"Warum soll's am Michelsberg nicht
Ökowein und Apfelsaft geben?"
Eine Ortsbegehung der GAL am geplanten
Weinberg am Michelsberg sorgte für hitzige Diskussionen, zeigte
aber auch Kompromisswege auf
Die Meinungen prallten zum Teil hart aufeinander,
als sich die StadträtInnen der GAL-Fraktion zusammen mit
BürgerInnen bei einer öffentlichen Ortsbegehung das Gebiet für
den geplanten Weinberg beim Michelsberger Kloster ansahen. Wie
berichtet soll dort im Rahmen der Landesgartenschau am Südhang ein
Weinberg angelegt werden, wie es ihn früher bereits gab. Von den
dort wachsenden 140 Obstbäumen soll nach den derzeitigen Planungen
ein Großteil gefällt werden, was zu einer Flut von
Bürgerprotesten führte.
Die Grünen, obwohl sie sich im Stadtrat für den
Weinberg ausgesprochen hatten, veranstalteten nun als erste eine
öffentliche Diskussion, um sich mit den Einwänden der GegnerInnen
auseinanderzusetzen. Vom Naturschutzbeirat war Erich Spranger (Bund
Naturschutz) anwesend, VertreterInnen der Landesgartenschau-GmbH
sowie der inzwischen beauftragte Winzer waren der Einladung zum
Bedauern der GAL nicht gefolgt.
Ein Teil der KritikerInnen sprach sich komplett
gegen einen Weinbau am Michelsberg aus. Dafür bestehe keine
Notwendigkeit, der historische Bezug sei willkürlich. "Jetzt
ist eben die Streuobstwiese eine gewachsene Kulturlandschaft, die
ebenso wertvoll ist, und wir sollten diese auch erhalten", so
ein Diskutant. Dass ausgerechnet unter der Flagge der
Landesgartenschau eine naturgeschützte Streuobstwiese
"niedergemacht werden soll", fand nicht nur er unfassbar.
Andere kritisierten weitere einzelne Aspekte. So
vermisste ein Biologe eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung,
ein Teilnehmer verwies auf die archäologischen Grabungen, die erst
noch stattfinden müssten, wieder andere BürgerInnen befürchten,
dass in ein paar Jahren der Weinberg nach und nach erweitert würde
und dann noch mehr Obstbäume verschwinden. Anwohner sind
geängstigt angesichts der zu erwartenden giftigen
Planzenschutzmittel, die direkt vor ihren Gärten zum Einsatz kommen
sollen. Insgesamt war ein deutliches Misstrauen der Anwesenden
gegenüber den Landesgartenschau-Verantwortlichen zu spüren. Die
Kritik an mangelnder Bürgerbeteiligung war laut.
Doch es gab auch Befürworter des Vorhabens. Sie
rückten vor allem den Umstand ins Zentrum, dass nur über das
Projekt Landesgartenschau Gelder zu erwarten sind, die eine Pflege
des Hangs überhaupt möglich machen. Das bestätigte auch Kiki
Laaser, für die GAL Aufsichtsrätin in der GmbH: "Für die
Streuobstwiese allein gibt es keine Fördergelder", erklärte
sie. Viele der vorhandenen Bäume bedürften dringend einer Pflege,
einige seien ohnehin nicht mehr zu retten. "Einfach alles so zu
lassen, wie es ist, würde bedeuten, dem Verfall weiter
zuzusehen", so Laaser. Die Streuobstwiese gerade durch den
Weinberg erhalten, für diesen Vorschlag konnten sich nach und nach
immer mehr BesucherInnen erwärmen: "Warum nicht Wein und
Apfelsaft? Warum nicht beides vermarkten?"
Ebenso wie Erich Spranger halten die
GAL-StadträtInnen jedoch einige Kritikpunkte für beachtlich und
wollen deshalb nachverhandeln. So solle man das Weinbaurecht auf 1,1
Hektar (die Größe entspricht ca. eineinhalb Fußballfeldern) nicht
voll ausnutzen, um mehr Bäume erhalten zu können, und es müsse
Ökoweinbau und der Verzicht auf gesundheitsschädliche Spritzmittel
festgelegt werden. Wie Erich Spranger selbstkritisch zugab, sei in
diesen Aspekten die Stellungnahme des Naturschutzbeirates noch zu
wenig konkret.
Am Ende der Veranstaltung stand schließlich eher
der Wille zum Kompromiss im Mittelpunkt. Einen auf eine erträgliche
Fläche reduzierter ökologischer Weinbau, der auch eine Pflege der
Obstbäume gewährleistet, das Gelände für Spaziergänge öffnet
und den Artenschutz berücksichtigt, beurteilte die Mehrheit der
Anwesenden doch eher als Chance für den historischen Kammerathengarten am Michelsberg. Eine kritische Skepsis blieb jedoch
bei den TeilnehmerInnen. Und auch die inzwischen verhandenen Pläne
für ein Bürgerbegehren fegte die Diskussion keineswegs ganz vom
Tisch – die Stoßrichtung des Begehrens war allerdings zu diesem
Zeitpunkt noch nicht ganz klar.
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