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Haushaltsrede 2006 für den Haushalt 2007 - Vollsitzung 13. Dezember 2006

von Wolfgang Grader, Vorsitzender der GAL-Fraktion

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!

Genau vor einem Jahr stand zu Beginn der Haushaltsreden die Frage im Raum, wer denn nun, wenn wir die Stadt Bamberg mit einem Zug vergleichen, der Lokführer sein wird. Diese Frage ist nun hinlänglich entschieden, das Zugpersonal wurde teilweise erneuert und der Zug um den Waggon Bürgermeisteramt verlängert. Nächstes Jahr um diese Zeit wird man sich Gedanken machen, wie viele schwarze, grüne, rote, orange, und bunte Waggons der Zug haben wird. So können wir heute, noch ohne Wahlkampfgeplänkel, wenn wir wollen, gemeinsam Zeichen setzen, wohin denn die Reise für die Stadt Bamberg gehen wird.

Wir haben zwar einen neuen Haushalt vorgelegt bekommen (schließlich steht ja auch 2007 und nicht mehr 2006 darüber), aber es ist kein anderer Haushalt geworden. Der Oberbürgermeister und während der Haushaltsberatungen auch die SPD-Sprecherin im Finanzsenat, haben davon gesprochen, dass dieser Haushalt 2007 die Handschrift des neuen Oberbürgermeisters tragen würde. Wenn dem so ist, dann unterscheidet sich die Handschrift des neuen OB nicht im geringsten von der Handschrift seines Amtsvorgängers und zwar weder im Schriftbild, noch in der Größe, noch im "Schwung".

Ich weiß, dass wir in den ersten sechs Monaten nicht große Veränderungen erwarten können, viele Altlasten mussten ja abgearbeitet werden. Klar, es war auch nicht unbedingt zu erwarten, dass der Entwurf dieses Haushalts besonders grün werden wird, aber ein bisschen mehr rot, oder soll ich sagen orange, ein bisschen mehr Soziales hätten wir schon erwartet.

Die GAL ging in die Haushaltsberatung mit dem Ziel, dem von OB und Verwaltung vorgelegten Entwurf ein bisschen mehr rote und grüne Farbe zu verabreichen. Wir wollten sicherlich den Haushalt nicht gänzlich umkrempeln. Dafür sind zu viele Ausgabepositionen festgeschrieben und der Spielraum ist nicht allzu groß, aber die ein oder andere Duftmarke, den ein oder anderen grünen Akzent hätten wir gerne verwirklicht. Wenn auch die meisten unserer Anträge mit großer Mehrheit abgelehnt wurden, so konnte doch der eine oder andere grüne Pinselstrich während der Beratungen angebracht werden um den Haushalt ökologischer und sozialer zu gestalten.

Welche Ziele hat die GAL mit ihren Anträgen verfolgt:

Genau wie die Verwaltung wollte auch die GAL:

  • keine Erhöhung der beeinflussbaren Sachkosten

  • keine Nettoneuverschuldung

Das Erwirtschaften der Pflichtzuführung vom Verwaltungshaushalt zum Vermögenshaushalt in Höhe von 3,6 Mio gelingt nicht aus eigener Kraft des Verwaltungshaushaltes. Die Rücklagen müssen angegriffen werden (aber letztendlich wurden sie in weiser Voraussicht genau zu diesem Zweck gebildet)

Die GAL versuchte mit ihren Vorschlägen trotzdem, Ausgaben im Verwaltungshaushalt weiter zu reduzieren und Potenziale für Einnahmensteigerungen zu nutzen.

Unsere Ausgabekürzungsvorschläge im Verwaltungshaushalt beinhalteten eine Kürzung der Entschädigungen für Stadträte (-10%), eine Kürzung bei Repräsentation und Ehrungen, eine Verschlankung in der Presseabteilung des Oberbürgermeisters, die mit 5 Planstellen eine Spitzenstellung in Bayern einnimmt, beim Dienstleistungsentgelt für den EBB zum Straßenunterhalt (-5%) und sofort. Diese Kürzungsvorschläge ergäben eine Gesamthöhe von 443.800 Euro.

Die Einnahmenmehrungen erfolgen durch die Einbuchung des versprochenen höheren Bundeszuschuss für die Kosten der Unterkunft (Hartz IV) sowie durch Erhöhung der Parkgebühren (+20%). Da wir jetzt durch das neue Parkleitsystem sehen, dass viele Parkhäuser leer stehen, könnten wir durch die Erhöhung den Verkehr weiter umlenken und einige Stellen vom Parkplätzen befreien. Ich denke da vor allem an die Promenade, die noch viel Potenzial besitzt, um die Attraktivität der Innenstadt zu steigern.

Die Mehrausgaben der GAL im Verwaltungshaushalt in bescheidenem Umfang hätten nach unseren Willen vor allem in den Bereichen

  • Ausweitung der Schulsozialarbeit,

  • Einrichtung einer 19. Klasse in der Wirtschaftsschule,

  • Förderung der Tagespflege,

  • Freiwilligenmanagement und Bürgerbeteiligung

  • und bei dem dringend notwendigen höheren Erhaltungsunterhalt bei den städt. Wohn- und Geschäftsgrundstücken

erfolgen sollen.

Wir bedauern sehr, dass diese in unseren Augen wichtigen und sinnvollen Anträge keine Mehrheit gefunden haben.

Wir freuen uns aber, dass die anderen Fraktionen unserem Antrag gefolgt sind, nach einer jahrelang zurückliegenden Kürzung nun endlich wieder die freiwilligen Leistungen für die Jugendarbeit um moderate 5 % zu erhöhen. Damit wird u. E. wieder ein Zeichen gesetzt, ehrenamtliche Tätigkeit und bürgerschaftliches Engagement anzuerkennen und verstärkt von städtischer Seite zu stützen.

Gefreut hat uns natürlich auch, dass nach unserem vergeblichen Anlauf im vergangen Jahr, heuer nunmehr doch die Notwendigkeit von allen anderen Fraktionen erkannt wurde, das Personal für die offene Jugendarbeit in den Einrichtungen im Jugendzentrum und Filterlos durch die Neueinstellung eines Sozialarbeiters bzw. einer Sozialarbeiterin zu ergänzen. Damit kann vorläufig die Aufrechterhaltung beider Einrichtungen gewährleistet werden. Die Alternative wäre gewesen, eine Einrichtung zu schließen, was wir von der GAL mit allen Kräften verhindern wollten.

Insgesamt hätte sich der Verwaltungshaushalt – wären die Kolleginnen und Kollegen unseren Vorschlägen gefolgt - um ca. 800.000 Euro verbessert.

Mit dieser Verbesserung im Verwaltungshaushalt wollten wir neue Investitionen im Vermögenshaushalt anschieben, insbesondere einen höheren großen Sonderbauunterhalt bei den städtischen Schulen und den längst überfälligen Einstieg in die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes als Entree in die Stadt.

Wir wollen ein klares Signal setzen:

Das bedeutet Aufwertung von Bamberg-Ost durch die Fußgängeruntertunnelung Bahnhof-Brennerstraße und den Bau des P+R-Platzes an der Brennerstraße. Wir freuen uns, dass wir die Kolleginnen und Kollegen mit unseren Anträgen zur Bahnsteigunterführung, zum P+R-Platz an der Brennerstraße und letztlich zur Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes soweit sensibilisieren konnten, dass mit allen Kräften versucht werden soll, diese Maßnahmen im kommenden Jahr anzupacken. Der Herr Oberbürgermeister hat zugesichert, dass wir uns im Frühjahr, spätestens nach Feststellung des Rechnungsergebnisses 2006 verabreden werden und über die weiteren Maßnahmen entscheiden werden. Die Mittel für den notwendigen Grundstückskauf werden vorläufig aus dem Haushaltstitel für städtische Grundstückskäufe gesichert und zurückgestellt.

Die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes ist nach Ansicht der GAL städtebaulich und verkehrspolitisch dringend geboten und eine wichtige Weichenstellung:

1. Bahnhofsvorplatz als Entree in die Stadt (muss spätestens zur Landesgartenschau fertig sein)

2. Der nördliche Bereich des Bahnhofsvorplatzes, der jetzt noch als Parkplatz für Bahnreisende und Bahnbedienstete genutzt wird, wird dringend benötigt, um die Verkehrsströme und Umsteigebeziehungen der Busse aus dem Landkreis mit den Stadtbussen neu zu ordnen. Notwendig ist hier ein Zentraler Omnibusbahnhof für die Überlandbusse mit direkter Anbindung an die Stadtbusse.

3. Um diesen Platz für diese Nutzung frei zu bekommen, ist der P+R östlich der Bahnlinie in der Brennerstraße notwendig.

4. Um diesen P+R-Platz zu erreichen und um Bamberg-Ost besser fußläufig an den Bahnhof und an den ZOB/Überlandbusse anzubinden, brauchen wir Verlängerung der Bahnsteigunterführung – und zwar bis auf den Bahnhofsvorplatz, ggf. bis zum Postgebäude auf der westlichen Seite der Ludwigstraße.

Während der Haushaltsberatungen war es unser Ziel, wieder Mittel für die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans bereitzustellen, um hier Planbarkeit für die Verwaltung zu erreichen. Wir freuen uns, dass unser Antrag eine Stadtratsmehrheit gefunden hat.

Ich bin auch zuversichtlich, dass unsere Anträge zum Schulunterhalt in den kommenden Jahren ihre Mehrheiten finden werden, denn Bildungspolitik haben sich viele Parteien auf die Fahne geschrieben. Lassen Sie Sonntagsreden nun auch Taten folgen!

Es ist aber äußerst bedauerlich, dass im Stadtrat und in der Verwaltung nach wie vor zu wenig innerer Druck zu herrschen scheint, um die strukturellen Defizite im Verwaltungshaushalt anzugehen. Dies kann u. E. nur gelingen, wenn sich Stadtrat und Verwaltung endlich zusammensetzen und in Form einer Aufgaben- und Ausgabenkritik alle disponiblen Bereiche durchforsten. Dazu gehört Mut und Bereitschaft zur konstruktiven Auseinandersetzung. Wird es einmal eine interfraktionelle Arbeitsgruppe in diese Richtung geben? Herr Oberbürgermeister? Wir sind zu einer Mitarbeit gerne bereit.

Ein großer Teil kommunaler Aufgaben wird mittlerweile nicht im Kameralhaushalt, sondern in den städtischen Beteiligungen erbracht. Das ist eine Entwicklung, die wir von Anfang an nicht unbedingt für gut befunden haben, weil den Bürgerinnen und Bürgern und in vielen Teilen auch den Stadtratskollegen die demokratische Kontrolle entzogen wird und es keine Transparenz bei den Entscheidungen gibt, die hinter den verschlossenen Türen der Aufsichtsratsgremien fallen. Wir hoffen, dass die Türen geöffnet werden können. Ein diesbezüglicher Antrag der GAL-Fraktion harrt seit langem einer – hoffentlich positiven – Behandlung.

Umso erfreuter waren wir, als in diesem Jahr erstmalig der neue Oberbürgermeister unsere Anregung aufgriff, die Zielvereinbarungen mit den städtischen Beteiligungen in einem Workshop vorzuberaten. Das war sicher ein qualitativer Sprung, und als erster Ansatz zu mehr Transparenz akzeptabel. Doch dürfen wir auf dieser Stufe nicht stehen bleiben.

Ein Workshop weniger ausgewählter Stadtratsmitglieder hinter verschlossenen Türen ersetzt nicht die öffentliche politische Auseinandersetzung über Ziele, die wir, der Gesamtstadtrat, mit unseren Gesellschaften vereinbaren wollen. Wir wünschen uns auch hier mehr Transparenz und Öffnung für die Bürgerinnen und Bürger: Öffentliche Diskussion und Entscheidungsfindung im Beteiligungscontrolling, und mehr Öffentlichkeit bei den Aufsichtsratsitzungen.

Wir haben in diesem Jahr - angesichts der Übungssituation in der wir uns befinden – darauf verzichtet, im Nachgang nochmals klare und quantifizierbare Zielformulierungen zu beantragen. Dies geschah nicht zuletzt aus der Hoffnung heraus, dass wir im kommenden Jahr beim Beteiligungscontrolling in zwei Schritten ein Stück vorankommen werden. Das ist zum einen die frühzeitige politische Diskussion im Stadtrat oder im Senat für Finanzen, Wirtschaft und städt. Beteiligung. Diese Diskussion – zumindest über die strategischen Ziele - sollte spätestens im Juni/Juli 2007 erfolgen und von den direkten Haushaltsberatungen abgekoppelt werden.

Während des Schreibens dieser Haushaltsrede kam die ausgezeichnete Nachricht, dass die Schlüsselzuweisungen für die Stadt Bamberg im Jahr 2007 um 166,7 % steigen werden. Das macht 3 567 000 € mehr aus, als im Haushalt veranschlagt. Das weckt sicherlich Begehrlichkeiten, doch zeigt es uns, dass 2007 mehr geht als geplant.

Für uns wäre nun die Möglichkeit neu gegeben eine kräftige Botschaft in die Bevölkerung Bambergs zu geben:

  • Stärkung der Schullandschaft,

  • Einstieg in den Bau der Bahnhofsuntertunnelung,

  • Reduzierung der städtischen Schulden.

Für die Bürgerinnen und Bürger Bambergs erhoffen wir Nachbesserungen in diese Richtung beim Nachtragshaushalt.

Der Haushalt unterscheidet sich, wie eingangs erwähnt, nicht wesentlich vom vergangenen Haushalt. Die Stadtratsmehrheit hat so entschieden. Mit einer intensiven Auseinandersetzung wäre eine Akzentverschiebung in Richtung Schwerpunkt Schule und Jugend möglich gewesen. So bleibt unsere Zustimmung heute verwehrt.

Wir sind in vielen Punkten zäh, diskussionsfreudig und stellen häufig Anfragen und Anträge. Aber, Sie geben mir sicherlich recht, sehen wir unsere Politik als ein ehrliches Ringen um eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung einer wunderbaren Stadt und ihrer Bewohner an. Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass grüne Ideen und Visionen sich positiv für das Klima und das Leben in dieser Stadt auswirken werden.

Ich möchte mich an dieser Stelle bedanken für die konstruktive und teilweise lebendige Zusammenarbeit – quer durch die Fraktionen -, und wünsche uns weiterhin, eine lebhafte politische Auseinandersetzung, Freude an der Gestaltung von Bambergs Zukunft und ein menschliches, ehrliches Miteinander im Sitzungssaal, bei Veranstaltungen, Begegnungen und kommenden Wahlkämpfen.

So bleibt mir noch, den Bambergerinnen und Bambergern, Ihnen Herr Oberbürgermeister Starke, Ihnen Herr Bürgermeister Hipelius, den Referenten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Stadtverwaltung und städtischen Beteiligungen sowie Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen des Bamberger Stadtrates, ein gesegnetes, geruhsames Weihnachtsfest und vor allem ein gesundes neues Jahr zu wünschen.