Volksbegehren will Schulstress vermindern
GAL-Info-Abend zur "besseren
Schulreform"
"Heute haben Eltern Angst, dass ihre
Kinder den Anschluss verpassen, wenn diese in der vierten
Klasse mit einer Drei statt einer Zwei nach Hause
kommen." Dass die "bessere Schulreform" das
ändern will, machte der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft, Ernst Wilhelm, bei einen
Informationsabend der GAL deutlich.
Er betonte, dass mehrere Bundesländer gute
Erfahrungen damit gemacht hätten, die Übertrittsentscheidung
in die Hand der Eltern und ihrer Kinder zu legen und die
Grundschulnoten nur noch als Orientierung, aber nicht mehr als
entscheidenden Maßstab dafür zu werten. Nur so lässt sich
nach Wilhelms Meinung in der Grundschule die Freude am Lernen
erhalten, besonders für diejenigen, die nicht so schnell sind
wie die anderen.
„In den meisten europäischen Ländern ist
eine mindestens sechsjährige gemeinsame Schulzeit
selbstverständlich", stellte Wilhelm dar, "aber die
bayerische Regierung meint, sie müsste jetzt neben dem
Übertritt ans Gymnasium auch noch den an die Realschule nach
der Klasse 4 regeln!" Dahinter stehe die Vorstellung,
leistungsstärkere Schüler kämen weiter, wenn die anderen
abgehängt würden. Die Untersuchungen von
Erziehungswissenschaftlern belegten jedoch, dass diese
Erwartung nicht zutreffe.
Was man sich mit der frühen Auslese der
Schüler allerdings einhandle, sei die schleichende Auflösung
der Gesellschaft. „Die Standesdünkel werden schon unter den
Jugendlichen eingeübt", warnte Ernst Wilhelm. "Wie
sollen sie lernen, wie eine solidarische Gesellschaft
funktioniert, wenn schon die Kinder in verschiedenen
Schularten den Kontakt untereinander verlieren?"
Ursula Sowa, Vorsitzende der
GAL-Stadtratsfraktion und OB-Kandidatin, kritisierte, dass
durch den "vorauseilenden Gehorsam" der Stadt
Bamberg gegenüber der bayerischen CSU-Staatsregierung die R6
an der Graf-Stauffenberg-Realschule schon 2001 eingeführt
werden solle. "Das ist drei Jahre früher als nötig.
Außerdem hätte man lieber den Ausgang eines Volksentscheids
abwarten und sich die jährlichen Personalmehrkosten von
600.000 DM sparen sollen", so ihre Meinung. Auch von
Oberbürgermeister Lauer zeigte sie sich enttäuscht,
"weil er sich wieder einmal auf CSU-Linie hat trimmen
lassen, obwohl er das Volksbegehren bei der Zulassung noch
unterstützt hat."
In der anschließenden, durchaus kontroversen
Diskussion wurde die Sorge geäußert, dass durch eine
spätere Entscheidung für die eine oder andere Schulart die
im späteren Berufsleben geforderten Anforderungen kaum noch
angemessen vermittelt werden könnten. Dagegen hielt ein
anderer Diskussionsteilnehmer, dass die heute wichtigen
Schlüsselqualifikationen wie Teamarbeit, soziale Befähigung
oder Flexibilität gerade in einem Klima von frühzeitiger
Auslese und Konkurrenzkampf zu kurz kämen.
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