Wie verändert Hartz IV den Arbeitsmarkt?
Betroffene berichteten MdB Sowa und GAL
über ihre Erfahrungen mit Hartz IV
Viele Bürger und Bürgerinnen nutzten die
Gelegenheit, beim Polit-Rondo der Bamberger Bundestagsabgeordneten
Ursula Sowa ihre persönlichen Erfahrungen mit den Hartz-Reformen zu
schildern. Die Grünen-Politikerin hatte explizit dazu eingeladen,
weil sie wissen will, wie sich die Neuerungen im Einzelfall
auswirken und ob bzw. welche Nachbesserungen auf politischer Ebene
nötig sind.
Aus den Berichten der Betroffenen ging vor allem
hervor, wie angespannt die Lage auch in der Bamberger Arge
(Arbeitsgemeinschaft aus Stadt Bamberg und Arbeitsagentur) ist.
Verunsicherte und verärgerte Hilfesuchende treffen auf gestresste
und überlastete Arge-MitarbeiterInnen, für die die Bewältigung
der Reformen eine ebenso große persönliche Anstrengung darstellt
wie für die Hartz-Betroffenen selbst.
Ein allein erziehender Vater berichtete, dass er
derzeit durch die Arge in Form eines Zusatzjobs (1-Euro-Job) im
Klinikum arbeitet, dadurch aber gezwungen war, seine Kinder für die
Mittagsbetreuung in der Schule anzumelden. "Das bisschen
zusätzliche Geld, dass ich bei dem Job verdient hätte, wäre
großenteils durch die Bezahlung der Mittagsbetreuung wieder drauf
gegangen", so der Vater. Er habe erst bei mehreren Amtsstellen
darum kämpfen müssen, dass diese Kosten vom Staat übernommen
werden, worauf er, wie auch MdB Sowa feststellte,
selbstverständlich ein Recht habe. "Aber ich wurde erst hin
und her verwiesen und musste überall wieder neu Schlange stehen,
bis ich zu meinem Recht kam", ärgert sich der Betroffene noch
heute.
Als Vertreter der GAL-Stadtratsfraktion bat Wolfgang
Budde um Verständnis für die Arge-Beschäftigten, "die
derzeit unter kaum zumutbaren Bedingung arbeiten". Sein
ernüchternder Kommentar: "Im Moment ist Hartz IV nicht mehr
als Armutsverwaltung. Doch auch wenn 5 Mio Stellen fehlen,
dürfen wir die Lösung dieses Problems auf keinen Fall in
Billigjobs, einem immer löchrigeren sozialen Netz und einer
Arbeitsmarktpolitik wie in den USA suchen."
Nach den Erfahrungen der Rondo-BesucherInnen wirkt
sich Hartz IV am Arbeitsmarkt jedoch eher zum Nachteil der
Erwerbslosen aus: "Die Arbeitgeber drücken ihr Lohnangebot,
sobald sie mitkriegen, dass man ALG II-Empfänger ist, weil sie
davon ausgehen, dass man als solcher alles schluckt. Man bekommt
unmögliche Arbeitsbedingungen angeboten. Und oft fordert ein Chef
sogar zwei Monate Probearbeitszeit, in denen er gar keinen Lohn
zahlen will", so war zu hören.
Eine solche Entwicklung bezeichnete Ursula Sowa als
gefährlich: "Die Arbeitsmarktreformen sollen Betroffene
fördern und fordern, aber nicht unterschwellig
Ausbeutungsmechanismen etablieren." Unzumutbare
Einstellungsbedingungen sollten der Arge gemeldet werden und
dürften keinesfalls dazu führen, dass Erwerbslose bestraft
würden, wenn diese sie ablehnen. Sowa bot an, weiterhin in Kontakt
zu bleiben und nach Möglichkeit für Abhilfe zu sorgen.
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