Stadt Fürth wuchs um 5000 Einwohner
GAL und MdB Sowa informierten sich in
Fürth über Konversionsflächen – Ca. 80 Gewerbebetriebe konnten
erweitern und neu ansiedeln
Über Risiken und Schwierigkeiten, aber auch über
Chancen und Erfolge nach einem Abzug der US-Truppen informierten
sich vor kurzem die StadträtInnen der GAL und MdB Ursula Sowa in
Fürth. Zusammen mit dem dortigen Stadtbaurat Joachim Krauße und
den Fürther Grünen-KollegInnen besichtigten sie mehrere
Konversionsflächen.
Joachim Krauße bewertete die Fürther Umwandlung
der US-Flächen als sozialpolitischen und zum größten Teil auch
als städtebaulichen Erfolg. Ende des Jahres 1994 war die
vollständige Auflösung des Militärstandortes klar. 15.000
Soldaten zogen auf ein Mal ab, obwohl gerade erst zwei große
US-Einkaufszentren neu errichtet bzw. renoviert worden waren. Weit
über 1000 Wohnungen wurden mit einem Schlag frei, während in ganz
Fürth sich ohnehin 3000 Wohnungen im Bau befanden.
Wie Joachim Krauße berichtete, schaffte es die
Fürther Stadtverwaltung aus eigener Kraft, das riesige Gebiet von
280 Hektar, verteilt auf 10 Areale im Stadtgebiet, städtebaulich
umzugestalten und neu zu nutzen. Es wurde eine rathausinterne,
referatsübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung des
Baureferates eingerichtet, aber keine zusätzliche Arbeitsstelle
geschaffen. Heute, nach zehn Jahren, habe man bis auf wenige
Restflächen die Konversion umgesetzt.
Nach Kraußes Worten befanden sich nach dem
Truppenabzug alle Flächen im Eigentum des Bundes, der sich sehr
kooperativ zeigte. "Denn wir haben von Anfang an deutlich
gemacht, dass die Stadt sich keinen finanziellen Gewinn
erhofft." Die Arbeitsgruppe im Rathaus habe zusammen mit den
Vertretern des Bundes die Planungen für die jeweiligen Flächen
erarbeitet, die in städtebaulichen Verträgen zwischen Stadt und
Bund festgelegt wurden. In diesem festen Rahmen verkaufte dann der
Bund die Flächen und Gebäude an Bauträger oder Privatleute.
Lediglich in einem Fall, so bedauerte Krauße, wurde
von dem Prinzip des städtebaulichen Vertrags abgewichen: Die Stadt
stimmte dem Verkauf der Johnson-Kaserne im Süden an einen
Großinvestor zu. Erst danach kam ein städtebaulicher Vertrag
zwischen Stadt und Investor zustande. Der Investor hatte allerdings
auf ein großes Einkaufszentrum spekuliert, das die Stadt Fürth
städtebaulich ablehnte. "Die Folge der privaten Verfügung
über das Gelände ist", so Krauße, "dass nach 10 Jahren
von den 42 Hektar immer noch 6 Hektar ungenutzt sind."
Besonderes Engagement zeigte die Stadt bei der
sogenannten Kalbsiedlung: eine Housing Area für amerikanische
Familien mit 1234 Wohnungen. Die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft
kaufte das gesamte Areal auf. Krauße betonte, dass es auch hier
zwei Angebote von Großinvestoren gab, der Stadt die Kalbsiedlung im
Ganzen abzukaufen und selbst zu vermarkten. "Aber zum Glück
hat die Stadtspitze diesen Versuchungen widerstanden". Nach
Darstellung des Stadtbaurats war das vor allem ein sozialpolitischer
Erfolg. Nach der Sanierung wurde der größte Teil als
Eigentumswohnungen verkauft, vorrangig an Selbstnutzer, eine
kleinere Anzahl sind heute Miet- und Sozialwohnungen. "Auf
diese Weise konnten wir die soziale Zusammensetzung dieses großen
neuen Wohngebietes steuern und vielen Familien Wohneigentum
ermöglichen, die sonst finanziell nie dazu in der Lage gewesen
wären. Ein kommerzieller Investor hätte nicht nach solchen
sozialpolitischen Kriterien gehandelt." Dieser Erfolg sei auch
nicht in Frage gestellt worden durch das Auftreten von –
inzwischen weitgehend sanierten - Altlasten im Wohnungsbestand und
durch gerichtliche Auseinandersetzungen um Baumängel.
Die Bilanz der Fürther Bevölkerungsentwicklung ist
laut Krauße entsprechend positiv: Seit dem Truppenabzug gibt es
5000 EinwohnerInnen mehr. "Viele sind vom Umland in die Stadt
zurück gezogen." Dazu trug auch der neue Wohnraum auf dem
Südstadt-Kasernengelände bei, ein 42 Hektar großes Areal mit 1200
Wohnungen. Auf die Frage von GAL-Stadtrat Gack nach den Auswirkungen
auf den Wohnungsmarkt, sagte Krauße: "Das Mietpreisniveau ist
nicht wesentlich gesunken. Allerdings war der Eigentumsmarkt für
gebrauchte Wohnungen über Jahre hinweg tot."
Für ca. 80 Gewerbebetriebe, die laut Krauße 1994
händeringend nach Ansiedlungs- und Erweiterungsflächen suchten,
war der US-Truppenabzug ebenfalls ein Segen. Ihnen konnte endlich
auf Stadtgebiet neuer Raum - und zwar für günstige Preise -
angeboten werden.
MdB Ursula Sowa betonte, dass die Erfahrungen mit
der Konversion in Fürth nicht pauschal auf Bamberg übertragen
werden könnten, dass aber jede Stadtverwaltung bei den
Verhandlungen mit Bund und Investoren einen sehr langen Atem und
viel Geschick brache. Deshalb hält es die GAL für nötig, dass
spezifisch für Bamberg eine ämterübergreifende Gesamtbetrachtung
erstellt wird. Dazu gehören laut Fraktionsvorsitzendem Wolfgang
Grader u.a. eine Bestandserhebung über die Wohnungen, deren
Größe, Zuschnitt und Zustand, sowie über öffentliche Gebäude
(Schulen, Kindergarten, Einkaufszentren usw.), eine Bestandsaufnahme
über die US-Flächen und deren Altlastenvorkommen und eine
Nachfrage bei ansässigen Betrieben über deren Erweiterungsbedarf.
"Wir müssen uns vor allem einen Überblick verschaffen, um
Konzepte zu erarbeiten."
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