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Pressemitteilung vom 9. Dezember 2003

"Sozialreformen sind erste Stufe"

Diskussion mit MdB Ursula Sowa über Agenda 2010 bei Grünen-Plenum

 

"Wir sind eine Stufe weiter gekommen, aber der große Wurf sind die aktuellen Sozialreformen nicht", diese Einschätzung formulierte die Bamberger Bundestagsabgeordnete Ursula Sowa bei einem gut besuchten öffentlichen Plenum, zu dem die Kreisverbände Bamberg-Stadt und –Land von Bündnis 90/Die Grünen nach Hallstadt eingeladen hatten.

Sowa gab einen Überblick über die zahlreichen Reformdetails, für die noch vor Jahresende ein Kompromiss gefunden werden soll, damit sie ab 1.1.2004 wirksam werden. "Das ist ein unglaublicher Kraftakt", berichtete Sowa und kritisierte dabei die Haltung der Oppositionsparteien: Alle Reformen hätten ihr zufolge schon direkt nach der Sommerpause in Kraft treten können. "Aber aus rein parteitaktischen Gründen, unter anderem wegen der Landtagswahl in Bayern, hat die Union die Verhandlungen immer wieder verzögert, so dass jetzt ein enormer Zeitdruck herrscht, der auf dem Rücken der Bürger und Bürgerinnen ausgetragen wird."

Eine Grundsatzdikussion entzündete sich unter den Plenums-TeilnehmerInnen in Bezug auf die Reichweite der Reformen. Kritisiert wurde, dass trotz Neuregelungen auf nahezu allen Gebieten wieder nur um "Stückwerk gemacht" werde. Sowa räumte ein, dass viele weitreichende Entwürfe der Koalitionsfraktionen aufgrund der Machtverhältnisse zwischen Bundestag und Bundesrat inzwischen stark verwässert seien. Als Beispiel nannte sie die von den Grünen geforderte Bürgerversicherung, bei der alle Bürger und Bürgerinnen krankenversichert sein sollen.

Sie kritisierte aber auch den eigenen Koalitionspartner, insbesondere Bundeskanzler Gerhard Schröder, der durch Alleingänge wie kürzlich mit seiner Subventionszusage an den Kohlebergbau immer wieder bestehende Abmachungen breche. "Damit werden die guten Ansätze, ökologisch schädliche Subventionen abzubauen – die mit der SPD ohnehin schwer verhandelt wurden -, mit einem Schlag zunichte gemacht", kommentierte Ursula Sowa.

Von Seiten des Plenums kam Kritik am Gesundheitssystem und daran, dass die Politik es seit Jahrzehnten nicht schaffe, Systemfehler zu beheben. Ein Plenumsteilnehmer brachte es auf den Punkt: "Vom System her können heute eigentlich kein Arzt, kein Psychotherapeut, kein Krankengymnast und keine Klinik ein Interesse daran haben, Patienten gesund zu machen, denn verdient wird nur an kranken Patienten, die immer wieder in die Praxis kommen." Ursula Sowa äußerte sich zuversichtlich, dass sich das durch die in der Gesundheitsreform vorgesehene Qualitätssicherung und durch mehr Transparenz für die Versicherten teilsweise verbessern werde. Sie gab aber auch zu, dass der vorliegende Reform-Kompromiss aller Fraktionen keine Systemänderung darstelle, weil die Lobby in diesem Bereich extrem stark darauf bedacht sei, ihre jetzigen Pfünde zu sichern.

Sowas nüchternes Urtiel: "In der Sozialpolitik steht eine grundlegende Reform noch aus. Eine Reform, wie sie Rot-Grün etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien gelungen ist, wo wir die Basis für eine echte Energiewende legen konnten."