Hartz derzeit richtiges Instrument
MdB Sowa beim GAL-Plenum: Langfristig
müssen Visionen entwickelt werden
Die Hartz-Reformen standen im Mittelpunkt der
Diskussion beim jüngsten GAL-Plenum, zu dem die Bamberger
Bundestagsabgeordnete Ursula Sowa gekommen war. Dabei musste sich
die Grünen-Politikerin auch Vorwürfe anhören, die Politik ihrer
Fraktion steuere auf eine soziale Schieflage zu und ginge auf Kosten
sozial Benachteiligter.
Ursula Sowa stellte sich den einzelnen
Kritikpunkten, verteidigte aber im Großen und Ganzen die Politik
der Bundesregierung: "Die Richtung der Hartz-Reformen stimmt.
Es wird die alte grüne Idee einer Grundsicherung verwirklicht. Und
Grundsicherung bedeutet nicht, dass mit Hilfe von Steuergeldern ein
Lebensstandard aufrechterhalten wird, der vorher wegen eines guten
Einkommens eventuell höher war." Deshalb sei das neue
Arbeitslosengeld II eine gerechtfertigte Maßnahme.
Dass sie sich für das ALG II höhere Beträge
gewünscht hätte, gab Sowa unumwunden zu. "Aber bei den
Verhandlungen mit SPD und Union konnte meine Fraktion nicht mehr
erreichen". Auch bei der Anrechnung des Partnereinkommens –
ein Nachteil besonders für Frauen - und bei der Zumutbarkeit neuer
Arbeitsstellen hätten die Grünen sich letztlich nicht durchsetzen
können. "Man muss ganz klar sagen, dass eine reine rot-grüne
Reform nicht so verschärft ausgefallen wäre. Die Union hat die
Schrauben immer noch fester gezogen", stellte Sowa fest.
Ungeachtet dessen, dass sie die Arbeitsmarktreformen
als Mitglied der Regierungskoalition mitträgt, möchte Ursula Sowa
auch weiterhin "das Ohr am Bürger" haben: "Es ist
für die Politik wichtig zu erfahren, wo es Härtefälle gibt, wo
Maßnahmen unerwartete Auswirkungen haben oder über das Ziel
hinausschießen." Gerade bei Hartz IV müssten alle Politiker
und Politikerinnen ab Januar 2005 sehr hellhörig sein.
Ursula Sowa wies in der Diskussion auch auf die
fortschrittlichen Maßnahmen am Arbeitsmarkt hin: "Die
Hartz-Reformen bedeuten auch, dass Arbeitslose durch mehr
Beschäftigte in den Arbeitsagenturen besser betreut werden, dass
die Verwaltungen in den Kommunen beteiligt sind und Maßnahmen vor
Ort wirksamer gestaltet werden können, dass bisherige
Sozialhilfeempfänger mit sehr geringem Einkommen sich finanziell
verbessern, dass Menschen in Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen
kommen, die davon vorher ausgeschlossen waren." Sowa warnte
eindringlich vor Stimmungsmache, Hetze und Neiddebatten, wie sie von
den Parteien am äußeren politischen Rand geschürt würden:
"Hier wird polarisiert und Angstmacherei betrieben, die für
unsere Demokratie gefährlich sein können."
In der Plenumsdiskussion wurde vielfach auf die
entstehende Gerechtigkeitslücke hingewiesen, die sich zwischen
Arbeitgebern und Besserverdienenden auf der einen Seite und
Arbeitnehmern und sozial Schwachen auf der anderen Seite auftue.
Hartz IV schaffe noch keine neuen Arbeitplätze, sondern verhindere
sie eher durch die Schwächung der Binnennachfrage. Und der Druck in
den Firmen hin zu längerer Arbeitszeit und schlechteren
Arbeitsbedingungen nehme zu, während gleichzeitig dieselben
Unternehmen Rekordgewinne einfahren und noch weniger Steuern zahlen.
Diese Entwicklung wollte auch Ursula Sowa nicht
leugnen: "In unserer globalisierten Welt sitzt tatsächlich die
Wirtschaft derzeit am längeren Hebel." Als aktuell wirksame
Reform hält sie die Politik der rot-grünen Bundesregierung dennoch
für angemessen. Dass langfristig auch neue Wirtschaftsmodelle
diskutiert werden müssten – über deutsche Grenzen hinaus -,
diese Einschätzung teilte sie mit den Anwesenden beim Plenum.
"Unter dem derzeitigen Handlungsdruck der Tagespolitik kommen
langfristige Visionen im Moment eindeutig zu kurz", räumte sie
ein.
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