfe schaffen oder einleiten können, bevor Schüler aus problematischen Familiensituationen gesellschaftlich auffällig oder gar straffällig werden. Gute Bildung ist ein wichtiger Baustein der Zukunft. Ich setze mich dafür ein, dass die städtischen Schulen in staatliche Trägerschaft übernommen und die dadurch freiwerdenden Mittel in ein Ganztagsschulangebot fließen werden.

 

Bamberg – die "grüne" Stadt

"Grün" steht für eine umwelt- und gesundheitsverträgliche Verkehrspolitik, für eine nachhaltige Stadtentwicklung und für einen sorgsamen Umgang mit unseren finanziellen, kulturellen und ökologischen Ressourcen.

 

Bessere Mobilität durch weniger Autoverkehr

In Bamberg wird schon seit Anfang der 80er Jahre an verschiedenen Gesamtverkehrskonzepten gearbeitet. Doch bisher wurden allenfalls vereinzelte Maßnahmen durchgeführt, die oft negative Nebenwirkungen haben - wie etwa zusätzlicher Verkehr in der Sandstraße durch Sperrung des Maienbrunnens bergaufwärts. Es ist dringend nötig, ein ganzheitliches Konzept für die gesamte Stadt umzusetzen, das auf folgenden Grundsätzen beruht: unnötigen Durchgangsverkehr aus der Innenstadt heraushalten und motorisierten Individualverkehr so weit als möglich auf öffentliche Verkehrsmittel, Rad- und Fußverkehr verlagern. Das stärkt die Innenstadt: Mehr Lebensqualität, weniger Lärm und bessere Luft – das ist gut zum Einkaufen, und das ist gut zum Wohnen in der City. Eine verkehrsberuhigte Altstadt ist auch im Interesse der zwei Millionen Tagestouristen, die Bamberg jährlich besuchen.

Konkret heißt das: Fahrradnetz, ÖPNV und Park&Ride-Angebote müssen attraktiver sein als das Parkplatzsuchen in der Innenstadt. Ein Lieferservice (City-Logistik), der alle Geschäfte in der City einbezieht und auf Wunsch Waren nach Hause liefert, erleichtert das Umsteigen auf Bus oder Fahrrad. Viele schöne urbane Plätze wie etwa die nördliche Promenade, Heumarkt oder der Schillerplatz sind städtebaulich zu schade, um zum Abstellen von Autos genutzt zu werden – sie müssen vielmehr als attraktive Aufenthaltsräume zur Verfügung stehen und in Grenzen auch für Veranstaltungen. Um ausreichend Anwohnerparkplätze für Innenstadtbewohner zur Verfügung zu stellen, muss die Karstadt-Tiefgarage, die am massivsten Parksuchverkehr in die City zieht, langfristig in eine Anwohnertiefgarage umgewandelt werden.

Das an sich schon recht gute Busangebot in Bamberg kann noch weiter verbessert werden: Vor allem das Angebot zur Nacht und an Wochenenden muss weiter ausgebaut werden. Busspuren werden die Busse beschleunigen und kürzere Taktzeiten im Fahrplan ermöglichen. Die Stadt muss ihren Beschäftigten ein attraktives Jobticket-Angebot für den täglichen Weg zur Arbeit mit dem ÖPNV machen, und damit den Anreiz für private Arbeitgeber schaffen, ihren Angestellten dasselbe zu bieten. Das Tarifsystem muss sogenannte Kettenwege ermöglichen. Beispielsweise muss dann eine Mutter, die ihr Kind von zuhause zum Kindergarten bringt und dann zur Arbeit fährt, nicht mehr mehrere Fahrscheine lösen. Günstige Kurzstreckenkarten locken noch mehr Menschen in die Busse. Eine direkte und schnelle Busverbindung zwischen dem Einkaufsgebiet Laubanger und der Innenstadt hilft zusätzliche Autofahrten zu vermeiden.

Besonders wichtig ist jedoch ein besseres ÖPNV-Angebot im Umland. Die Stadt muss sich dringend bemühen, zusammen mit dem Landkreis einen Verkehrsverbund auf die Beine zu stellen, der seinen Namen verdient: Regional-Fahrplan aus einem Guss, ein klares gemeinsames Tarifsystem mit speziellen Angeboten wie z.B. einer Regio-Card, ein einheitliches Erscheinungsbild der Busse und ein lückenloses Netz für die gesamte Region Bamberg. Dann wird eine Mobilitätsberatung der Stadtwerke allen interessierten Bürgern gemäß ihren persönlichen Bedürfnissen individuelle Mobilitätspläne zusammenstellen.

Mit dem Rad kann man schnell und bequem vieles in Bamberg erreichen – es ist oft das schnellste aller Verkehrsmittel in der Stadt. Daher sind ab sofort alle Straßenbaumaßnahmen auf Fahrradverträglichkeit zu überprüfen. Radwege sind weiter auszubauen und durch gute Kennzeichnungen sicher zu gestalten. Auch die Mitnahme von Fahrrädern in Bussen - gerade im Berggebiet - sollte in verträglichem Maße erlaubt sein.

Der Neubau von sogenannten Entlastungsstraßen ist sehr kritisch zu bewerten, weil sie meist mehr Verkehr produzieren als andernorts tatsächliche Entlastung. Das gilt für die Kronacher Straße, die Millionen Euro aus dem Stadtsäckel verschlingt, aber den Anwohnern der Memmelsdorfer Straße allen Verkehrsprognosen zufolge nur geringfügig Ruhe verschaffen wird. Auch die Bergverbindungsstraße bzw. Nordtangente würde das Kultur- und Naturerbe der Stadt extrem zerstören und widerspricht jeglicher verkehrspolitischer Vernunft.

 

"Grüne" Stadtentwicklung für mehr Lebensqualität

Grüne Stadtplanung bedeutet, dass nicht die flächenzersiedelnde Ausweisung neuer Reihenhausgebiete am Stadtrand das Ziel ist. Vielmehr besteht die Zukunft der Stadt in der Nachverdichtung bebauter Gebiete, in der Nutzung bestehender Gebäude z.B. für die Bedürfnisse von Familien und in der Aufwertung des Wohnens in einer Innenstadt, die von Verkehrsgefahren, -abgasen, und –lärm zu entlasten ist. Neue Baugebiete müssen gezielt nach ökologischen Prinzipien gestaltet werden: naturnahe Grünflächen, ökologische Baustoffe, Dachausrichtung zur Nutzung von Solarenergie, Einrichtung von Blockheizkraftwerken, verdichtete Bebauung bei gleichzeitiger Nutzung von Gemeinschaftsflächen für alle. Und die Stadt muss im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf achten, dass überall in der Stadt eine auf kurzem Wege erreichbare Grundversorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs gewährleistet ist.

Für die künftige Stadtplanung wird das US-Gelände nach dem Abzug oder Teilabzug der US-Armee eine große Rolle spielen. Die Zukunft dieses Areals zu bestimmen, darf sich die Stadt von Investoren nicht aus der Hand nehmen lassen. Es muss zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern zuerst in Ruhe geplant werden, wie die Zukunftsvision für diese Gebiete aussehen soll, erst danach können Bauinvestoren gemäß diesen Maßstäben an der Umsetzung beteiligt werden.

Zu einer nachhaltigen Stadtplanung gehört auch ein integriertes Stadtentwicklungskonzept. Bei dessen Entwicklung müssen alle sozialen Belange mit in den Blick genommen werden. Aufgabe wird es dort auch sein, bestehende wohnortnahe Freizeitangebote zu erhalten und neue zu schaffen. Die Bamberger Bäder stehen hier besonders in der Diskussion. Ein großes Spaßbad mit neuem Hallenbad am Stadion würde einem integrierenden Konzept entgegenstehen. Viel sinnvoller, alltagsorientierter und bürgernäher ist es, die vorhandenen Ressourcen zu erhalten, das Gaustadter Freibad z.B. als Naturbad zu sanieren, das Hallenbad am Margaretendamm moderat und ergänzt um eine dringend nötige Innenstadt-Sauna zu modernisieren, sowie das Hainbad in seinem Bestand zu erhalten. Eine Schließung dieser Bäder, um ein Spaßbad finanzieren zu können, lehne ich ab.

 

Energisch für den Klimaschutz

Energiepolitisch muss die Stadt selbst noch einiges nachholen: Allein durch Energiesparmaßnahmen in städtischen Gebäuden können deutlich Unterhaltskosten reduziert und so Steuergelder gespart werden. Die Stadtwerke müssen sich spürbarer im Bereich der regenerativen Energien engagieren: Ich möchte Solardächer auf städtischen Gebäuden sehen und weit mehr Haushalte als bisher müssen mit Fernwärme versorgt werden. Deshalb werde ich als Oberbürgermeisterin in Bamberg eine "kommunale Energiewende" einleiten: Heute verdienen die Stadtwerke z.B. an der Gasmenge, die sie ihren Kunden liefern. Wenn aber die Kundinnen nicht mehr die Ressource Gas kaufen würden, sondern Wärme, wären die Stadtwerke selbst daran interessiert, diese Wärme möglichst energiesparend und damit umweltschonend zu produzieren.

 

Den Gefahren des Mobilfunks entgegentreten

Nicht nur Lärm oder Abgase gefährden die Gesundheit, auch Mobilfunk kann zum Teil zu wesentlichen Beeinträchtigungen führen. Hier muss die Stadt zugunsten der Bürgerinnen und Bürger und für deren Gesundheitsvorsorge handeln. Sie muss den Mobilfunkfirmen, die an einem flächendeckenden und engmaschigen Sendenetz im Stadtgebiet interessiert sind, selbstbewusst entgegentreten. Auch wenn der kommunalpolitische Spielraum hier gering ist - hauptverantwortlich ist das Immissionsschutzrecht auf Bundesebene - , muss die Stadt diesen nutzen: keine Genehmigung von Mobilfunkantennen in reinen Wohngebieten und auf städtischen Liegenschaften, Gestaltungssatzungen in Bereichen des Weltkulturerbes und Denkmalschutz schaffen durchaus eine standfeste Verhandlungsposition der Stadt gegenüber der Mobilfunk-Branche. Außerdem müssen Hausbesitzerinnen über die Mobilfunkgefahren aufgeklärt und die Bevölkerung aktiv über neue Standort-Planungen informiert werden. Darüber hinaus sollte die Stadt eine Informationskampagne starten, die vor allem auch an Schulen über die Gesundheitsgefahren bei der Nutzung von Mobiltelefonen aufklärt.

 

Landesgartenschau – eine Chance!

Die für 2012 geplante Landesgartenschau ist eine große Chance für Bamberg. Das seit langem brach liegende ERBA-Gelände wird zum Wohn- und Gewerbegebiet umgestaltet und damit wieder sinnvoll, umweltverträglich und langfristig genutzt. Allerdings darf sich die Landesgartenschau nicht auf das ERBA-Gelände beschränken. Wir haben hier eine große Chance, die Aufenthaltsqualität durch mehr Stadtgrün und zukunftsweisende Raumgestaltung auch in der historischen Gärtnerstadt und in Bamberg-Ost zu heben. Investitionen das Projekt Landesgartenschau müssen nachhaltig und bürgernah gestaltet werden, so dass auch nach Ende der offiziellen Veranstaltung ein stadtgestalterischer Gewinn für alle Bürger und Bürgerinnen entsteht. Eine Gutsherrenplanung zugunsten der Eigentümer und Investoren auf dem ERBA-Grundstück darf es nicht geben. Die Stadt muss sich auch darüber klar sein, dass eine Umsetzung der Landesgartenschau Einsparungen bei anderen Projekten bedeutet und nicht einfach als zusätzliche Schuldenlast auf Kosten kommender Generationen gehen darf. Sinnvoll wäre es, Bürger und Anwohnerinnen in kleinteiligen Projekten zu beteiligen – das kann Kosten sparen und die Identifikation mit einer ansonsten oft zu sehr auf Tourismus ausgelegten "Schau" steigern. Der Schwerpunkt einer Bamberger Landesgartenschau, die neben der ERBA den Fluss inmitten der Stadt zum Zentrum hat, muss auf "Ökologie in der Stadt" liegen.

 

 

 

Übersicht:

Bamberg – die Bürgerstadt

Bamberg – die Stadt für alle

Bamberg – die Stadt mit Potenzialen

Bamberg – die Kultur- und Schulstadt

Bamberg – die "grüne" Stadt