Thema Klimaschutz ist auch in der
Kommunalpolitik angekommen
Im Rahmen ihres Wahlkampfs lud die
Grün-Alternative Liste GAL zum Grünen Filmmittwoch ein und zeigte
Al Gores "Eine unbequeme Wahrheit" – Besucher zeigten
sich beeindruckt und erwarten von der Stadt mehr Anstrengungen gegen
den Klimawandel
Dass das Thema Klimaschutz im Kommunalwahlkampf so
zieht, hat selbst die Bamberger Grünen überrascht. Sie hatten
wieder einmal zum "Grünen Filmmittwoch" ins Kino
Lichtspiel eingeladen und zeigten diesmal den preisgekrönten Film
von Al Gore "Eine unbequeme Wahrheit", der schildert, wie
die Erde auf eine globale Klimakatastrophe zusteuert.
Obwohl der oscar-prämierte Streifen des ehemaligen
US-Vizepräsidenten schon 2006 wochenlang in Bamberg im Kino lief,
zeigte sich das Thema offenbar nach wie vor zugkräftig. Die
Sitzreihen waren bis auf den letzten Platz gefüllt, so dass sogar
noch zusätzliche Klappstühle aufgestellt werden mussten, um alle
Interessierten unterzubringen.
Von "aufrüttelnd" und
"beängstigend" bis hin zu "halt typisch
amerikanisch" und "sehr auf Show getrimmt" lauteten
die anschließenden Kommentare der Kino-Besucher. In jedem Falle
aber zeigten sich alle beeindruckt davon, wie dringlich doch die
Gefahr ist und wie knapp unsere Lebensgrundlagen davor stehen,
irreparablen Schaden zu nehmen.
Die regen Debatten nach dem Film versuchte die
Grün-Alternative Liste mit der anschließenden Diskussionsrunde im
Roten Salon auf die Kommunalpolitik zuzuspitzen. Die GAL hatte dazu
den Energieexperten des Bundes Naturschutz, Dr. Ludwig
Trautmann-Popp, eingeladen. Gefragt nach seiner Meinung zum Film
selbst, äußerte er sich positiv. "Wissenschaftlich sind
einige Kleinigkeiten ungenau und nicht ganz korrekt, aber das sind
Marginalien – die grundlegende Aussage stimmt. Neueste Zahlen
belegen sogar, dass der Klimawandel noch schneller fortschreitet als
im Film dargestellt."
Zunächst auf Skepsis stieß Trautmann-Popps Appell,
kompromisslos nur die verbrauchsärmsten Autos mit dem geringsten
CO2-Ausstoß zu kaufen, auch wenn dies Hybrid-Autos aus Japan seien.
Ob man damit nicht die heimische Wirtschaft schädige, kam als
Einwand aus dem Publikum. Trautmann-Popps Antwort: "Die
deutschen Automobilhersteller werden sich nur umstellen, wenn Druck
entsteht, wenn die Verbraucher also umweltfreundliche Autos
nachfragen. Und natürlich ist es nötig, dass endlich
umweltschädliche Autos auch mehr Steuern zahlen müssen und dass
Autobahn-Tempolimits die Produktion von schnellen Autos mit hohem
Schadstoffausstoß unsinnig machen."
Auf allen Ebenen dem Klimawandel entgegenzuwirken
und Druck zu machen, dafür plädierten GAL-Stadtrat Peter Gack und
GAL-Listenerste Ursula Sowa: "Stand-by-Schaltungen an
Elektrogeräten umgehen, zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln,
Produkte aus der Region kaufen, auf Flugreisen verzichten – all
das und viel mehr können wir in unserem Alltag umsetzen." Als
Kommunalpolitiker warben Gack und Sowa freilich auch für eine
konsequente Klimaschutzpolitik im Stadtrat und verwiesen auf den
"Masterplan 2035", mit dem die GAL-Fraktion im vergangenen
Jahr ein ausführliches Antragspaket vorlegte.
Vom Publikum "nach konkreten Fortschritten oder
auch Misserfolgen" gefragt, hatte Peter Gack einiges zu
berichten. Das Potenzial an Fernwärme wird nach seinen Worten in
der Stadt bei weitem nicht ausgeschöpft. So konnte es die GAL
beispielsweise nicht erreichen, dass die Fernwärmeleitungen bei der
Sanierung der Sandstraße neu mitverlegt wurden. "Es wäre
nämlich sinnvoll, für ein späteres umfassendes Fernwärmenetz
schon jetzt Leitungen überall dort zu verlegen, wo ohnehin
Straßenbauarbeiten stattfinden", so Gack. Auch dass das
ehemalige Stadtbad (demnächst Unterkunft für den Tourismus- und
Kongress-Service) künftig entgegen den Bemühungen der GAL nicht
mehr mit Fernwärme, sondern mit einer Elektrowärmepumpe versorgt
wird, bezeichnete er als "Rückschritt". An anderer Stelle
gibt es laut Gack aber doch Fortschritte in Sachen Fernwärme: Auf
die ERBA-Insel soll diese Technologie Einzug halten.
Aus dem politischen Nähkästchen geplaudert, hatte
Peter Gack noch zwei weitere GAL-Erfolge zu verbuchen – unter der
Rubrik: "Wo GAL zwar nicht drauf steht, wohl aber drin
steckt". Dass die städtischen Liegenschaften künftig komplett
auf Ökostrom umsteigen, entspricht einem GAL-Antrag vom Dezember
2007, freute sich Gack. Gleiches gilt für den Anschluss der
städtischen Homepage an eine bundesweite Mitfahrzentrale.
"Politik im Hintergrund – macht kein Tamtam, schafft dafür
aber Tatsachen", kommentierte er schmunzelnd.
In der weiteren Diskussion kritisierte Ursula Sowa,
dass die Verkehrspolitik der Stadtratsmehrheit immer noch am Ziel
der "Plafondierung" festhalte, also daran, die Anteile der
einzelnen Verkehrsarten unverändert zu lassen. "Das bedeutet,
dass wir in absoluten Zahlen noch mehr Autoverkehr, also mehr
CO2-Ausstoß, mehr Ruß, Benzol und Feinstaub in Kauf nehmen."
Dass dies das Ziel Bamberger Verkehrsplanung sein solle, schockierte
den Großteil des Publikums regelrecht. "Man müsste den
gesamten Stadtrat geschlossen dazu verdonnern, wöchentlich einen
Dokumentarfilm über den Klimawandel anzusehen", so der
trockene Kommentar einer Besucherin.
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