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Pressemitteilung vom 2. August 2005

"Stadt vor Mobilfunkfirmen eingeknickt"

GAL enttäuscht über Stadtratsbeschluss, Netzplanung aufzugeben – Andere Städte mutiger

 

"Die Stadt hat mutig und beherzt begonnen, knickt aber nun auf halbem Wege ein." So lautet die Einschätzung der grün-alternativen Stadtratsfraktion (GAL) zum jüngsten Beschluss des Stadtrats in Sachen Mobilfunk. Wie berichtet hat sich der Stadtrat mit großer Mehrheit und nur gegen die Stimmen der GAL von seiner seit April gültigen Position abgewandt, "und sich von den Mobilfunkbetreibern über den Tisch ziehen lassen", wie es die GAL fomuliert.

Im April 2005 hatte der Stadtrat einstimmig beschlossen, für Bamberg einen Netzplan in Auftrag zu geben, um einerseits eine flächendeckende und nach Lesart der Mobilfunkbranche ausreichende Netzversorgung zu gewährleisten, andererseits die Strahlungsbelastung für die Bevölkerung überall zu minimieren. Eine Mitarbeit der in Bamberg aktiven Mobilfunkanbieter (Vodafone, E-plus, T-Mobile und O2) wäre dafür vonnöten.

Doch diese haben sich nun mit dem nach Ansicht der GAL fadenscheinigen Heinweis auf wettbewerbsrechtliche Bedenken geweigert, den Netzplan mitzuentwickeln. "Die Mobilfunkbetreiber haben der Stadtverwaltung keinen einzigen Paragraphen, kein Gerichtsurteil und keinen Rechtskommentar genannt, mit dem sie diese Begründung belegen könnten", stellte GAL-Stadtrat Peter Gack fest und zeigte sich enttäuscht darüber, "dass sich die Stadtverwaltung mit einer so dürftigen Erwiderung hat abspeisen lassen." Leider hätten auch die anderen Fraktionen im Stadtrat die Weigerung der Mobilfunkfirmen in der Sitzung ohne weiteres akzeptiert, bedauert Gack.

Für Gack ist der eigentliche Hintergrund klar: "Die Firmen sitzen auf ihrem hohen Ross und wollen sich nicht gegenseitig in die Karten gucken lassen. Aber darauf dürften sich die die Stadt und der Stadtrat nicht einlassen - uns muss es um die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen gehen." Seine Fraktionskollegin, die Bamberger Ärztin Dr. Cornelia Waldmann-Selsam, betonte, dass die Firmen keinerlei Versicherungsschutz für eventuell auftretende Gesundheitsschäden haben. "Und dass diese früher oder später eintreten, steht aus meiner ärztlichen Sicht außer Zweifel."

Die GAL-Stadträte und –rätinnen halten deshalb die Entwicklung eines Netzplanes auch ohne die Mitarbeit der Mobilfunkfirmen für sinnvoll und notwendig. Wenn es nach der GAL ginge, würde die Stadt eine Bauleitplanung für das gesamte Stadtgebiet erstellen. Auf diese Weise könnte die Stadt Antennenstandorte festlegen, so dass an keiner Stelle im Stadtgebiet eine höhere Belastung als 10 µW/m² auftritt – das entspräche einem Millionstel des aktuellen Grenzwertes. Dass dies technisch möglich ist, bestätigte gegenüber Peter Gack die Firma e-norm, die ursprünglich von der Stadt mit dem Netzplan hatte beauftragt werden sollen.

Doch von diesem Weg hat sich die Stadtratsmehrheit in besagter Sitzung wie berichtet verabschiedet. Dem Vorschlag der GAL, im Alleingang und notfalls ohne die Netzbetreiber einen solchen Plan zu erstellen, wollten alle anderen Fraktionen nicht folgen. Zu sehr, das kam bei der Sitzung in allen Redebeiträgen zur Sprache, befürchten sie die dann drohenden Klagen der Mobilfunkfirmen.

Die baupolitische Sprecherin der GAL, Petra Friedrich, findet das enttäuschend: "Es gibt dazu noch keine ausreichende Rechtssprechung, der Ausgang wäre also durchaus offen. Bamberg hätte den Netzplanbeschluss weiter verfolgen müssen." Andere Kommunen, wie etwa Dachau, Ebermannstadt, Gröbenzell, Herrsching, Neuburg und Lichtenfels, seien hier konsequenter und kämpften vor Gericht für ihr Recht auf gesundheitsvorsorgende Maßnahmen.

Nach Ansicht der GAL hat Bamberg nun seine anfangs mutige Haltung aufgegeben und ist vor den Mobilfunkanbietern in die Knie gegangen. Künftig sollen nur noch konkrete Standortwünsche der Netzbetreiber behandelt und sogenannte Einzelstandortgutachten erstellt werden. Petra Friedrich: "Das kann dann z.B. dazu führen, dass man sich im Einzelfall mit der Firma einigt, den Standort um 100 oder 200 Meter zu versetzen, um eine größere Distanz zu einem Kindergarten oder einem Altenheim zu schaffen. Eine nennenswerte Verbesserung im Vergleich zu der Situation, wie wir sie seit Jahren haben, schafft das aber nicht."