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Pressemitteilung vom 19. September 2006

Durch die Hintertür organisiert

"Schulhausinterne Erziehungshilfe" an Bamberger Hauptschulen

 

Eine Art "Erfolgsprojekt im Schatten der Bildungspolitik" könnte man sie nennen, die "Schulhausinterne Erziehungshilfe" – kurz SEH, die es in Stadt und Landkreis Bamberg an 12 Hauptschulen gibt. Die SEH war Thema eines Gesprächs der beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Margarete Bause und Ulrike Gote mit der Leiterin des Staatlichen Schulamts Bamberg, Gisela Bauernschmitt.

Erstmals gab es die SEH in Bamberg vor acht Jahren. Im Schulamt war man überzeugt, dass an den Hauptschulen eine sozialarbeiterische Betreuung nötig sei, doch dafür standen keine Ressourcen zur Verfügung. Deshalb griff Gisela Bauernschmitt zu einer pragmatischen Lösung: "Wir haben für die SEH fünf Wochenstunden pro an der Sozialarbeit engagierter Schule aus der Mobilen Reserve genommen, die eigentlich eingesetzt wird, um Lehrkräfte im Krankenstand zu vertreten", berichtete die Schulamtsleiterin. "Von diesem Modell konnten wir die beteiligten Ministerien nicht zuletzt überzeugen, weil wir keine zusätzlichen Kosten verursachen, sondern im Rahmen unserer Möglichkeiten Veränderungen erzeugen wollten."

So gibt es derzeit an 12 Hauptschulen einen Lehrer oder eine Lehrerin aus dem Kollegium, die sich fünf Stunden die Woche sowohl um individuelle Probleme einzelner Schüler und Schülerinnen kümmert, als auch soziale Projekte mit den Jugendlichen betreut, z.B. Schüler-Café, Schüler-Radio, Basketball-Training, Schulungen zum Konfliktmanagement, Berufsvorbereitung usw. Zusätzlich sorgt eine beim Schulamt angesiedelte Koordinatorin für eine Vernetzung mit Schulpsychologen, Polizei, Berufsberatung und Jugendamt.

Wie Simone Pelikan und Eugen Kügler, beide in der SEH tätige Lehrkräfte, bekräftigten, bessert sich dadurch das Schulklima merklich, Konflikte werden entschärft und der Unterricht ebenso wie die Kollegen und Kolleginnen entlastet. Gisela Bauernschmitt lobte ausdrücklich das "über die Maßen große Engagement" aller SEH-Lehrkräfte.

Soziales Engagement, so führte Bauernschmitt aus, sei die wichtigste Ressource auch im Rahmen der SEH-Lehrkräfte. "Die kleine Gruppe der SEH-Fachleute kann nur im Rahmen ihrer geringen Zahl auf Fortbildungsmittel zurückgreifen. Wir nutzen lokale Ressourcen, wie Sozialtrainings – z.B. im Hochseilgarten – in Verbindung mit anderen Sozialträgern."

MdL Ulrike Gote und MdL Margarete Bause bedauerten, dass die "Schulhausinterne Erziehungshilfe" ein Schattendasein führt: "Es ist bezeichnend für das bayerische Schulsystem, dass für solche Projekte keine eigenen Mittel bzw. Wochenstunden zur Verfügung gestellt werden, sondern dass man soziales Engagement durch die Hintertür organisieren muss."

Dass die Bildungspolitik der CSU die Hauptschulen wie "Stiefkinder" behandelt, kritisierten der schulpolitische Sprecher der Grün-Alternativen Stadtratsfraktion Wolfgang Grader und sein SPD-Kollege Klaus Zachert, beide Hauptschullehrer: "Daher auch der geringe Bekanntheitsgrad der SEH und die verhaltene Begeisterung im Kultusministerium: Man will dem Druck entgehen, die SEH irgendwann doch institutionalisiert zu sehen und reguläre Mittel bereitstellen zu müssen."