"Stadt vor Mobilfunkfirmen
eingeknickt"
GAL enttäuscht über Stadtratsbeschluss,
Netzplanung aufzugeben – Andere Städte mutiger
"Die Stadt hat mutig und beherzt begonnen,
knickt aber nun auf halbem Wege ein." So lautet die
Einschätzung der grün-alternativen Stadtratsfraktion (GAL) zum
jüngsten Beschluss des Stadtrats in Sachen Mobilfunk. Wie berichtet
hat sich der Stadtrat mit großer Mehrheit und nur gegen die Stimmen
der GAL von seiner seit April gültigen Position abgewandt,
"und sich von den Mobilfunkbetreibern über den Tisch ziehen
lassen", wie es die GAL fomuliert.
Im April 2005 hatte der Stadtrat einstimmig
beschlossen, für Bamberg einen Netzplan in Auftrag zu geben, um
einerseits eine flächendeckende und nach Lesart der
Mobilfunkbranche ausreichende Netzversorgung zu gewährleisten,
andererseits die Strahlungsbelastung für die Bevölkerung überall
zu minimieren. Eine Mitarbeit der in Bamberg aktiven
Mobilfunkanbieter (Vodafone, E-plus, T-Mobile und O2) wäre dafür
vonnöten.
Doch diese haben sich nun mit dem nach Ansicht der
GAL fadenscheinigen Heinweis auf wettbewerbsrechtliche Bedenken
geweigert, den Netzplan mitzuentwickeln. "Die
Mobilfunkbetreiber haben der Stadtverwaltung keinen einzigen
Paragraphen, kein Gerichtsurteil und keinen Rechtskommentar genannt,
mit dem sie diese Begründung belegen könnten", stellte
GAL-Stadtrat Peter Gack fest und zeigte sich enttäuscht darüber,
"dass sich die Stadtverwaltung mit einer so dürftigen
Erwiderung hat abspeisen lassen." Leider hätten auch die
anderen Fraktionen im Stadtrat die Weigerung der Mobilfunkfirmen in
der Sitzung ohne weiteres akzeptiert, bedauert Gack.
Für Gack ist der eigentliche Hintergrund klar:
"Die Firmen sitzen auf ihrem hohen Ross und wollen sich nicht
gegenseitig in die Karten gucken lassen. Aber darauf dürften sich
die die Stadt und der Stadtrat nicht einlassen - uns muss es um die
Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen gehen." Seine
Fraktionskollegin, die Bamberger Ärztin Dr. Cornelia
Waldmann-Selsam, betonte, dass die Firmen keinerlei
Versicherungsschutz für eventuell auftretende Gesundheitsschäden
haben. "Und dass diese früher oder später eintreten, steht
aus meiner ärztlichen Sicht außer Zweifel."
Die GAL-Stadträte und –rätinnen halten deshalb
die Entwicklung eines Netzplanes auch ohne die Mitarbeit der
Mobilfunkfirmen für sinnvoll und notwendig. Wenn es nach der GAL
ginge, würde die Stadt eine Bauleitplanung für das gesamte
Stadtgebiet erstellen. Auf diese Weise könnte die Stadt
Antennenstandorte festlegen, so dass an keiner Stelle im Stadtgebiet
eine höhere Belastung als 10 µW/m² auftritt – das entspräche
einem Millionstel des aktuellen Grenzwertes. Dass dies technisch
möglich ist, bestätigte gegenüber Peter Gack die Firma e-norm,
die ursprünglich von der Stadt mit dem Netzplan hatte beauftragt
werden sollen.
Doch von diesem Weg hat sich die Stadtratsmehrheit
in besagter Sitzung wie berichtet verabschiedet. Dem Vorschlag der
GAL, im Alleingang und notfalls ohne die Netzbetreiber einen solchen
Plan zu erstellen, wollten alle anderen Fraktionen nicht folgen. Zu
sehr, das kam bei der Sitzung in allen Redebeiträgen zur Sprache,
befürchten sie die dann drohenden Klagen der Mobilfunkfirmen.
Die baupolitische Sprecherin der GAL, Petra
Friedrich, findet das enttäuschend: "Es gibt dazu noch keine
ausreichende Rechtssprechung, der Ausgang wäre also durchaus offen.
Bamberg hätte den Netzplanbeschluss weiter verfolgen müssen."
Andere Kommunen, wie etwa Dachau, Ebermannstadt, Gröbenzell,
Herrsching, Neuburg und Lichtenfels, seien hier konsequenter und
kämpften vor Gericht für ihr Recht auf gesundheitsvorsorgende
Maßnahmen.
Nach Ansicht der GAL hat Bamberg nun seine anfangs
mutige Haltung aufgegeben und ist vor den Mobilfunkanbietern in die
Knie gegangen. Künftig sollen nur noch konkrete Standortwünsche
der Netzbetreiber behandelt und sogenannte Einzelstandortgutachten
erstellt werden. Petra Friedrich: "Das kann dann z.B. dazu
führen, dass man sich im Einzelfall mit der Firma einigt, den
Standort um 100 oder 200 Meter zu versetzen, um eine größere
Distanz zu einem Kindergarten oder einem Altenheim zu schaffen. Eine
nennenswerte Verbesserung im Vergleich zu der Situation, wie wir sie
seit Jahren haben, schafft das aber nicht."
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