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Pressemitteilung vom 13. Mai 2004

Grüner Appell an soziales Gewissen der CSU: Mehr Effizienz statt Sparen ohne Ende

Arbeitsmarktexperte MdL Hallitzky (Grüne) stellt Maßnahmen zur Entlastung des Arbeitsmarktes vor: Scharfe Kritik an bayerischer Staatsregierung

 

Die Bamberger Grünen hatten zum gemeinsamen Plenum der Kreisverbände Stadt und Land in die Brudermühle geladen. Gastredner war der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, MdL Eike Hallitzky. Rund 35 Grüne und Gäste verfolgten interessiert seinen Ausführungen zu dem anspruchsvollen Thema "Grüne Arbeitsmarktpolitik" und führten im Anschluss daran eine kontroverse Diskussion.

Einleitend sprach der Abgeordnete den beiden Bamberger Kreisverbänden seine Anerkennung aus, weil diese offenbar als erste in Bayern die Arbeitsmarktpolitik der eigenen Partei zum zentralen Thema einer kommunalen Veranstaltung gemacht hatten, womit deutlich würde, dass dieser Politikbereich auch auf kommunaler Ebene einen besonderen Stellenwert bekommen habe. Hallitzky setzte in seinem Vortrag drei Schwerpunkte: Zunächst stellte er die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt dar. Es folgte die Auseinandersetzung mit der Arbeitsmarktpolitik der CSU. Und schließlich ging er insbesondere auf die Arbeitsmarktsituation in Bayern ein. Dabei wurde er wiederholt durch die Wortbeiträge von Zuhörern unterbrochen, die ihren Unmut über die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik deutlich zum Ausdruck brachten.

Als wesentliche Ursachen für die aktuellen Probleme des Sozialstaats nannte Eike Hallitzky die schwache Inlandskonjunktur aufgrund der starken Kaufzurückhaltung, die Belastung der Sozialversicherung als Folge der Deutschen Einheit und die Kopplung der Sozialkosten an den Faktor Arbeit. In dieser Situation konzentriere sich die Arbeitsmarktpolitik der Grünen auf drei zentrale Reformvorhaben: Mit der Einführung einer Bürgerversicherung sollen die sozialen Sicherungssysteme auf mehr Schultern verteilt werden. Lohnnebenkosten müssten durch steuerliche Maßnahmen wie z.B. die Ökosteuer gesenkt werden und mit Hilfe der Vermögens- und Erbschaftssteuer könne schließlich der Faktor Arbeit ganz erheblich entlastet werden. "Forderungen der CDU/CSU nach einer Einheitssteuer für alle sind populistisches Gerede, weil diese nicht finanzierbar ist!" stellte Hallitzky klar. Mit den genannten Schritten wollen die Grünen mehr Gerechtigkeit herstellen. Man dürfe allerdings nicht außer Acht lassen, dass die Realisierbarkeit von arbeitsmarktpolitischen Reformen, wie sie sich die Grünen wünschen, immer auch an das eigene Gewicht in einer Koalition geknüpft sei. Daneben würden die Bürgerinnen und Bürger traditionell die arbeitmarktpolitische Kompetenz eher bei der SPD als bei den Grünen sehen.

Hinsichtlich der Tarifautonomie stehen die Grünen zu ihrer Koalitionsaussage, dass diese erhalten werden muss. Deutliche Vorwürfe richtete der Abgeordnete in diesem Zusammenhang an die bayerische Staatsregierung: "Edmund Stoiber und sein Generalsekretär Söder wollen das Günstigkeitsprinzip umkehren und auf diese Art und Weise den Kommunen gegen ihren Willen die 42-Stunden-Woche für Kommunalbeschäftigte aufzwingen." Die Folge solle eine Reduzierung der kommunalen Finanzumlage sein. Die CSU missbrauche die angespannte Wirtschaftslage um die Gewerkschaften zu entmachten und die Tarifautonomie auszuhöhlen. Der Grünen-Politiker wies außerdem daraufhin, dass sich die Arbeitsmarktzahlen in Bayern schlechter entwickelten und das regionale Gefälle größer sei als in den anderen Bundesländern. Die Staatsregierung sollte nicht einfach nur sparen und die Arbeitnehmer belasten, sondern könne viel mehr durch eine effizientere Verwaltung erreichen.

In der anschließenden Diskussion wurde v.a. die Einführung der Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau kritisiert, da hier angesichts der Tatsache, dass es nun mal keine 4,4 Mio. Arbeitsplätze gebe, die Arbeitslosen für etwas bestraft würden, für das sie nicht verantwortlich sind. Appelliert wurde an die Grünen, die Frage der Gerechtigkeit wieder ins Zentrum ihrer Politik zu rücken. Es dürfe in der Öffentlichkeit nicht ständig der Eindruck vermittelt werden, man müsse nur die Ausgaben kürzen, vielmehr solle die Einnahmenseite verbessert werden, um die katastrophale Haushaltslage in den Griff zu bekommen. Wenn sich die SPD nicht bewege, sollten die Grünen notfalls einen Koalitionsbruch riskieren, um sich und ihrer Politik wie den Utopien treu zu bleiben. Aus Angst vor dem Koalitionsende würden die Grünen kein Gegenkonzept zur SPD präsentieren. Einig waren sich Gäste und Redner, dass letztlich international im Sinne gleicher sozialer Standards und einer Vereinheitlichung der Staatseinnahmen gehandelt werden müsse, dort aber die Kompetenzen und auch der Mut vieler Politiker zum großen Wurf versagten.

Vor dem Hintergrund der komplexen, aber hoch aktuellen und kontrovers diskutierten Arbeitsmarktpolitik gründeten anwesende Mitglieder der Grünen in Bamberg Stadt und Land spontan eine Arbeitsgruppe zum Thema Arbeitsmarkt. Künftig werde dieser Bereich dadurch seinen dringend erforderlichen höheren Stellenwert auch in der Kommunalpolitik erhalten.

dn