Berufsausbildung muss flexibler werden
Diskussionsabend der Grünen – Freistaat
könnte Ausbildungsmarkt besser fördern
Sturm "Kyrill" am Donnerstag Abend ließ
auch die geplante Podiumsdiskussion der Bamberger Grünen zum Dualen
System der Berufsausbildung auf ein Fachgespräch schrumpfen.
Immerhin hatte es der grüne Landtagsabgeordnete Eike Hallitzky am
Nachmittag noch geschafft, mit dem Zug nach Bamberg zu kommen. Er
diskutierte mit Berthold Gehlert, Leiter der Berufsschule I in
Bamberg und Bundesvorsitzender der Lehrer und Lehrerinnen an
beruflichen Schulen. "Ein personell reduziertes Podium, aber
eine dichte Diskussion", wie Moderator und
GAL-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Grader meinte.
Ob das Duale System – das Zusammenwirken von
staatlicher Berufsschule und Ausbildungsplatz im Betrieb –
überholt sei, lautete die Frage des Abends. Berthold Gehlerts
Antwort darauf: "Zumindest muss es stark reformiert
werden." Nach seiner Meinung ist derzeit das duale System zu
sehr auf Abschottung und Bewahrung alter Strukturen ausgerichtet..
Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass neben der klassischen
Berufsausbildung auch Berufsfachschulen im Verbund mit
Betriebspraktika die herkömmliche Lehre erfolgreich ersetzen
können. Außerdem werde zunehmend diskutiert, die Berufsausbildung
zu modularisieren, d.h. Ausbildungsinhalte auf einzelne
Lernabschnitte zu verteilen. "Erfolgreich absolvierte
Lernpakete sollten zertifiziert werden, damit der Auszubildende sich
Stück für Stück voranarbeiten kann und nicht am Ende der
Ausbildungszeit und einer misslungenen großen Abschlussprüfung mit
leeren Händen dazustehen", sagte Gehlert. "Berufsschulen
sind bei der Zertifizierung von solchen Teilqualifikationen
selbstverständlich einzubeziehen. Im Übrigen müssten die
unbestreitbaren Stärken des systematischen Lernens an
Berufsfachschulen stärker anerkannt werden. Bei theorielastigen
Berufen macht es Sinn, den Schwerpunkt in die Schule zu
verlegen." Nach seiner Meinung krankt das System an zu wenig
Offenheit gegenüber diesen Neuerungen. Insbesondere Kammern und
Fachverbände müssten flexibler reagieren und neue Ausbildungswege
besser anerkennen und integrieren. In Österreich würde ein solches
Nebeneinander gut funktionieren.
Dieselbe Erfahrung äußerte MdL Eike Hallitzky,
arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag: "Wir
brauchen hier eine Revolution in den Köpfen, organisatorisch
müsste man gar nicht so viel ändern." Hallitzky kritisierte,
dass vor allem kleinere Unternehmen ausbilden, die größeren sich
aber oft verweigern. "Und ausgerechnet der Freistaat, der immer
wieder Appelle an die Unternehmer richtet, ist hier im
Hintertreffen. Die Ausbildungsquote in Behörden des Landes Bayern
liegt bei unter 2% - das ist nicht einmal die Hälfte des
Landesdurchschnitts."
Hallitzky forderte, Ausbildungsbetriebe bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt zu behandeln. "Die
rechtliche Möglichkeit hat sich das Land Bayern vor ein paar Jahren
geschaffen, aber bisher noch kein einziges Mal genutzt, wie wir
aufgrund einer Anfrage erfahren haben." Außerdem schlug er
vor, mehr für Verbundausbildungen zu werben, d.h. dass mehrere
Betriebe sich einen Auszubildenden teilen. Er verwies zudem auf die
Betriebe von Migranten, in denen ausgebildet werden könnte, das
aber kaum geschieht: "Hier brauchen wir mehr Werbung und
Information."
|