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Pressemitteilung vom 23. Juni 2008

"Warum soll's am Michelsberg nicht Ökowein und Apfelsaft geben?"

Eine Ortsbegehung der GAL am geplanten Weinberg am Michelsberg sorgte für hitzige Diskussionen, zeigte aber auch Kompromisswege auf

 

Die Meinungen prallten zum Teil hart aufeinander, als sich die StadträtInnen der GAL-Fraktion zusammen mit BürgerInnen bei einer öffentlichen Ortsbegehung das Gebiet für den geplanten Weinberg beim Michelsberger Kloster ansahen. Wie berichtet soll dort im Rahmen der Landesgartenschau am Südhang ein Weinberg angelegt werden, wie es ihn früher bereits gab. Von den dort wachsenden 140 Obstbäumen soll nach den derzeitigen Planungen ein Großteil gefällt werden, was zu einer Flut von Bürgerprotesten führte.

Die Grünen, obwohl sie sich im Stadtrat für den Weinberg ausgesprochen hatten, veranstalteten nun als erste eine öffentliche Diskussion, um sich mit den Einwänden der GegnerInnen auseinanderzusetzen. Vom Naturschutzbeirat war Erich Spranger (Bund Naturschutz) anwesend, VertreterInnen der Landesgartenschau-GmbH sowie der inzwischen beauftragte Winzer waren der Einladung zum Bedauern der GAL nicht gefolgt.

Ein Teil der KritikerInnen sprach sich komplett gegen einen Weinbau am Michelsberg aus. Dafür bestehe keine Notwendigkeit, der historische Bezug sei willkürlich. "Jetzt ist eben die Streuobstwiese eine gewachsene Kulturlandschaft, die ebenso wertvoll ist, und wir sollten diese auch erhalten", so ein Diskutant. Dass ausgerechnet unter der Flagge der Landesgartenschau eine naturgeschützte Streuobstwiese "niedergemacht werden soll", fand nicht nur er unfassbar.

Andere kritisierten weitere einzelne Aspekte. So vermisste ein Biologe eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, ein Teilnehmer verwies auf die archäologischen Grabungen, die erst noch stattfinden müssten, wieder andere BürgerInnen befürchten, dass in ein paar Jahren der Weinberg nach und nach erweitert würde und dann noch mehr Obstbäume verschwinden. Anwohner sind geängstigt angesichts der zu erwartenden giftigen Planzenschutzmittel, die direkt vor ihren Gärten zum Einsatz kommen sollen. Insgesamt war ein deutliches Misstrauen der Anwesenden gegenüber den Landesgartenschau-Verantwortlichen zu spüren. Die Kritik an mangelnder Bürgerbeteiligung war laut.

Doch es gab auch Befürworter des Vorhabens. Sie rückten vor allem den Umstand ins Zentrum, dass nur über das Projekt Landesgartenschau Gelder zu erwarten sind, die eine Pflege des Hangs überhaupt möglich machen. Das bestätigte auch Kiki Laaser, für die GAL Aufsichtsrätin in der GmbH: "Für die Streuobstwiese allein gibt es keine Fördergelder", erklärte sie. Viele der vorhandenen Bäume bedürften dringend einer Pflege, einige seien ohnehin nicht mehr zu retten. "Einfach alles so zu lassen, wie es ist, würde bedeuten, dem Verfall weiter zuzusehen", so Laaser. Die Streuobstwiese gerade durch den Weinberg erhalten, für diesen Vorschlag konnten sich nach und nach immer mehr BesucherInnen erwärmen: "Warum nicht Wein und Apfelsaft? Warum nicht beides vermarkten?"

Ebenso wie Erich Spranger halten die GAL-StadträtInnen jedoch einige Kritikpunkte für beachtlich und wollen deshalb nachverhandeln. So solle man das Weinbaurecht auf 1,1 Hektar (die Größe entspricht ca. eineinhalb Fußballfeldern) nicht voll ausnutzen, um mehr Bäume erhalten zu können, und es müsse Ökoweinbau und der Verzicht auf gesundheitsschädliche Spritzmittel festgelegt werden. Wie Erich Spranger selbstkritisch zugab, sei in diesen Aspekten die Stellungnahme des Naturschutzbeirates noch zu wenig konkret.

Am Ende der Veranstaltung stand schließlich eher der Wille zum Kompromiss im Mittelpunkt. Einen auf eine erträgliche Fläche reduzierter ökologischer Weinbau, der auch eine Pflege der Obstbäume gewährleistet, das Gelände für Spaziergänge öffnet und den Artenschutz berücksichtigt, beurteilte die Mehrheit der Anwesenden doch eher als Chance für den historischen Kammerathengarten am Michelsberg. Eine kritische Skepsis blieb jedoch bei den TeilnehmerInnen. Und auch die inzwischen verhandenen Pläne für ein Bürgerbegehren fegte die Diskussion keineswegs ganz vom Tisch – die Stoßrichtung des Begehrens war allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar.