Grüner Appell an soziales Gewissen der CSU:
Mehr Effizienz statt Sparen ohne Ende
Arbeitsmarktexperte MdL Hallitzky (Grüne)
stellt Maßnahmen zur Entlastung des Arbeitsmarktes vor: Scharfe
Kritik an bayerischer Staatsregierung
Die Bamberger Grünen hatten zum gemeinsamen Plenum
der Kreisverbände Stadt und Land in die Brudermühle geladen.
Gastredner war der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, MdL Eike Hallitzky.
Rund 35 Grüne und Gäste verfolgten interessiert seinen
Ausführungen zu dem anspruchsvollen Thema "Grüne
Arbeitsmarktpolitik" und führten im Anschluss daran eine
kontroverse Diskussion.
Einleitend sprach der Abgeordnete den beiden
Bamberger Kreisverbänden seine Anerkennung aus, weil diese offenbar
als erste in Bayern die Arbeitsmarktpolitik der eigenen Partei zum
zentralen Thema einer kommunalen Veranstaltung gemacht hatten, womit
deutlich würde, dass dieser Politikbereich auch auf kommunaler
Ebene einen besonderen Stellenwert bekommen habe. Hallitzky setzte
in seinem Vortrag drei Schwerpunkte: Zunächst stellte er die
derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt dar. Es folgte die
Auseinandersetzung mit der Arbeitsmarktpolitik der CSU. Und
schließlich ging er insbesondere auf die Arbeitsmarktsituation in
Bayern ein. Dabei wurde er wiederholt durch die Wortbeiträge von
Zuhörern unterbrochen, die ihren Unmut über die rot-grüne
Arbeitsmarktpolitik deutlich zum Ausdruck brachten.
Als wesentliche Ursachen für die aktuellen Probleme
des Sozialstaats nannte Eike Hallitzky die schwache
Inlandskonjunktur aufgrund der starken Kaufzurückhaltung, die
Belastung der Sozialversicherung als Folge der Deutschen Einheit und
die Kopplung der Sozialkosten an den Faktor Arbeit. In dieser
Situation konzentriere sich die Arbeitsmarktpolitik der Grünen auf
drei zentrale Reformvorhaben: Mit der Einführung einer
Bürgerversicherung sollen die sozialen Sicherungssysteme auf mehr
Schultern verteilt werden. Lohnnebenkosten müssten durch
steuerliche Maßnahmen wie z.B. die Ökosteuer gesenkt werden und
mit Hilfe der Vermögens- und Erbschaftssteuer könne schließlich
der Faktor Arbeit ganz erheblich entlastet werden. "Forderungen
der CDU/CSU nach einer Einheitssteuer für alle sind populistisches
Gerede, weil diese nicht finanzierbar ist!" stellte Hallitzky
klar. Mit den genannten Schritten wollen die Grünen mehr
Gerechtigkeit herstellen. Man dürfe allerdings nicht außer Acht
lassen, dass die Realisierbarkeit von arbeitsmarktpolitischen
Reformen, wie sie sich die Grünen wünschen, immer auch an das
eigene Gewicht in einer Koalition geknüpft sei. Daneben würden die
Bürgerinnen und Bürger traditionell die arbeitmarktpolitische
Kompetenz eher bei der SPD als bei den Grünen sehen.
Hinsichtlich der Tarifautonomie stehen die Grünen
zu ihrer Koalitionsaussage, dass diese erhalten werden muss.
Deutliche Vorwürfe richtete der Abgeordnete in diesem Zusammenhang
an die bayerische Staatsregierung: "Edmund Stoiber und sein
Generalsekretär Söder wollen das Günstigkeitsprinzip umkehren und
auf diese Art und Weise den Kommunen gegen ihren Willen die
42-Stunden-Woche für Kommunalbeschäftigte aufzwingen." Die
Folge solle eine Reduzierung der kommunalen Finanzumlage sein. Die
CSU missbrauche die angespannte Wirtschaftslage um die
Gewerkschaften zu entmachten und die Tarifautonomie auszuhöhlen.
Der Grünen-Politiker wies außerdem daraufhin, dass sich die
Arbeitsmarktzahlen in Bayern schlechter entwickelten und das
regionale Gefälle größer sei als in den anderen Bundesländern.
Die Staatsregierung sollte nicht einfach nur sparen und die
Arbeitnehmer belasten, sondern könne viel mehr durch eine
effizientere Verwaltung erreichen.
In der anschließenden Diskussion wurde v.a. die
Einführung der Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau kritisiert, da
hier angesichts der Tatsache, dass es nun mal keine 4,4 Mio.
Arbeitsplätze gebe, die Arbeitslosen für etwas bestraft würden,
für das sie nicht verantwortlich sind. Appelliert wurde an die
Grünen, die Frage der Gerechtigkeit wieder ins Zentrum ihrer
Politik zu rücken. Es dürfe in der Öffentlichkeit nicht ständig
der Eindruck vermittelt werden, man müsse nur die Ausgaben kürzen,
vielmehr solle die Einnahmenseite verbessert werden, um die
katastrophale Haushaltslage in den Griff zu bekommen. Wenn sich die
SPD nicht bewege, sollten die Grünen notfalls einen Koalitionsbruch
riskieren, um sich und ihrer Politik wie den Utopien treu zu
bleiben. Aus Angst vor dem Koalitionsende würden die Grünen kein
Gegenkonzept zur SPD präsentieren. Einig waren sich Gäste und
Redner, dass letztlich international im Sinne gleicher sozialer
Standards und einer Vereinheitlichung der Staatseinnahmen gehandelt
werden müsse, dort aber die Kompetenzen und auch der Mut vieler
Politiker zum großen Wurf versagten.
Vor dem Hintergrund der komplexen, aber hoch
aktuellen und kontrovers diskutierten Arbeitsmarktpolitik gründeten
anwesende Mitglieder der Grünen in Bamberg Stadt und Land spontan
eine Arbeitsgruppe zum Thema Arbeitsmarkt. Künftig werde dieser
Bereich dadurch seinen dringend erforderlichen höheren Stellenwert
auch in der Kommunalpolitik erhalten.
dn
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